Die Liebe des Wanderchirurgen
glauben.« Er beobachtete zusammen mit Hunderten anderer Männer, wie die
Camborne
langsam, fast widerwillig, mit dem Bug voran versank. Das Heck richtete sich senkrecht auf und stand dann einige Herzschläge lang still.
»Port side: fire!«,
rief Don Pedro, und sämtliche Backbordfeldschlangen der
Falcon
brüllten auf.
Als hätte sie darauf gewartet, setzte die
Camborne
sich wieder in Bewegung, knarrte, ächzte und glitt dann mit einem majestätischen Rauschen hinab in die nasse Finsternis. Was von ihr blieb, war einiges Treibholz und wirbelndes Wasser an der Untergangsstelle.
Taggart, Summer und auch Don Pedro grüßten militärisch, und Taggart bellte:
»Starboard: fire!«,
woraufhin die Steuerbordgeschütze mit gewaltigem Krachen antworteten.
Doch es blieb nicht bei diesen Breitseiten, denn abermals erklang das Getöse feuernder Kanonen, nur war es viel weiter entfernt. Alle blickten zum Horizont, wo im Norden mehrere Schiffe auftauchten. Offenbar waren sie es gewesen, die den Salut so kriegerisch beantwortet hatten. »Könnten Spanier sein«, knurrte Taggart. »Ted mit seinen scharfen Augen soll mal nachsehen.«
Wenig später meldete Ted vom Krähennest des Hauptmasts herunter: »Ein Riesenpott, Sir. Könnte sich um das Flaggschiff der Armada handeln.«
»So groß?«, bellte Taggart ungläubig.
»Aye, Sir, sieht nach der
São Martinho
aus. Zwei kleinere Schiffe sind dabei.«
»Bei allen Riesenkraken! Hat der Herzog von Medina Sidonia es also bis hierher geschafft, nachdem Dutzende seiner Schiffe bei den Stürmen im Orkus gelandet sind.« Taggart überlegte, ob er das Gefecht aufnehmen sollte, aber Ted unterbrach seine Gedanken mit dem Ruf: »Sie scheinen nach Hause zu fahren, Sir.«
»Und die Schüsse?«
»Könnten Warnschüsse gewesen sein, Sir. Die Dons interessieren sich nicht für uns.«
»Wollen unbehelligt bleiben, die Burschen«, knurrte Taggart. »Nun ja, vielleicht haben sie recht. Der Krieg ist aus.«
»Wenn Ihr erlaubt, Sir«, sagte der Magister, sollten wir den Herzog und seine
São Martinho
vielleicht doch behelligen.«
»Wie das?«
Der kleine Gelehrte blinzelte. »Nachdem Don Pedro sich so selbstlos für die englischen Belange eingesetzt hat, sollte er die Gelegenheit erhalten, mit dem Herzog zurück in die Heimat zu segeln.«
Taggart kratzte sich an seiner Narbe. »Ihr habt Ideen wie ein altes Pferd! Aber mal davon abgesehen: Wie soll das funktionieren?«
»Ganz einfach: Don Pedro nimmt das Beiboot der
Camborne
und rudert hinüber. Wir könnten ihm eine spanische Flagge mitgeben, damit er freundlich empfangen wird.«
»Nein.« Zur Überraschung aller winkte Don Pedro energisch ab. »Das ist gut gemeint, aber nicht möglich.«
Vitus mischte sich ein: »Warum sollte das nicht möglich sein, Pedro? Wenn Captain Taggart seine Genehmigung gibt, ist das kein Problem, nicht wahr, Sir?«
Taggart grunzte.
»Es geht trotzdem nicht. Ich lasse meine Landsleute nicht im Stich. Es wäre mir unerträglich, zu Hause in Freiheit zu sein, während auf die Matrosen der
Santa Maria
die Gefangenschaft wartet.«
»Wer sagt denn, dass es so sein muss?«, fragte Vitus und blickte Taggart auffordernd an.
Der grunzte abermals, gab sich einen Ruck und knurrte in Richtung Don Pedro: »Von mir aus nehmt die Männer mit, Sir. Meine
Falcon
platzt sowieso schon aus allen Nähten, so vollgestopft, wie sie ist. Das Beiboot dürfte groß genug sein.«
Don Pedro staunte, blickte ungläubig, dann strahlte er über das ganze Gesicht. »Das nenne ich großmütig, Capitán! Ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll.«
»Schon gut!« Taggart wandte sich ab, damit man ihm die Rührung nicht ansah. »Mister Summer, Ihr habt gehört, worüber wir geredet haben. Lasst das Beiboot klarmachen und verteilt genug Riemen, damit Admiral de Acuña standesgemäß von seinen Leuten zum Flaggschiff hinübergerudert werden kann. Und beeilt Euch, der Herzog mit seinen Schiffen steht schon fast querab!«
»Aye, aye, Sir!«
Während der Befehl ausgeführt wurde, nutzten Vitus, der Magister und auch Taggart die Zeit, um sich von dem ungewöhnlichen Spanier zu verabschieden. Nachdem der alte Korsar und Don Pedro einen kräftigen Händedruck gewechselt und sich allzeit raumen Wind gewünscht hatten, umarmten Vitus und der Magister den Scheidenden kurz, aber heftig. »Grüß mir die spanische Erde, Landsmann«, murmelte der kleine Gelehrte, und Vitus sagte: »Es ist gut, dass es in diesen Zeiten Menschen wie dich gibt. Bleib, wie du
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