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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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aber sie ist mittlerweile schon acht und eine richtige Amazone.«
    »Wie die Zeit vergeht.« Vitus hatte nur halb zugehört, dafür aber sein Töchterchen umso aufmerksamer betrachtet. »Welche Haarfarbe Jean wohl bekommt? Bis jetzt kann man es nicht genau sehen, es ist eine Mischung aus Blond und Schwarz, findest du nicht auch? Vielleicht hat die Natur sich noch nicht entschieden?«
    »Unsere Kleine ist dunkelblond, Liebster. Aber die Haarfarbe eines Säuglings kann sich durchaus ändern, das hat jedenfalls die Hebamme gesagt. Warten wir’s ab. Hauptsache, Jean ist gesund.« Nina nahm Vitus das zappelnde Bündel ab. »Sie muss jetzt ihre Milch bekommen, sonst fängt sie an zu schreien, und anschließend wollen wir zu Mittag essen. Es gibt heute nur Kapaun aus der Ofenröhre, dazu eine kräftige Kohlsuppe und Brot mit Butter. Vielleicht auch ein Stück Mandelkäse. Wir wussten ja nicht, dass du kommst. Mrs.Melrose wird es dir nie verzeihen, dass du dich nicht rechtzeitig angekündigt hast.«
    »Ach, Mrs.Melrose. Als wenn es nichts Wichtigeres als Essen gäbe.« Auf Vitus’ Gesicht fiel ein Schatten.
    »Sei nicht ungerecht. Die Gute vergöttert dich. Du kommst gleich nach ihrem über alles geliebten Zwerg, dem sie jeden Wunsch von den Lippen abliest. Man könnte meinen, sie sei ein Backfisch, dabei wird sie in diesem Jahr siebzig. Aber wo die Liebe hinfällt …«
    »Das stimmt.« Vitus’ Gesichtszüge glätteten sich wieder. »Ich freue mich auf ein Mahl im Kreise meiner Lieben. Wie geht es übrigens dem Magister?«
    »Der Magister, nun, er wirkte heute beim Musizieren etwas abwesend. Du weißt, wie gern er singt und wie wenig er sich darum schert, ob er die Töne richtig trifft oder nicht, aber heute schien es ihm keinen Spaß zu machen. Er war irgendwie – angespannt.«
    »Ich werde ihn nach dem Essen beiseite nehmen und ihn fragen, ob ihn etwas bedrückt. Ich muss sowieso mit ihm sprechen und, äh, mit dir auch, meine Liebste.«
    »Worum geht es denn?« Nina kannte ihren Mann viel zu gut, um den Unterton in seinen Worten nicht herausgehört zu haben.
    »Später.« Vitus küsste sie.
    »Warum später?«
    »Weil es etwas ist, das sich nicht mit einem Satz erklären lässt.«
    »Oh, das hört sich furchtbar wichtig an! Aber ich will mich bemühen, keine allzu neugierige Ehefrau zu sein.«
    »Du bist wunderbar.« Zum ersten Mal nach seiner Rückkehr sah er sie bewusst an. Sie war noch immer gertenschlank, trotz dreier Geburten, und ihre Haare und Wimpern zeigten noch immer das seidige Schwarz, das ihn vom ersten Moment an fasziniert hatte. Mit ihren sensiblen Gesichtszügen und ihrer samtenen olivfarbenen Haut war sie eine schöne, voll erblühte Frau. Er liebte sie wie am ersten Tag.
    »Die kleine Jean kriegt jetzt erst einmal zu trinken. Wenn es nicht gleich losgeht, fängt ein großes Geschrei an.«
    Vitus schmunzelte. »Darauf wollen wir es nicht ankommen lassen. Darf ich zusehen?«
    »Natürlich. Ich frage mich nur, was so Besonderes daran sein soll. Auch bei Odo und Carlos warst du schon immer gern dabei.«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Aber natürlich.« Nina setzte sich, öffnete ihr Mieder und holte eine ihrer vollen Brüste hervor. Als sie das Köpfchen ansetzen wollte, sagte Vitus plötzlich: »Lass mich das machen.« Er ließ sich neben ihr nieder, nahm die Brustspitze sanft zwischen Daumen und Zeigefinger und beobachtete fasziniert, wie dabei ein kleiner Tropfen Milch heraustrat. Dann drückte er Jeans winziges Mündchen daran. Augenblicklich fing die Kleine an zu saugen – eifrig und zufrieden. Eine Welle des Glücks durchrieselte ihn. Warum gab es auf der Welt nicht mehr von dieser Harmonie?
    »Vitus?«
    »Ja, Liebste?«
    »Du wolltest mir sagen, warum du mir so gern beim Stillen zusiehst.«
    »Ach so.« Er besann sich, dann lächelte er verschmitzt. »Nun, wenn ich dich dabei betrachte, wünsche ich mir jedes Mal noch mehr Kinder.«
    »Aber die kommen nicht von selbst, Mylord.«
    Er küsste sie. »Das ist es ja gerade.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Während oben im Grünen Salon der Schlossherr, seine Familie und der Magister speisten, saßen unten in der Küche Mrs.Melrose und das Gesinde ebenfalls beim Essen. Die Köchin war eine korpulente Frau mit kleinem Kopf und gewaltigem Busen, eine Art Faktotum im Reich der Kulinarien, ebenso unersetzlich wie eigenwillig. Und eigennützig.
    Mit der größten Selbstverständlichkeit hatte sie bereits vor dem Mahl dafür gesorgt, dass

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