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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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bisschen schwummrich, un arbeiten kann ich ja nun auch nich mehr?«
    Vitus, der schon seine Utensilien forträumte, blickte auf. »Natürlich kannst du arbeiten. Ich habe dich an der linken Hand operiert, da bleibt dir immer noch die rechte. Wenn nicht gerade einer mit dem Kopf unter dem Arm bei mir erscheint, wird er arbeiten, so wahr ich der Cirurgicus auf diesem Schiff bin, verstanden?«
    »Aye, aye, Sir.«
    Es gelang Will, halbwegs strammzustehen, bevor er die Kammer verließ.
    Kaum war er fort, klopfte es schon wieder. Ein anderer Matrose stand in der Tür. »Ich bin Gerry, Sir«, teilte er zur Begrüßung mit, »ich kenn Euch noch von damals, als wir mit der
Falcon
in der Karibik waren.«
    Vitus musterte den Mann, konnte sich aber nicht an ihn erinnern. Das jedoch musste nichts bedeuten. Seine Abenteuer in Neu-Spanien lagen zehn Jahre zurück, und seit dieser Zeit war viel passiert. »Wo drückt der Schuh, Gerry?«
    »Hab die Scheißerei, äh, ich mein Durchfall, Sir. Alle Augenblicke spritzt es mir raus.«
    »Blut dabei?«
    »Nee, ich glaub nich.«
    »Wie lange hast du das schon?«
    Gerry zog die Stirn in Falten. »Vielleicht ein, zwei Tage.«
    »Nun gut: runter mit der Hose, bücken, Hintern zum Licht.«
    »Aber Sir, ich …«
    »Genierst du dich etwa? Du bist hier beim Arzt. Ich habe schon mehr Darmausgänge gesehen, als du Jahre auf dem Buckel hast.«
    Gerry gehorchte, wenn auch zögernd.
    Vitus sah sich den Anus und die ihn umgebende muskulöse Manschette genau an, indem er die Gesäßbacken auseinanderzog. Rötungen und Schwellungen, wie sie für einen beschleunigten Darmdurchfluss typisch waren, konnte er nicht entdecken. Alles schien völlig normal zu sein. »Hm, hm, aha«, sagte er bedeutungsschwer.
    »Isses sehr schlimm, Sir?«
    »Du wirst nicht daran sterben. Ich gebe dir ein Heil-
Liquidum,
von dem du dreimal trinken sollst. Heute Abend einmal und morgen noch zweimal. Dann sollten deine Beschwerden verschwunden sein. Vitus griff zu einem Arzneifläschchen, an dessen flüssigem Grund ein Pulver aus Knospen der Gewürznelke lag. Es trug die Aufschrift
Aqua de Ambonis,
da die besten Gewürznelken von der Molukkeninsel Ambon stammten.
    »Soll ich gleich davon nehmen, Sir?«
    »Wenn du willst.« Vitus schüttelte das Fläschchen, damit das Pulver sich innig mit der Flüssigkeit vermischte, und erbrach den Wachsverschluss. »Gute Besserung.«
    Gerry trank schwungvoll einen Schluck – und spuckte ihn fast wieder aus. »Pfui Teuf … äh, das schmeckt aber sehr bitter, Sir!«
    »Die meisten Arzneien munden nicht nach Manna.« Vitus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Nimm nur noch einen Schluck.«
    Gerry tat es mit todesverachtender Miene.
    »Dreh dich noch einmal zu mir.«
    »Sir?«
    »Dreh dich zu mir, ich will einen Blick auf deinen Penis werfen.«
    »Aye, aye, Sir. Mit Verlaub: Worauf wollt Ihr gucken?«
    »Auf deinen Schwanz, ich will sehen, ob er gesund ist.« Gerry gehorchte, und Vitus untersuchte das Glied. Er schob die Vorhaut zurück und betrachtete die Eichel, um nach Geschwüren und Läsionen zu forschen, konnte aber keinerlei Hinweise für die hochansteckende Syphilis entdecken. Das war beruhigend. Zunächst jedenfalls, denn die Krankheit war tückisch – nach dem ersten Stadium verbarg sie sich gern für ein paar Wochen vor dem forschenden Auge des Arztes. Zur Sicherheit ließ Vitus sich noch die Handteller und Fußsohlen zeigen, die zwar rissig und schmutzig, aber frei von jeglichen Papeln waren. »Hast du in letzter Zeit Knötchen in der Hand oder unter dem Fuß bemerkt?«
    »Nee, Sir, nich dass ich wüsste.«
    »Knubbel in der Leiste?«
    »Nee, Sir.«
    »Probleme beim Wasserlassen gehabt?«
    »Nee, Sir.«
    Das waren zufriedenstellende Antworten. Vitus nahm sich vor, in nächster Zeit alle Besatzungsmitglieder eingehend auf Syphilis zu untersuchen. »Du könntest dir den Schwanz öfter mal waschen.«
    »Äh, Sir?«
    »Wo die Deckspumpe ist, weißt du ja mittlerweile.«
    »Aye, Sir.«
    »Wann hattest du zuletzt Verkehr mit einer Frau?«
    »Ihr wollt’s aber ganz genau wissen, was, Sir?«
    »Beantworte meine Frage.«
    Gerry grinste anzüglich. »Vorgestern oder vorvorgestern, glaub ich.«
    »Wo war das?«
    Gerry grinste noch immer. »Hier, Sir.«
    »Hier? Nun gut.« Vitus beschloss, nicht weiter zu fragen. Mit »hier« meinte Gerry wahrscheinlich eines der billigen Bordelle in Portsmouth, in denen namenlose Huren ihren Dienst verrichteten. »Zieh die Hose wieder hoch und geh an

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