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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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damit?«
    »Vielleicht. Ich fürchte nur, dass bei manchen Rahen eine oberflächliche Behandlung nicht ausreichen wird, sie müssten erneuert werden.«
    »Aye, Sir.«
    Vitus ging weiter zu den Culverines auf ihren Lafetten. Er untersuchte sie genau und kam zu dem Ergebnis, dass die Läufe keine Risse oder Beschädigungen aufwiesen, die Pulverkammern und die Innenrohre jedoch gereinigt werden mussten. Wahrscheinlich sollten diese Arbeiten in einer Gießerei vorgenommen werden – andernfalls hätte es keinen Sinn gemacht, sie an Land zu bringen. Aber das spielte ohnehin keine Rolle mehr. Die Geschütze mussten schleunigst wieder an Bord, egal, wie, und das so rasch wie möglich. Das Dumme war nur, dass ihm die Männer dazu fehlten.
    »Vitus von Campodios? … Sir?«
    Vitus fuhr herum. Vor ihm standen zwei Burschen, offensichtlich altgediente Teerjacken. Der eine, ein kleiner, drahtiger Mann, trug außer seiner Schwerwetterjacke einen blaugrün karierten Tartankilt über den nackten Beinen, der andere war größer und trug ein salzfleckiges Wams, dazu die übliche weite Seemannshose aus festem Köperstoff. Beide strahlten um die Wette. Vitus musste ein zweites Mal hinsehen, bevor er seinen Augen traute. »McQuarrie und Dorsey?«, brachte er schließlich hervor.
    »So ist es, Sir!« McQuarrie, der Schotte, grüßte stramm.
    »Ja, wo kommt ihr denn her? Woher wusstet ihr …?« Vitus suchte noch immer nach Worten.
    McQuarrie griente. »Die Welt ist ein Dorf, Sir. Kennt Ihr einen gewissen Christopher Mufflin? Der Mann ist Schreiber bei Sir Walsingham, dem berühmten Spion unserer Jungfräulichen Majestät. Mufflin hat einen Bruder, der wiederum einen Schwager hat, der zur See fährt. Dieser Schwager nahm vorgestern eine Kutsche von London nach Portsmouth, um einen Onkel zu besuchen. Bevor er das tat, war er gestern allerdings im
White Unicorn
und erzählte …«
    »Es war im
Golden Bear«
, unterbrach Dorsey.
    »Wie? Ach ja.« McQuarrie war kurzzeitig aus dem Konzept gebracht, fing sich aber wieder und griente. »Wir haben nicht nur die eine Kneipe, äh, besichtigt, Sir. Es waren deren mehrere. Jedenfalls erzählte besagter Schwager, er habe erfahren, dass die
Falcon
wieder in See stechen würde, und zwar in besonders kitzliger Mission, und dass Captain Taggart auf dem Weg sei, sie wieder zu übernehmen. Tja, das haben wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen, wo wir doch seit Monaten in Portsmouth herumhängen und uns von den Landratten anöden lassen müssen. Als alte
Falcons
wollen wir gern dabei sein, wenn’s wieder auf große Fahrt geht.«
    Bevor Vitus antworten konnte, deutete Dorsey hinter sich, wo ein gutes Dutzend Männer stand. »Wir sind auch nicht allein gekommen, Sir. Haben bei der Gelegenheit gleich ein paar altgediente
Falcons
aufgetrieben, denen die Landluft ebenfalls schon lange nicht mehr schmeckt.«
    Die Männer traten vor, und wenn Vitus auch viele nicht mehr beim Namen nennen konnte, so kannte er doch noch alle Gesichter. Besonders Mahon und Reffles, die beiden Geschützführer, fielen ihm auf, ferner Jim und Tom, die Zimmermannsgehilfen, und darüber hinaus Arch, Muddy und Chock. Dazu Dunc, der Veteran, der Taggarts Golddublone in der Schädeldecke trug.
    »Ihr alle kommt wie gerufen!« Vitus strahlte und gab McQuarrie und Dorsey die Hand. »Und dazu noch zwei erfahrene Maate wie ihr! Herzlich willkommen!«
    »Danke, Sir!« Nun war es an den beiden Maaten, zu strahlen.
    »Wie ihr erkennt, sieht unser altes Mädchen leider ziemlich gerupft aus. Es muss eine Menge geschehen, bis sie wieder über die Wellen fliegt, aber darüber lasst uns in Captain Taggarts Kajüte reden. Er ist noch nicht an Bord, wird aber zweifellos nichts dagegen haben, wenn wir es uns bei ihm gemütlich machen. Hutch, du kommst auch mit. Und ihr anderen« – er wandte sich an die alten
Falcons –,
»richtet euch auf dem Vorschiff ein. Alles Nähere später.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Am Nachmittag gönnte Vitus sich eine Mütze voll Schlaf. Er hatte die Muße dazu, denn das Gespräch mit McQuarrie und Dorsey war sehr erfreulich verlaufen. Die beiden erfahrenen Maate hatten im Anschluss an die Unterredung sofort Maßnahmen ergriffen.
    Sie waren an Deck gegangen und hatten mit dem kundigen Blick alter Seebären die Wachen neu eingeteilt, so dass beide, die Backbordwache wie auch die Steuerbordwache, gleich stark und gleich gut besetzt waren.
    Sie hatten ein Kommando unter Hutch, dem Hilfsmaaten,

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