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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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der Mann, der sich Vitus von Collincourt nannte, vielleicht doch ein Earl sein?
    Das wäre sehr aufregend.
    Spielerisch schob sie den Ring über ihren Mittelfinger, spreizte die Hand und hielt sie auf Armeslänge von sich. Natürlich war der Ring zu weit, aber er strahlte ein großes Maß an Würde aus.
    Sie fand, er stand ihr gut.
     
     
     
    Bei sechs Glasen am Nachmittag hielt es Taggart nicht mehr auf seinem Kommandantendeck, denn er war voller Unruhe, und die Knie taten ihm weh. Rastlos streifte er durch sein Schiff, schaute hier und dort nach dem Rechten, lobte, tadelte, fluchte, und überall, wo er erschien, erhöhte sich wie von Zauberhand die Arbeitsgeschwindigkeit der Männer. Die einzige Ausnahme war Dunc, der regungslos am Kolderstab stand, den Blick auf den Kompass vor sich gerichtet und den befohlenen Kurs haltend.
    Taggarts Knien hatte die Bewegung gutgetan, deshalb sagte er nicht unfreundlich: »He, Dunc, wie geht es meinem Gold?«
    Dunc grinste. »Weiß nicht, Sir, habe zu viel im Kopf.«
    »Das ahnte ich schon. Ein Biskuit meiner Frau kann ich dir im Moment nicht anbieten.«
    »Nicht weiter schlimm, Sir, letztes Mal hat’s mich ’nen halben Zahn gekostet.«
    »Ich weiß, ich weiß, ich …«
    »Seeeeegler!«
    »Segler? Wo?«, bellte Taggart aufgeschreckt. Dann eilte er, so schnell es seine Knie erlaubten, zur Schiffsmitte. »Wie viele Segler siehst du?«, brüllte er zum Hauptmast empor.
    »Zwei, Sir, direkt voraus!«, rief der Mann im Ausguck zurück.
    Taggart spähte in die angegebene Richtung, konnte aber nichts entdecken. »Zwei läppische Segler, das heißt gar nichts«, knurrte er. »Das können genauso gut Froschfresser sein.«
    »Drei Segler, Sir … fünf … sieben, acht!«
    »Bei allen Hummerschwänzen! Es sind wohl doch keine Franzosen.« Taggart biss die Zähne zusammen, tat, als wäre es die leichteste Sache von der Welt, und kletterte die Wanten hinauf bis zur halben Höhe der Saling. Lange spähte er über den Bug der
Falcon
nach vorn. Dann stieg er langsam wieder hinunter aufs Deck.
    »Sie sind es«, sagte er.
     
     
     
    Bei acht Glasen war die Zahl der gesichteten Spanier auf über hundert angestiegen. Taggart stand wieder auf seinem erhöhten Kommandantendeck, diesmal zur Abwechslung Tipperton neben sich, der, an einem provisorisch aufgebauten Pult stehend, die Beobachtungen seines Kommandanten peinlich genau schriftlich festhalten musste.
    Taggart diktierte: »Der Kern der Kriegsschiffe besteht aus Galeonen und Naos, von denen nicht wenige über fünfhundert Tonnen groß sein dürften, einige an die tausend Tonnen. Ihre geschätzte Zahl liegt bei sechzig bis siebzig. Eine weitere große Gruppe bilden die Transporter, welche die Spanier Urcas nennen …«
    »Bitte nicht so schnell, Sir.« Tippertons Feder kratzte über das Papier. »Ich war bei … die Transporter, welche …«
    Taggart unterdrückte eine abfällige Bemerkung und wiederholte den Rest des Satzes. Dann fuhr er fort: »… Sie sind an der schwächeren Bestückung zu erkennen, ihre veranschlagte Zahl beträgt dreißig, an Kauffahrern, sogenannten Pataches, Zabras, Pinazas wurden ausgemacht dreißig bis vierzig …«
    »Bitte, Sir! Nicht ganz so schnell, ich komme einfach nicht mit.«
    »Bei allen Mondfischen! Was kritzelt Ihr auch so langsam! Bald ist Weihnachten, wollt Ihr da immer noch die Feder schwingen?« Wohl oder übel wiederholte Taggart seine Rede und diktierte weiter: »… dreißig bis vierzig. Die Gesamtstärke der Seesoldaten kann mit zwanzigtausend Mann angenommen werden … Habt Ihr das, Tipperton?«
    Tipperton schrieb endlos weiter, dann bejahte er. »Ihr müsst verstehen, Sir, das Papier will mir auch ständig davonfliegen.«
    »Ja, ja.« Taggart setzte neu an: »… die Anzahl der Galeeren und Galeassen scheint gering zu sein, es ist anzunehmen, dass auch Lazarettschiffe den Verband begleiten, die Zahl der schweren Kanonen …«
    Und so ging es eine ganze Zeit lang weiter. Taggart erhielt ständig neue Zahlen aus dem mittlerweile dreifach besetzten Krähennest und brachte mit seinen Korrekturen Tipperton zur Verzweiflung. McQuarrie hingegen musste seine ganze Manövrierkunst aufbringen, um einerseits die
Falcon
nahe genug an die Armada heranzubringen, andererseits ihren misstrauischen Schnellseglern immer wieder auszuweichen.
    Nachdem sie den Spaniern ein paarmal um Haaresbreite entwischt waren, standen bei Dunkelwerden die wichtigsten Daten fest. Die englische Flotte würde es mit acht

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