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Die Liebe einer Frau

Die Liebe einer Frau

Titel: Die Liebe einer Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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immer.
    »Ist wahr«, sagte sie, und es stimmte, denn sie hatte nicht mal eine Flasche Bier ausgetrunken oder gar den Punsch angerührt.
    »Es sei denn, ich hab’s durch die Haut aufgenommen«, sagte sie. »Osmose.«
    Er antwortete nicht, zog sie nur an sich und ließ sie wieder los, schaute ihr aber unverwandt in die Augen.
    Sex mit Kent war gierig und zielstrebig, aber zugleich zurückhaltend. Sie hatten einander nicht verführt, sondern waren in eine intime Beziehung oder das, was sie dafür hielten, mehr oder weniger hineingestolpert und dann dort geblieben. Wenn es nur den Einen oder die Eine im Leben geben soll, braucht nichts zu etwas Besonderem gemacht zu werden – es ist es schon. Sie hatten einander nackt betrachtet, sich aber dabei – außer durch Zufall – nicht in die Augen geschaut.
    Genau das tat Kath jetzt mit ihrem unbekannten Partner ohne Unterlass. Sie näherten und entfernten und umkreisten und entschlüpften sich, setzten sich füreinander in Szene und schauten sich in die Augen. Ihre Augen behaupteten, alles das sei nichts im Vergleich zu der wilden Balgerei, die sie veranstalten könnten, wenn sie nur wollten.
    Dabei geschah alles im Spaß. Sobald sie sich berührten, ließen sie wieder los. Wenn sie sich nahe waren, öffneten sie den Mund und fuhren sich sinnlich mit der Zunge über die Lippen und wichen sofort zurück, in gespielter Lustlosigkeit.
    Kath trug einen kurzärmeligen Angorapullover mit tiefem V-Ausschnitt, vorn zu knöpfen, was für das Stillen praktisch war.
    Als sie sich das nächste Mal nahe kamen, hob ihr Partner wie zum Schutz den Arm und streifte mit dem Handrücken und dem bloßen Unterarm über ihre unter der elektrisch aufgeladenen Wolle steifen Brüste. Beide taumelten, brachen beinahe ab. Tanzten weiter – Kath schwach und mit weichen Knien.
    Sie hörte jemanden ihren Namen rufen.
    Mrs. Mayberry. Mrs. Mayberry.
    Es war die Kinderfrau, auf der Treppe vor Monicas Haus.
    »Ihr Baby. Ihr Baby ist wach. Können Sie kommen und es stillen?«
    Kath erstarrte. Auf unsicheren Beinen bahnte sie sich einen Weg durch die Tanzenden. Außerhalb des Lichtkegels sprang sie herunter und stolperte durch den Sand. Sie wusste, ihr Partner war hinter ihr, sie hörte ihn herunterspringen. Sie war bereit, ihm ihren Mund oder ihre Kehle darzubieten. Aber er packte sie bei der Hüfte, drehte sie herum, fiel auf die Knie und küsste durch die Baumwollhose ihre Scham. Dann stand er auf, behände für einen Mann seiner Größe, und beide wandten sich im gleichen Augenblick voneinander ab. Kath hastete ins Licht und stieg die Treppe zu Monicas Haus empor. Keuchend zog sie sich am Geländer hoch, wie eine alte Frau.
    Die Kinderfrau war in der Küche.
    »Ach, Ihr Mann«, sagte sie. »Ihr Mann ist gerade mit der Flasche gekommen. Ich wusste nicht, wie die Absprache war, sonst hätt ich mir die Brüllerei sparen können.«
    Kath ging weiter in Monicas Wohnzimmer. Das einzige Licht dort kam aus der Diele und der Küche, aber sie konnte erkennen, dass es ein richtiges Wohnzimmer war, keine umgebaute Veranda wie bei ihr und bei Sonje. Sie sah einen modernen skandinavischen Couchtisch und Polstermöbel und Übergardinen.
    Kent saß in einem Sessel und gab Noelle die Flasche.
    »Hi«, sagte er und sprach leise, obwohl Noelle viel zu kräftig nuckelte, um auch nur halb zu schlafen.
    »Hi«, sagte Kath und setzte sich aufs Sofa.
    »Ich dachte mir, das wäre vielleicht ganz vernünftig«, sagte er. »Falls du was getrunken hast.«
    Kath sagte: »Ich habe nichts getrunken.« Sie hob die Hand, um zu erkunden, wie milchgefüllt ihre Brüste waren, aber die Berührung der Wolle versetzte ihr solch einen Schock des Verlangens, dass sie nicht weitertasten konnte.
    »Jetzt kannst du, wenn du willst«, sagte Kent.
    Sie blieb vorgebeugt auf der Sofakante sitzen und hätte ihn zu gern gefragt, ob er auf dem vorderen oder dem hinteren Weg hergekommen war. Also auf der Straße oder über den Strand. Wenn er über den Strand gekommen war, hätte er sie eigentlich tanzen sehen müssen. Aber auf dem Bootssteg tanzten jetzt viele, sodass ihm einzelne Tänzer vielleicht nicht aufgefallen waren.
    Immerhin hatte die Kinderfrau sie erspäht. Und er musste deren Rufe gehört haben. Dann brauchte er nur zu schauen, in welche Richtung sie rief.
    Falls er über den Strand gekommen war. Denn wenn er auf der Straße gekommen und durch die Diele, nicht durch die Küche, ins Haus gegangen war, hatte er die Tanzenden überhaupt

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