Die Liebe eines Klon
sie doch Andere zu trösten, wo eigentlich sie, die Mutter eines toten Kindes, die größten Schmerzen ertragen musste. Unwichtig wie alt dieses Kind bereits war. Sie waren in der Küche angelangt, wo die Blumen mit einer Vase und reichlich Wasser versorgt wurden. „Jetzt trinken wir erst einmal einen schönen heißen Kaffee, mit Milch, und Zucker?” Sie reichte Lisa eine Kaffeekanne, sie selbst nahm eine kleine Marienkäfer - Figur von der Fensterbank. Als sie Lisas fragenden Blick bemerkte, lächelte sie und hob den roten Deckel mit den schwarzen Punkten ab. Zucker kam zum Vorschein. „Pete hat mir diese selbst getöpferte Zuckerdose zum Muttertag geschenkt, er war damals erst fünf Jahre alt. Dieser Marienkäfer durfte aber nicht im Schrank stehen, denn Marienkäfer brauchen Sonne und Blumen. Deshalb steht er seither auf der Fensterbank zwischen den Blumentöpfen.” Sie streichelte über die glänzenden Flügel. Ein Erinnerungsstück ganz besonderer Art, zeigte es doch was Pete für eine empfindsame Seele hatte. Ja, die hatte er. Lisa konnte sich noch gut an den Moment erinnern, in dem er ihr seine Liebe gestand und gleichzeitig zutiefst verzweifelt darüber war, da er es seiner Freundin noch nicht gesagt hatte, und nicht wusste wie er es ihr sagen sollte. Es quälte ihn, auch danach noch sehr.
Schweigend gingen sie ins angrenzende Wohnzimmer hinüber. Einander gegenüber sitzend, hatten sie in zwei schweren Sesseln Platz genommen. Alles war recht dunkel, aber gemütlich. Die schweren Eichenschränke und das große Polstersofa, aus den Sechzigern. Die breiten rotbraunen Übergardinen ließen nur wenig Licht in den Raum, die eine, kleine Stehlampe in der Sofaecke, brannte wahrscheinlich den ganzen Tag. „Ich kann es immer noch nicht glauben!” Begann sie leise, dabei drehte sie die Untertasse leicht hin und her und sah in den dunklen Kaffee, als könnte sie in ihm eine Antwort finden. Er war schwer krank. Doch das war lange her. Sein Arzt hatte ein Wunder vollbracht, Pete schwärmte so von ihm. Seit Jahren war er in Behandlung, zu Anfang hatte er kaum noch Hoffnung, doch schon nach seinem ersten längerem Aufenthalt in dieser Klinik war er wie verwandelt. Ich hatte ihn schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Er begann wieder Pläne zu machen. Seine Firma zu retten, es stand nicht gut mit seinen Finanzen. Und nun das? Ich verstehe das einfach nicht!” Sie erhob sich und ging zu einem Schränkchen an der Wand hinüber. Dort zog sie eine Schublade hinaus, und holte ein weißes Taschentuch heraus. Sie tupfte sich die Augen trocken, putzte ihre Nase und als sie sich Lisa zu wand, lag bereits wieder ein schwaches Lächeln auf ihrem feucht glänzenden Gesicht. „Ich wusste nichts von seinem Leiden, was hatte er für eine schwere Krankheit?” „Er hatte Krebs! Doch er wurde geheilt. Dieser Prof. Dr. Garden, heißt er glaube ich. Er hat eine Privatklinik. Eines Tages stand er an Petes Krankenbett. Das muss fast zehn Jahre her sein. Er bot ihm an ihn zu heilen, wenn er sich als eine Art Testperson zur Verfügung stellen würde. Medikamente ausprobieren und so, nehme ich an. Pete hatte nichts mehr zu verlieren. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit gewesen, wann es zu Ende gegangen wäre. Also fuhr er mit ihm. Zuerst veränderte sich nicht all zu viel, aber er war am Leben. Und mit der Zeit, ging es ihm immer besser. Dann, im letzten Herbst, galt er als geheilt. Er war so glücklich. Wir waren so glücklich und nun!? Ich weiß bis heute nicht genau was passiert ist. Er soll mit seinem Motorrad einfach gegen die Mauern einer Unterführung gerast sein, ungebremst. Zeugen konnten bestätigen, dass es so war. Ich kann das nicht glauben, einen Tag zuvor, hatte er noch fröhlich mit mir zusammen gesessen. Es gibt keine Erklärung. Er war weder depressiv, wie noch Jahre zuvor, noch gab es irgendeinen Vorfall, von dem ich weiß, der ihn in den Selbstmord hätte treiben können. Das Motorrad war in sehr gutem Zustand sagte die Polizei, es gab keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Sie sagten es sei Selbstmord!” Ein Schluchzen durchlief ihren Körper, doch sie fing sich gleich wieder. „Ich habe mit seinen früheren Freunden gesprochen, Arbeitskollegen, nichts! Ich verstehe es nicht, nein er hat es nicht absichtlich getan, bestimmt nicht! Das hätte er mir niemals angetan!” Ihre Hände lagen nun ruhig in ihrem Schoß, nachdem sie die ganze Zeit während sie sprach unruhig an ihrem Taschentuch herum gezupft hatten.
Weitere Kostenlose Bücher