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Die Liebe in den Zeiten der Cholera

Die Liebe in den Zeiten der Cholera

Titel: Die Liebe in den Zeiten der Cholera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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»So ist es«, sagte der Offizier. »Auch Gott verbessert seine Methoden.«
    Die Entfernung zwischen San Juan de la Ciénaga und der ehemaligen Zuckermühle von San Pedro Alejandrino betrug nur neun Meilen, der gelbe Zug brauchte dafür jedoch den ganzen Tag, weil der Lokomotivführer mit den regelmäßigen Fahrgästen befreundet war, die ihn immer wieder darum baten, den Zug halten zu lassen, um sich die Beine vertreten zu können und auf den Golfplätzen der Bananengesellschaft herumzuspazieren, die Männer badeten nackt in den klaren und eisigen Flüssen, die von den Bergen herabstürzten, und wenn sie hungrig waren, stiegen sie aus, um die frei in den umzäunten Feldern herumlaufenden Kühe zu melken. Fermina Daza erreichte verängstigt ihr Ziel und nahm sich kaum Zeit, die legendären Tamarisken zu bewundern, an denen der todkranke Befreier seine Hängematte aufgehängt hatte, und stellte fest, daß sein Sterbebett nicht nur, wie man ihr erzählt hatte, für einen Mann von so großem Ruhm zu klein gewesen war, sondern sogar für ein Siebenmonatskind. Ein anderer Besucher, der über alles Bescheid zu wissen schien, sagte ihr jedoch, daß das Bett eine unechte Reliquie sei, da man in Wirklichkeit den Vater des Vaterlandes auf dem Boden hatte sterben lassen. Fermina Daza war so deprimiert über all das, was sie sah und hörte, seitdem sie von zu Hause aufgebrochen war, daß sie den Rest der Reise über nicht, wie sie es ersehnt hatte, in Erinnerungen an ihre langvergangene Reise schwelgen konnte, sondern es sogar vermied, durch die Dörfer ihres Heimwehs zu fahren. So erhielt sie sich diese und bewahrte sich selbst vor der Enttäuschung. Sie hörte die Akkordeons noch auf den Nebenwegen, auf denen sie vor der Ernüchterung floh, hörte die Schreie des Hahnenkampfs, die Bleisalven, die sowohl Krieg wie auch Fiesta bedeuten konnten, und wenn es unumgänglich war, ein Städtchen zu durchqueren, bedeckte sie das Gesicht mit dem Schleier, um den Ort weiter so in Erinnerung zu behalten, wie er früher gewesen war.
    Nachdem sie lange Zeit der Vergangenheit ausgewichen war, kam sie eines Nachts auf der Hacienda ihrer Kusine Hildebranda an und hätte, als sie diese an der Tür auf sie warten sah, beinahe das Bewußtsein verloren: Es war, als sähe sie sich selbst im Spiegel der Wahrheit. Hildebranda war dick und wirkte verbraucht, an ihr hingen ungebärdige Kinder, die nicht von dem Mann waren, den sie immer noch hoffnungslos liebte, sondern von einem ehemaligen Offizier mit guter Pension, den sie aus Trotz geheiratet hatte und der sie leidenschaftlich liebte. Aber in ihrem ausgelaugten Körper steckte immer noch die alte Hildebranda. Fermina Daza hatte sich von dem ersten Eindruck nach ein paar Tagen auf dem Land und dem Austausch guter Erinnerungen erholt, verließ die Hacienda jedoch nur, um sonntags mit den Enkeln ihrer ungezähmten Komplizinnen von einst zur Messe zu gehen, das waren Gecken auf prächtigen Pferden und schöne junge Mädchen in hübschen Kleidern wie ihre Großmütter im gleichen Alter, sie standen neben ihr auf dem Ochsenwagen und sangen gemeinsam bis zur Missionskirche am Ende des Tals. Sie kam nur durch ein Städtchen, Flores de Maria, in dem sie bei ihrer vorigen Reise nicht gewesen war, weil sie nicht geglaubt hatte, es könne ihr gefallen, und nun, da sie es kennenlernte, war sie entzückt. Pech für sie oder für das Städtchen war jedoch, daß es später in ihrer Erinnerung nie so aussah, wie es wirklich war, sondern so, wie sie es sich, bevor sie es kennenlernte, vorgestellt hatte. Doktor Juvenal Urbino beschloß, sie abzuholen, nachdem er den Bericht des Bischofs von Riohacha gehört hatte. Er entnahm diesem, daß das Ausbleiben seiner Frau nicht darauf zurückzuführen war, daß sie nicht heimkehren wollte, sondern auf dem Umstand, daß sie nicht wußte, wie sie ihren Stolz überwinden sollte. Also machte er sich unangemeldet auf den Weg, nachdem er einige Briefe mit Hildebranda gewechselt hatte, aus denen er schloß, daß die Sehnsucht seiner Frau sich gewandelt hatte: Jetzt dachte sie nur noch an daheim. Es war elf Uhr vormittags, und Fermina Daza bereitete in der Küche gerade gefüllte Auberginen zu, als sie die Schreie der Arbeiter hörte, das Wiehern, die Luftschüsse, dann die energischen Schritte im Hausflur und die Stimme des Mannes:
    »Besser beizeiten kommen als ewig auf die Einladung warten.«
    Sie glaubte, vor Freude zu sterben. Sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, wusch

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