Die Liebe in Grenzen
geworden waren und die Kartoffeln leicht angebrannt schmeckten.
Bis heute weià ich nicht genau, wie Konrad das bewerkstelligt hatte, aber es war ihm gelungen, dass wir sein Sommerarrangement für eine groÃartige Idee hielten. Keiner schien sich darüber zu wundern, warum er sich so rührend um eine Vertretung von Lena gekümmert hatte, wo ihm die Belange des Mühlenalltags ansonsten ziemlich egal waren, sofern sie nicht seinen persönlichen Bereich betrafen. Erst als ich später in meinem Bett lag und schlaflos die Decke anstarrte, fiel mir auf, dass Konrad es nicht einmal für nötig gehalten hatte, mich zu fragen, ob ich vielleicht andere Pläne für diese drei Ferienwochen hätte. Er hatte einfach so getan, als sei das mit mir abgestimmt gewesen, und ich hatte nicht widersprochen, war von der Vorstellung, mit den freundlichen Ponys, den Katzen und dem Garten allein sein und Lenas hübschen kleinen Wagen bewohnen zu dürfen, sogar angetan gewesen: ein bezahlter Urlaub in malerischer Einsamkeit, keine zwei Kilometer von meiner eigenen Wohnung entfernt.
Da hätte ich eigentlich schon etwas ahnen können.
Knapp zwei Wochen später stand ich dann vor dem Haupthaus und winkte den Sommerfreizeitlern im abfahrenden VW -Bus hinterher. Sobald er das groÃe Eisentor passiert hatte und auÃer Sicht war, schlenderte ich zum Bauwagen hinüber, der mir jetzt, ohne Lena, gar nicht mehr so reizvoll erschien. Konrad hatte zwei Tage zuvor Lennau verlassen, und ich war mit sehr gemischten Gefühlen zurückgeblieben, weil sein Abschied â jedenfalls was mich anging â merkwürdig kühl ausgefallen war. Jetzt war ich also für die nächste Zeit vollkommen auf mich gestellt, und es irritierte mich, dass in mir nicht ein Funken Begeisterung darüber aufkam. War es nicht das, was ich mir gewünscht hatte: Stille, Abgeschiedenheit, Freiheit?
Lena hatte die bunt angemalte Tür ihres Bauwagens extra weit für mich aufgelassen, den kleinen Campingkühlschrank gefüllt, einen Strauà Sommerblumen und eine Flasche Rotwein auf den Holztisch gestellt. An der Flasche lehnte eine Postkarte:
Liebe Katia, willkommen in meinem Zwergenschloss! Fühl dich wie zu Hause. Denkst du bitte daran, Bobbys Bein diese Woche noch abends mit Zinksalbe einzureiben?
Danke für alles! Deine Lena
Ich sah mich um, betrachtete das Innere des Bauwagens zum ersten Mal ohne Lenas begleitende Erklärungen. Ihre Begeisterung, ihr Stolz auf diese selbst gezimmerte heile Miniwelt mit all ihren Raffinessen war ansteckend gewesen. Jetzt aber hatte sich der Naturholzzauber verflüchtigt, zurückgeblieben war Enge. Warum war mir vorher nie aufgefallen, wie wenig Platz es in diesem Bauwagen gab?
» Hier ist es nicht viel gröÃer als in einer Keksdose « , sagte ich zu dem Blumenstrauà und bekam den Schreck meines Lebens, als ich hinter mir gleich darauf eine sehr vertraute Stimme hörte.
» Das ist ein lustiger Vergleich. «
Er musste den Kopf einziehen, um durch die niedrige Tür zu gelangen, brauchte nur einen Schritt, um bei mir zu sein und mich an sich zu ziehen.
» Für zwei Menschen ist es hier viel zu eng. Und bei mir ist auch die Aussicht besser. « Er lieà einen Schlüssel vor meinen Augen baumeln. » Den hab ich für dich nachmachen lassen, damit du kommen und gehen kannst, wann immer du willst. Aber ich hoffe, du benutzt ihn selten. «
» Ich soll selten kommen? «
» Du sollst selten gehen! «
Meinen Kopf an seiner Brust, sagte ich: » Na dann « , und dachte: Scheià auf alles.
Und das tat ich. Mit ihm zusammen. Fast drei Wochen lang, so wie er es geplant hatte.
Seine Alibi-Geschichte war nicht einmal komplett erfunden. Professor Andrasch war tatsächlich an seiner Aufnahme in die Akademie interessiert, und Konrad hatte auch vor, zu Semesterbeginn nach Kassel zu reisen, von einem Intensivkurs am Comer See aber war nie die Rede gewesen. Er machte sich einen Spaà daraus, wie leicht die anderen all das geschluckt hätten, vor lauter Begeisterung, dass einem ihrer » Unfälle « eine so exklusive Möglichkeit der künstlerischen Weiterentwicklung geboten wurde. Er selbst habe bloà die Information aufgegriffen, dass Andrasch ein kleines Anwesen an einem italienischen See besaÃ, und daraus eine Möglichkeit für uns geschaffen, ungestört zusammen zu sein. An seinem » Termin « sei er
Weitere Kostenlose Bücher