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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
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aufgepasst hat, dürfte mit den Fragen keine Probleme haben. Jedes Prüfungsblatt bezieht sich auf ein bestimmtes Werk von Platon. Ist so weit alles klar?«
    In der Klasse ist es ganz still, während der Lehrer die Blätter austeilt.
    »Na dann, Leute, viel Erfolg.«
    Unser Lehrer ist sehr nett und auch relativ verständnisvoll. Warum überkommt mich dann nur, als er das Blatt umgedreht auf meinen Tisch legt, so eine riesige Lust, ihn zu erwürgen und durch das Fenster abzuhauen?
    »Ach ja, was ich vergessen habe: Jeder hat natürlich eine andere Aufgabe. Abschreiben ist also zwecklos«, fügt der Lehrer hinzu.
    Ich drehe das Blatt um und fange an zu lesen.
    Ich lese es noch mal.
    Was habe ich für ein unverschämtes, absurdes, absolutes Glück!
    Ich lege meine Hand vor den Mund, um ein dummes und nervöses Kichern zu unterdrücken.
    Das gibt es nicht.
    |76| Die Aufgabe, meine Aufgabe geht über
Das Gastmahl
von Platon.
    Den Dialog, den ich gestern Nacht vor dem Einschlafen komplett durchgelesen habe und daher nur zu gut kenne.
    Ich lächle verwirrt und dankbar.
    Kann das sein?
    Ich fange an zu schreiben.
    Ich antworte, mache Häkchen, wähle zwischen den verschiedenen Antwortmöglichkeiten aus.
    Ich versuche, mir Zeit zu lassen, und lese jede Antwort mindestens dreimal durch. Trotzdem bin ich nach zwanzig Minuten fertig. Dann hebe ich den Kopf. Mit einem mehr als vielsagenden Lächeln im Gesicht treffe ich den Blick des Lehrers.
    »Bist du schon fertig?«, fragt er mit einem gewissen Erstaunen.
    »Um die Wahrheit zu sagen   … ja.«
    »Gut, sehr gut, dann kannst du abgeben.«
    Ich stehe mit dem Blatt in der Hand auf und reiche es dem Lehrer.
    Selbst wenn ich den Test noch hundertmal durchlesen würde, würde ich doch kein einziges Komma mehr verändern.
    »Super, Vittoria«, sagt er zu mir, während ich die verdutzten Blicke meiner Klassenkameraden im Rücken spüre.
    Ich will gerade zu meiner Bank zurückgehen, als der Lehrer mich noch mal zu sich ruft.
    »Vittoria, könntest du mir einen Gefallen tun? Kannst du |77| bitte diese Unterlagen zur Signora Gildi bringen? Ich weiß nicht, wo sie Unterricht hat, da müsstest du auf den Plan sehen.«
    Ich nehme die drei Blätter, die er mir hinhält, und verlasse das Klassenzimmer.
    Ich atme tief und zufrieden durch und mache mich auf den Weg zum Büro des Hausmeisters, wo die Uhrzeiten der Lehrer aushängen. Ich fange an, mich durch das Gewirr von Tabellen, Namen und Schaubildern zu kämpfen.
    »Na, wen haben wir denn hier? Hallo, kleiner Engel-Bastard«, sagt eine Stimme hinter mir.
    Nein. Das kann nicht sein. Ich kenne diese Stimme nur zu gut. Sie gehört der letzten Person, die ich jetzt treffen möchte. Ich antworte nicht, ich habe nicht vor, auf die Provokation einzugehen.
    »Du wunderschöner Scherz der Natur, grüßt du mich nicht mehr?«
    Ich blicke widerwillig hoch.
    Paride. Der arroganteste, gefühlloseste, verabscheuungswürdigste und grausamste Engel, den es auf der Welt gibt. Er ist widerwärtig, gemein, eingebildet und egozentrisch.
    Vor ein paar Jahren war er, aus welchem Grund auch immer, in mich verknallt. Er hat meine Zurückweisung nie wirklich verdaut. Seitdem lässt er mich dafür bezahlen. Und wie? Indem er versucht, mir das Leben zur Hölle zu machen.
    »Lass mich in Ruhe, Paride«, sage ich, ohne ihn anzusehen.
    »Und sonst, was machst du sonst, kleiner Bastard? Wegfliegen? |78| Ach nein, entschuldige, wie dumm von mir: OHNE FLÜGEL GEHT DAS SCHLECHT«, sagt er und betont dabei jedes Wort einzeln.
    Er starrt mich voller Hass an. Trotz der vielen Schatten um seine Augen hat er ein schönes Gesicht. Er könnte jedes Mädchen haben, warum lässt er mich nicht einfach in Frieden?
    Ich suche weiter nach dem Namen von der Gildi. Wieso kann ich diese verfluchte Klasse nicht finden?
    »Was machst du hier auf dem Flur?«, versuche ich, ihn abzulenken.
    »Ich geh jetzt erst rein, ich hatte keinen Bock auf den Bio-Unterricht.«
    »Ach so.«
    »Ach so was   …?«
    Er packt mich und dreht mich zu sich herum. Damit zwingt er mich, ihm in die Augen zu sehen. Sie sind trotz aller Wut und Arroganz ausdruckslos. In diesem intensiven Blau gibt es keine Tiefe, jenseits der klaren Pupillen erahnt man nichts weiter als eine karge Wüste.
    »Nichts«, murmele ich.
    »Bist du dir da sicher?«, zischt er mit zusammengepressten Zähnen.
    »Ja.«
    Er drückt mein Kinn zusammen.
    Wo ist nur der verdammte Hausmeister? Und nie sind irgendwelche Lehrer unterwegs   … sie

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