Die Liebe ist ein Daemon
verursachen dabei ein immer größeres Chaos.
Du bist so was von dämlich!
, rufen sie mir zu.
Du brauchst doch keine Angst zu haben.
Aber es gibt auch andere Stimmen. Stimmen, die mich warnen, die mir sagen, dass meine Angst keinesfalls idiotisch ist, dass der Schmerz, der mir in den Magen fährt, nur ein Vorbote von den Gefühlen ist, die noch kommen werden. Gefühle, die nur darauf warten, mich zu umgarnen und mich |171| einzuwickeln. Gefühle, die mir keine Luft mehr lassen, die mich zerquetschen werden und am Ende meinen Tod bedeuten können.
Ein Dämon mit einem Engel. Das geht doch gar nicht.
Der letzte Gedanke bringt mich in die Realität zurück und führt mir die Situation meiner Freunde vor Augen. Ein Engel mit einem Menschen. So wie die Dinge zurzeit stehen, scheint nicht einmal eine solche Beziehung möglich zu sein.
Gestern erst hat mir Lorenzo versichert, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche.
Heute haben sie sich schon gestritten.
Es war ein harmloser Streit, das kann ich zumindest von dem Teil behaupten, den ich in der Schule mitbekommen habe. Ich hab aber keine Ahnung, ob und wie es dann weitergegangen ist.
Beide sind so nervös in letzter Zeit. Na ja, ehrlich gesagt, sind wir das alle. Vielleicht liegt es an dem öden, grauen Wetter, das einen ganz melancholisch macht und jeden von uns in ein kleines aufgeladenes Atom verwandelt, das hektisch um einen undefinierbaren Punkt kreist. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir uns alle der unmittelbar drohenden Gefahr bewusst sind, die seit Alessias Tod in der Luft hängt.
Für mich ist im Moment eher die anstehende Chemiearbeit bedrohlich: Ich werde sicher eine Menge Blödsinn über Atome schreiben, wenn ich dabei nur an Lorenzo und Ginevra denken kann.
Auf jeden Fall macht es mich wahnsinnig nervös, wenn die |172| zwei Krach miteinander haben. Mir krampft es dann regelrecht den Magen zusammen, fast wie bei den Streitereien von meinen Eltern.
Ich seufze, mein Atem beschlägt die Scheibe und ich male mit dem Finger ein trauriges Gesicht hinein.
Mein Handy piepst. Der Streit geht also weiter – das wird mir klar, als ich auf das Display schaue. Ginevra hat mir ganz verärgert eine SMS geschickt:
Er ist total sauer wg dem blöden kommentar von heute morgen.
Ginevra war wirklich ein bisschen gereizt heute früh, aber es war überhaupt nicht böse gemeint … in dem Moment mussten wir eine superschwierige Mathegleichung lösen, die so kompliziert war, dass wohl bei allen die Nerven blank lagen.
Danach ging das übliche Hickhack los. Das Problem der beiden ist, dass sie zwei riesige Dickköpfe sind. Noch dazu sind beide so stolz, dass keiner von ihnen als Erstes nachgeben möchte.
Ich überlege noch, wie ich auf die SMS antworten soll, was ich Beruhigendes (wenn das überhaupt geht) schreiben könnte, doch ein lautes Piepen, das aus meinem Computer kommt, unterbricht meine Gedanken.
Mit Schwung setze ich mich an meinen Schreibtisch und werde von den Rollen an meinem Bürostuhl durch das halbe Zimmer katapultiert.
Ich kehre mühsam wieder an den Tisch zurück. Der Messenger ist offen. Eine Nachricht von Lorenzo. Auch er möchte mich an dem Streit teilhaben lassen.
|173| Sie hat sich voll danebenbenommen. Und sie hat mich damit richtig getroffen. Aber das versteht sie nicht.
Es folgt ein ganz betrübt dreinblickender Smiley.
Auf einen Arm gestützt starre ich abwechselnd das Handy und den Rechner an. Seufzend füge ich mich in meine plötzliche Rolle als Paartherapeutin.
Zuerst antworte ich Ginevra.
Er ist doch immer so empfindlich. Hast du dich entschuldigt? Das war doch wg mathe u. nicht wg ihm.
Ich lege das Handy neben den Computer und schreibe Lorenzo.
Sie versteht das bestimmt, aber das war doch alles nicht so gemeint, sie wollte dir bestimmt nicht wehtun.
Ich füge einen energisch nickenden Smiley dazu, um meine Mail noch überzeugender rüberzubringen.
Ginevras SMS kommt umgehend zurück.
Ich sag ihm das schon die ganze zeit. Er hört nicht zu.
So ein Mist.
Die Antwort von Lorenzo:
Ja, aber ich lass nicht länger auf mir rumtrampeln. Ich bin doch nicht ihr Fußabtreter. Sie soll besser aufpassen, sie weiß, wie sehr sie mich damit verletzt. Das war ja nicht das erste Mal.
Daneben ein zorniger Smiley.
Ich starre auf das gelbe Bildchen und stelle mir Lorenzo mit demselben Gesichtsausdruck vor.
Nach einer halben Stunde kommt wieder eine SMS von Ginevra:
Das
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