Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
Vom Netzwerk:
vor mir an. Er setzt sich neben mich und nimmt meine Hand.
    »Ich habe mit Ginevra gesprochen«, fängt er an. »Nach deiner   … Reaktion gestern am Telefon habe ich ihr von unserem Gespräch erzählt. Sie hat sich Sorgen um dich gemacht. Deswegen hat sie mir alles gesagt, auch die Sachen, die du eigentlich nur ihr verraten hast.«
    Ich streiche mir mit der freien Hand durch die zerstrubbelten Haare.
    »Wir haben so eine Art Waffenstillstand geschlossen und endlich miteinander geredet. Ehrlich gesagt hat sie mir vor allem meine eigene Blödheit an den Kopf geworfen, aber zumindest hat sie mit mir gesprochen   … und eigentlich hat sie ja auch recht.«
    Er beendet den Satz mit einem leidenden Gesichtsausdruck. Ich finde ihn ziemlich übertrieben, denn schließlich war er doch derjenige, der Schluss gemacht hat.
    »Dann weißt du also alles?«, frage ich und vermeide, ihn |274| anzusehen. Mir ist es seltsam peinlich, dass Lorenzo meine Geheimnisse kennt, und versuche instinktiv, seinem Blick auszuweichen.
    »Schämst du dich etwa?«, fragt er und sieht mich ungläubig an. »Aber warum denn! Du kannst mir doch alles sagen, das braucht dir doch gar nicht peinlich sein.«
    Wie ich ihn abknutschen könnte, wenn er solche Sachen sagt.
    »Danach sind wir gleich bei Federico aufgekreuzt. Wir haben lange mit ihm geredet und wissen jetzt, was gestern zwischen euch vorgefallen ist.«
    »Hattest du nicht ein komisches Gefühl, als du in seinem Haus warst?«
    »Am Anfang fand ich’s schon ziemlich beklemmend. Aber von Ginevra wusste ich ja schon so einiges über ihn und irgendwann war dann auch meine Anspannung weg. Vor allem nachdem Federico uns erzählt hat, wie du ihn verdächtigt hast, wie du ihm eine ganze Zeit lang ständig aus dem Weg gegangen und dann schließlich vor ihm weggerannt bist.«
    Ich nicke.
    »Das war, als hätte man mir einen Spiegel vorgehalten. Ich konnte mich selbst in dir erkennen.«
    »Und was hast du gesehen?«, frage ich.
    »Angst, Vicky.«
    Ein einziges Wort trifft perfekt ins Schwarze.
    »Versteh mich nicht falsch, ich spreche hier nicht von einer naiven und irrationalen Angst wie die von einem Kind, |275| das sich vor dem Wasser fürchtet, sondern von einer physischen, greifbaren Angst, in etwa so, als ob dir jemand ein gezücktes Messer vor die Nase halten würde.« Er schüttelt den Kopf. »Eine Angst, die sehr stark sein kann. Ich kenne sie leider nur zu gut, denn ich habe sie selbst erlebt.«
    Ich kann ihm nicht ganz folgen, aber ich ahne, dass das, was er sagt, in die richtige Richtung geht.
    »Es ist die Angst vor den eigenen Gefühlen, die Angst vor dem, was man gerade macht. Es sind die Zweifel, ob das jetzt richtig oder falsch ist. Aber ich meine nicht, richtig oder falsch für einen selbst, nein«, er lächelt bitter, »sondern die Zweifel, ob es richtig oder falsch in den Augen der anderen ist.«
    Jetzt fange ich vor lauter Rührung gleich an zu flennen, denke ich. Vielleicht auch aus Erleichterung darüber, dass ich jemanden gefunden habe, der mich versteht und der nachvollziehen kann, wie innerlich zerrissen ich mich fühle.
    Er nimmt meine Hand und drückt sie liebevoll.
    Er schaut mich mit seinen schönen blauen Augen an, in deren Tiefe ich den Schmerz erkenne, er ist wie ein winzig kleiner schwarzer Punkt inmitten einer türkisblauen Iris.
    »Hör mir mal zu«, sagt er und betont dabei jedes einzelne Wort. »Etwas habe ich aus der Geschichte mit Ginevra gelernt, durch meine Liebe zu ihr und durch die ganzen Schwierigkeiten, die ich wegen dieser Beziehung hatte. Weißt du, man darf sich nie schuldig fühlen, nur weil man glücklich ist, man braucht sich nicht dafür zu schämen, dass es einem gut geht, und man sollte nie wegen einer Entscheidung, die |276| man mit dem Herzen getroffen hast, um Entschuldigung bitten.«
    Er sieht mich direkt an, prüft jede Regung in meinem Gesicht und forscht tief in meinem Innersten.
    »Hörst du, du darfst nie bereuen, was du gemacht hast, wenn du dabei glücklich warst.«
    Mir stockt der Atem. Eigentlich stimmt das.
    »Und mit ihm bist du glücklich«, fügt er hinzu, so als ob er das ganz sicher wüsste – vielleicht ist er sich da auch sicher, immerhin kennt er mich so gut wie kein anderer.
    Du darfst nie bereuen, was du gemacht hast, wenn du dabei glücklich warst.
Dieser Satz hallt in meinem Kopf wider.
    Ich umarme ihn, ich schlinge meine Arme fest um seinen Hals und fange an zu heulen
    »Du bist so ein Idiot«, sage ich unter Tränen,

Weitere Kostenlose Bücher