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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorotea de Spirito
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mir die Melodie bekannt vorkommt.
    »My life is brilliant   … my love is pure   …«
    Mein Puls entspannt sich, mein Atem wird ruhiger und Federico kommt noch näher an mein Ohr. Es ist, als wollte er mir ein Staatgeheimnis verraten und nicht irgendeinen Liedtext ins Ohr flüstern.
    »I saw an angel, of that I’m sure.«
    Sein Lachen vermischt sich mit der Musik und füllt sie mit neuem Klang.
    »Aber das gilt auch nicht, das hast du von James Blunt«, protestiere ich abermals. Er lacht und singt weiter, mit weicher und gut gelaunter Stimme, er drückt mich noch fester an sich und flicht seine Hände in meine.
    »Du hast schon wieder recht«, gibt er zu. »Und weißt du was? Ich habe viel mehr Glück als er. Er hat seinen Engel für immer verloren. Er hat nur noch gesehen, wie er in einem Abteil der Londoner U-Bahn verschwunden ist. Ich dagegen habe ihn hier bei mir.«
    Er gibt mir einen kleinen Kuss, der meinen Körper zum Kribbeln bringt.
    »Dieses Lied hat mich stundenlang, ach was, tagelang gequält«, fügt er hinzu.
    |288| »Warum?«, murmle ich.
    Eine Pause. Ein Seufzer. Dann öffnen sich seine Lippen wieder, um die letzte Strophe zu beenden.
    »But it’s time to face the truth   … I will never be with you.«
    Das Lied endet, die letzten Töne verklingen und seine Stimme verstummt. Die Stille kehrt zurück und wir haben noch wehmütig die letzte Strophe im Ohr. Wie kann ein einziger Gedanke nur so viel Traurigkeit und solch eine fürchterliche Resignation zum Ausdruck bringen?
    Ich fahre ihm mit einer Hand übers Gesicht. Streichle ich ihn wirklich? Oder stelle ich mir das nur vor? Ist es die Realität oder doch nur ein Traum? Diesmal scheinen die zwei Ebenen zusammenzutreffen.
    »How I wish   … how I wish you were here
«, sage ich und stelle mir die Musik dazu vor.
    Er sieht mich an und schüttelt leicht den Kopf. Er versteht zunächst nicht, welches Lied ich meine. Ich blicke ihm fest in die Augen und warte, bis ihm die Erleuchtung kommt.
    Dann öffnen sich seine Lippen ein wenig.
»So   … so you think you can tell   … Heaven from Hell?«
, flüstert er einen Millimeter von meinem Mund entfernt und vermischt die Worte mit meinem Atem.
    So, du denkst also, du könntest Himmel und Hölle unterscheiden?
    Die Antwort liegt zwischen unseren Lippen.
    Ein Kuss. So honigsüß und bitter zugleich.
    Ein Kuss, so einzigartig wie die Sterne, die gerade aufgegangen sind und schon wieder nicht mehr scheinen.
    |289| Ein Kuss, so weich wie Gras, über das man mit nackten Füßen gelaufen kommt und das noch nass von Tau und Raureif ist. Ein Kuss voller Sonne, die durch ein kleines Fenster scheint, ein Kuss voller Liebe und ein Kuss voller Schmerz.

|290| ES IST WUNDERSCHÖN
    Wer sind wir? Was sind wir? Und wie sollten wir sein?
, frage ich mich am nächsten Morgen. Wir haben keine Schule und ich bin in Federicos Garten. Ich sehe mich um. Im Morgenlicht ist es hier einfach wunderschön.
    Fast so schön wie gestern Abend, als der Himmel voller Sterne war und der Mond nicht aufgehen wollte.
    Jede Knospe und jedes Blatt leuchten. Sie strahlen im Licht der Morgensonne, die wir normalerweise nur durch die Fensterscheiben unseres grauen und kahlen Klassenzimmers sehen können.
    Heute machen wir ein Spiel, ein einfaches und lustiges Spiel, und das geht so: Wir sind das, was wir sind, und alles andere ist uns vollkommen egal.
    Heute sind wir nicht Federico und Vittoria, wir sind keine Engel und keine Dämonen. Heute tun wir so, als wären wir zwei Personen, die einfach nur zusammen sein wollen.
    Zwei, die sich lieben.
    Und es ist nicht wichtig, ob sie das können oder ob sie das dürfen, heute ist das Blut, das in unseren Adern fließt, ganz normales Menschenblut.
    Unter dieser schönen winterlichen Sonne sind wir nicht |291| mehr ganz von dieser Welt. Nichts außer uns interessiert uns gerade.
    Es gibt nur uns und das ist das Einzige, was zählt.
    »Aber stört es denn deine Tante nicht, wenn ich hier rumhänge?«, frage ich ihn, während wir ein bisschen was für die Schule lernen, was im Grunde darauf hinausläuft, dass ich zwei Abschnitte lese, dann zur Seite linse und mir stundenlang sein konzentriertes Gesicht ansehe, während er den Lernstoff vor sich hin murmelt, als würde er ein Gebet sprechen oder etwas ganz Privates oder Geheimes beichten.
    »Nee, damit hat sie echt kein Problem«, antwortet er, wendet seinen Blick vom Text ab und hält meine Hand fest, die gerade Eselsohren an die Ecken eines

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