Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
noch nicht sicher, warum sie hier war oder warum sie mir gegenüber plötzlich solch ein Mitteilungsbedürfnis verspürte. Aber wenn sie in der Stimmung war, sich mit mir auszutauschen, dann hätte ich nichts dagegen gehabt, auch den Obstsalat, den sie sich bestellt hatte, ohne sich die Mühe zu machen, zu fragen, ob ich auch etwas wollte, mit ihr zu teilen. Und wie kam es, dass das Thema Vermeidung auf einmal solch eine wichtige Rolle bei den von der Liebe gestohlenen Träumen spielte?
Ich hatte Frauen getroffen, die es vermieden, eine Beziehung zu beenden ( bei uns ist alles gut/nichts ist vollkommen ), die es vermieden, sich auf eine neue Beziehung einzulassen ( ich treffe nie jemanden, den ich mag/ich glaube, Beziehungen sind einfach nichts für mich ), die jede Art von Intimität mieden ( alles ist viel einfacher, wenn ich nur für mich sorgen muss/aus dem Alter bin ich raus ), die die Wahrheit mieden ( Jenny ). Es schien fast so, als hätten wir unser Leben doch sehr viel besser unter Kontrolle, als wir dachten. Was bedeutete, dass Chad kürzlich mit seiner Theorie, dass viele dieVerantwortung mieden, vielleicht doch nicht ganz falschgelegen hatte. Denn sogar wenn wir wussten, dass Gefahr im Verzuge war, so wie Jenny, schienen wir in der Lage zu sein, die Sache zu ignorieren, bis wir uns bereit fühlten, uns dem Problem zu stellen. Wie war das möglich? Wie war es möglich, dass ich mich bewusst oder unbewusst dazu entschieden hatte, Gabriels Verhalten zu ignorieren? Ich hatte mir doch damit nur selbst wehgetan, bis es schließlich gar nicht mehr auszuhalten war. Warum hatte Jenny sich entschieden , die betrügerischen Umtriebe ihres Mannes zu ignorieren? Vermeidung und Entscheidung – das war eine seltsame Kombination, aber beides schien Hand in Hand zu gehen. Es war fast so, als würde beides zusammengehören. Ich fragte mich, wie viele andere Frauen in genau dieser Minute etwas vermieden, und wenn sie es taten – warum ?
„Jenny, darf ich dir eine Frage stellen? Was willst du jetzt machen? Hast du einen Plan? Gibt es irgendetwas, das du nicht getan hast, weil du …“ Ich verstummte, war einfach nicht tapfer genug.
„Gibt es irgendetwas, das ich nicht getan habe, weil ich mich verliebt habe?“ Sie hob eine erschreckend perfekte rechte Augenbraue. „Ja. Ich habe es nie geschafft, nicht verliebt zu sein. Immer war da ein Ehemann, ein Freund, ein anderer Mensch. Was ich wegen all der Männer nicht hatte, war, keinen Mann zu haben. Ich bin ziemlich viel gereist. Ich habe zum Glück einen Job, der mir Spaß macht. Ich bin sicher, dass ich jetzt, wo ich wieder Single bin, alle möglichen Arten von Sex mit allen möglichen Männern haben werde und all die anderen ‚Dinge‘ machen kann, von denen die Leute sagen, dass sie sie vermisst haben. Worauf ich mich aber am meisten freue, ist das Alleinsein. Ich möchte mir und Nathanial beweisen, dass ich es allein schaffe. Außerdem meint mein Agent, dass die Öffentlichkeit sehr interessiert an Frauen ist, die sich nach einer gescheiterten Ehe daranmachen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Offenbar ist es so, dass die Leute sich eher mit einer Person identifizieren können, wenn sie auch ein gestörtes Liebesleben hat“, sie nahm einen kleinen Löffel voll Obstsalat und schob dann die Schüssel von sich, so als wäre sie satt.„Aber mein Agent meinte auch, man müsse wie Phönix aus der Asche steigen, sonst würde man wie ein jämmerlicher Schwächling mit gebrochenem Herzen dastehen.“
„So wie ich, meinst du?“
„Kate, es ist wichtig, dass man wieder aufsteht, wenn man niedergestreckt worden ist.“
„Ich kann aufstehen. Ich bin aufgestanden. Ich bin bereit für die nächste Runde.“
„Wirklich, Kate? Es wirkt eher so, als würdest du noch immer flach auf dem Boden liegen.“ Ich saß ihr gegenüber auf einem Stuhl.
Sie drehte sich wieder zum Fenster, schaute schweigend hinaus, was völlig in Ordnung war, denn ich hatte die Nase voll von ihren Boxer-Metaphern und weil lang anhaltendes Schweigen mir rein gar nichts ausmacht.
Endlich tauchten Leah und Grandma doch noch auf – fünfundvierzig Minuten zu spät – und kamen zu uns an den Tisch. Mit offenem Mund und großen Augen starrten sie Jenny an und schwiegen ebenfalls. Ich kam mir inzwischen schon vor, als hätten hier alle ein Schweigegelübde abgelegt.
Grandma machte schließlich einen Schritt nach vorn und schüttelte begeistert Jennys Hand.
„Es ist eine wahre Freude, Sie
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