Die Liebe ist ein Dieb und der Pirat der Träume (German Edition)
durchaus möglich, dass ich beides falsch interpretiert hatte.
Im schwimmenden Restaurant
„Gibt es hier noch eine zweite Brücke?“, fragte ich Federico, nachdem ich ins schwimmende Restaurant gegangen war und festgestellt hatte, dass sich mehr als zweihundert Leute dort versammelt hatten; zweihundert Leute, die es auf mysteriöse Weise geschafft hatten, an mir vorbeizugehen, ohne dass ich auch nur einen von ihnen bemerkt hatte. War ich so tief in Gedanken an Peter Parker versunken gewesen, dass es schon einem Koma glich? Verwirrt sah Federico mich an. „Federico“, flüsterte ich noch einmal, „gibt es noch eine Brücke hier, gibt es noch einen anderen Weg hierher?“
„Soll das ein Test sein?“, flüsterte er aufgeregt. „ Gibt es eine andere Brücke?“ Er öffnete die Augen so weit, dass ich schon Angst bekam, sie könnten herausfallen.
„Was?“, fragte ich.
„Was?“, fragte auch er. „Weißt du, Kat-kins, ich fand schon immer, dass es viele verschiedene Wege und viele Brücken gibt“, erläuterte er und nickte dazu vehement. „Du bist eine Dichterin, Kat-kins“, stellte er fest, ehe er mich auf die Wange küsste und davonschlenderte. Ich hörte ihn noch murmeln: „Es gibt immer eine andere Brücke, Federico Cagassi, vergiss das nie.“
„Von nun an agieren wir weltweit, Schätzchen“, sagte Grandma, während sie an mir vorbeimarschierte und die Tür zum Restaurant schloss, sodass niemand hinausgehen und niemand hereinkommen konnte, und dabei wusste ich noch nicht einmal, ob Peter schon dawar oder ob die Tupperdose mit den Erdbeercremepralinen den Weg zum Büfett gefunden hatte.
Grandma drückte einen Knopf auf einer Fernbedienung, und sämtliche elektronisch gesteuerten Rollläden vor den Fenstern schlossen sich. Auf einmal standen wir alle im Dunkeln. Plötzlich leuchtete jedoch helles Licht auf, und meine Grandma, die jetzt anscheinend ein Headset trug und eine Fernbedienung in der Hand hielt, drückte einen Knopf, und eine riesige Weltkarte (wieder einmal mit einem Foto von mir – diesmal aufgenommen Mitte der Achtziger, nach einer furchtbaren Dauerwelle) schwebte langsam durch die Luft, bis sie sich hinter ihr befand und von Scheinwerfern angestrahlt wurde. Es war das erste Mal, dass ich an die Decke des schwimmenden Restaurants geschaut hatte. Dort befanden sich mehr Kabel, Drähte und Scheinwerferinstallationen als in der O 2 -Arena. Was, zum Teufel, trieben die Alten hier, wenn hier nicht gegessen wurde?
„Hallo, darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?“ Sämtliche Lichter wurden gedimmt, mit Ausnahme eines Scheinwerfers, der direkt auf Grandma gerichtet war. Aus dem Hintergrund erklang dramatische Musik. Wer koordinierte das alles? „Bitte, setzt euch alle.“ Die Gäste gehorchten. All die vielen Leute, die einen völlig unbekannten Weg benutzt hatten, um zu mir zu gelangen, setzten sich auf meiner seltsamen Abschiedsparty hin. Ich entdeckte Teilnehmerinnen aus dem Moppel-Camp, die sich zu den Pepperpots-Rentnern gesellten, Julio und Edmundo sowie die Traumräuber-Tanzcrew, Beatrice, die sich mit Jane und James unterhielt. Mary hatte neben einem Teller mit Würstchen Stellung bezogen, und Leah trug einen schlafenden Henry im Arm. Chad stand in der Nähe von Delaware und starrte sie an, während Loosie sich hektisch Notizen machte. Sogar Jenny Sullivan war hier – mit einem eigenen Kamerateam, das wer weiß was filmte. Ich entdeckte die Gesichter von Freunden, Familie, Kollegen, Frauen, deren Leben sich hoffentlich zum Besseren gewandelt hatte. Das einzige Gesicht, das ich nicht entdecken konnte, war das von Peter.
„Wir alle haben das Projekt ‚Was die Liebe mir gestohlen hat‘begleitet, und einige von uns haben auch daran teilgenommen“, begann Grandma. „Wir haben einen genaueren Blick auf uns selbst und auf unser Leben geworfen, wir haben unsere Entscheidungen infrage gestellt, haben uns Dinge zurückerobert, die wir vielleicht verloren hatten, als wir uns verliebt haben. Einige von uns haben sich dadurch verändert“, fuhr sie fort und schaute zu Mary. „Einige von uns haben anderen geholfen“, diesmal blickte sie zu Federico. „Und uns alle hat es bewegt oder sich in irgendeiner Form auf uns ausgewirkt. Sei es durch die Erkenntnis, dass es einen Teil von uns gab, den wir vergessen hatten, oder durch die Feststellung, dass die Liebe uns nicht nur Freude bereitet hat, oder vielleicht, indem wir aufstehen und sagen mussten, dass wir unter den gegebenen
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