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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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unter den Augen. Seine Lider sind schwer. Die Jogar ist in der Stadt, er weiß es, er denkt an sie, und das sieht man.
    Julie verschränkt die Arme.
    »Hast du sie wiedergesehen?«, fragt sie.
    »Hör auf …«
    »Womit?«
    Er geht auf sie zu.
    »Nerv mich nicht, Julie.«
    Sie senkt den Blick. Er hat ihr alles beigebracht, wie man richtig atmet, spricht, sich bewegt. Der Körper muss dem Text dienen, immer.
    Er hat ihr beigebracht zu fordern.
    »Ich nerve nicht, ich will es wissen.«
    »Ich mische mich auch nicht in dein Leben ein.«
    »Meinst du Damien? Damien liebt mich, und ich liebe ihn.«
    Er drückt seine Zigarette aus. Er geht zu ihr und presst sie an sich, mit geschlossenen Armen.
    »Du liebst ihn nicht.«
    Julie wehrt sich. Er zwingt sie stehen zu bleiben. Ihr Haar riecht nach Sonne, er vergräbt sein Gesicht darin, es riecht auch nach Rauch.
    Auf dem Platz zieht eine Theatergruppe singend vorbei, mit Trommelwirbel, er klingt wie Donner.
    Odon lässt sie los.
    »In fünf Minuten … Vier jetzt noch.«
    1 Samuel Beckett (1970, dt. Der Verwaiser ).

J ulie kippt den zu Pulver zermahlenen Ton in die Schüssel, fügt Wasser hinzu und rührt. Der Brei wird glatt.
    Sie beugt sich darüber.
    »Es riecht nach dem Fluss«, sagt sie.
    Sie taucht die Hand hinein, nimmt etwas Ton und streicht ihn über ihren Hals. Sie streicht ihn auch über ihr Haar und über ihre Beine.
    Sie lächelt den Jungs zu.
    »Danach werdet ihr eine ganz weiche Haut haben.«
    Dieser Ton ist ihr Kostüm. Sie tauchen die Hände hinein, bedecken ihre Haut damit, ihre Kleidung, Hose und Jacke bei den Männern, den Rock bei Julie. Wenn es trocknet, wird der Ton grau, löscht ihre Gesichtszüge aus, entstellt ihre Gesichter.
    Es wird noch heißer.
    »Man erkennt sich gar nicht mehr«, sagt Damien.
    Odon sieht sie an.
    »Wenn ihr fertig seid, nehmen wir uns den Anfang noch mal vor.«
    Die ersten Minuten, Julies langer Monolog. Die Inszenierung ist streng. Die Probe angespannt.
    »Warum ist es so heiß?«
    »Das liegt an der Klimaanlage …«, sagt Jeff.
    Julie probt allein.
    » Ist es im Bauch der Götter wie in meinem, der gleiche unerträgliche Lärm? «
    »Deine Stimme, einen Ton tiefer, heiser.«
    Sie fährt fort.
    » Die Unschuld ist eine Illusion, und die Städte sind voller Schuldiger … Ich gehe, ohne zu wissen, wohin. «
    Sie spricht weiter.
    Unaufhörlich muss sie von vorn anfangen. Odon hat große Autoren auf dieser Bühne inszeniert. Er will, dass Nuit rouge perfekt wird.
    Er nimmt Yann am Arm, ändert seine Position.
    »Was du sagst, hängt auch davon ab, von wo aus du schaust.«
    Damien hat die Nase voll. Er sagt, das habe doch alles gar keinen Sinn mehr, mit dem Festival sei es aus und vorbei.
    Odon will davon nichts hören. Er will spielen, auch wenn er der Einzige ist in einer toten Stadt.
    Er wird nicht laut.
    »Ich frage mich, warum wir das alles machen«, sagt Chatt’.
    »Was, das?«
    »Spielen, proben, einander ertragen.«
    Odon zündet sich eine Zigarette an, die Flamme des Feuerzeugs beleuchtet die beiden tiefen Falten, die seinen Mund einrahmen.
    »Fürs Geld natürlich, es ist die Verlockung des leicht verdienten Geldes … weswegen sollten wir es sonst tun?«, sagt er und bläst den Rauch in die Luft.
    Julie lacht sich halb kaputt.
    Sie öffnet ihr Handtäschchen aus künstlichen Perlen, holt Zitronenbonbons heraus und gibt jedem eins.
    Das Handy vibriert in ihrer Tasche. Eine SMS .
    »Mama will wissen, ob ich heute Abend spiele …«
    Sie tippt ein paar Worte, eine rasche Antwort.
    Nathalie ist Chefredakteurin bei der Lokalzeitung in Avignon. Sie kennt alle Stimmungen dieser Stadt, alle Gerüchte. Mit den Jahren hat sie sich einen guten Ruf erworben. Alles, was veröffentlicht wird, geht über ihren Schreibtisch.
    Und sie liebt ihre Tochter.
    »Es müsste schon gehen«, sagt Odon. »Ich verspreche euch nicht das Blaue vom Himmel herunter, aber es müsste gehen …«

S ie gehen hinaus, um Flyer zu verteilen, Körper und Gesichter mit Ton beschmiert. Greg geht voraus, Damien, Yann, Julie und Chatt’ folgen. Die Schaulustigen treten zur Seite, um sie durchzulassen, man schaut sie an, fotografiert sie.
    Sie sind Statuen aus Lehm.
    Sie verteilen Flyer. Zwei Stunden lang, in den Straßen und auf den Terrassen der Cafés. Tonfarbene Schweißperlen rinnen über ihre Schläfen. Andere Theatergruppen verteilen neben ihnen Flyer, auf denselben Terrassen, drei Clowns auf Mofas, Mönche mit blauen Perücken, weiter entfernt

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