Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
Vom Netzwerk:
also parkten sie oben an der Steilküste. Das Meer lag vor ihnen, ein drei Meter tiefer Abgrund, er ließ die Scheibenwischer eingeschaltet.
    »Trinken wir auf unsere Fehler …«
    Sie bestellt einen Kiss me boy . Hebt ihr Glas, stößt mit ihm an.
    »Hast du nach mir mit vielen Frauen geschlafen?«
    »Mit Tausenden …«
    Er streichelt ihre Wange und lässt die Hand in ihr Haar wandern. Lange Zeit hatte er die Hoffnung gehabt, sie könnten ohne einander glücklich sein.
    »Aber unter deinen Kleidern habe ich das Paradies gefunden.«
    Sie presst ihre Lippen auf seine Hand.
    »Hast du mich sehen wollen, um mir das zu sagen?«
    »Nicht wirklich.«
    Sie dreht ihr Glas. Eine Haarsträhne fällt auf ihre Wange. Immer dieselbe Strähne, sie streicht sie hinters Ohr, vergeblich, schon im nächsten Augenblick fällt sie zurück.
    Sie trinkt einen Schluck.
    Er erzählt ihr von Marie.
    Er erzählt ihr von ihren Besuchen, ihren Fragen, alles, was er von ihr weiß, wie sie das Manuskript von Anamorphose gefunden hat.
    »Sie weiß, dass du es überarbeitet hast, um es spielen zu können. Sie weiß auch, dass es unter deinem Namen gedruckt wurde.«
    Er erzählt ihr nicht, wie Selliès gestorben ist. Alles Übrige schon, das kann sie hören, doch das eine behält er für sich.
    »Noch etwas?«, fragt sie.
    Er schüttelt den Kopf.
    Die ganze Zeit, während er spricht, behält sie die Lippen am Glas.
    »Erinnerst du dich, du wolltest es verbrennen …«, sagt sie, als er fertig ist.
    »Nicht verbrennen, zurückschicken.«
    »Das ist das Gleiche … Seine Mutter wollte es nicht.«
    Sie gibt dem Kellner ein Zeichen, bestellt ein zweites Glas und gesalzenes Knabberzeug.
    »Dieser Text war zu schön, man konnte ihn nicht so lassen … Und den Toten gibt man nie etwas zurück.«
    Odon verfolgt mit den Augen die Bewegungen des Kellners, der das Glas füllt und Oliven und Toast auf den Tresen stellt.
    »Sie will dich treffen, über all das mit dir reden.«
    Die Jogar bricht in Gelächter aus.
    »All das? Was soll das heißen? … Ich will weder mit ihr noch mit irgendjemandem darüber reden.«
    Sie kratzt am Fleisch einer Olive, Picholine-Oliven, die besten.
    »Ich habe nur gerettet, was gerettet werden musste.«
    Er nickt.
    Sie zwingt sich zu lächeln. Sie mag es gar nicht, sich Gedanken machen zu müssen. Das Theater ist ihr Territorium, ihre Heimat, nichts als eine schöne Illusion, aber damit kann sie leben, darin fühlt sie sich zu Hause. Das ist der einzige Boden, auf dem sie gehen kann.
    Sie isst eine weitere Olive, spuckt den Kern aus. In ein paar Tagen wird sie zurückfahren, sie hat Arbeit, muss den Text über Verlaine lernen. Freunde treffen.
    Es ist heiß.
    Ihre Haut ist feucht.
    Sie nehmen ihre Gläser und gehen zum Rauchen auf den Bürgersteig.
    »Erinnere dich, wir waren dreißig …«
    »Du warst dreißig.«
    Sie lächelt.
    Die Nacht riecht gut, eine Mischung aus Geißblatt, Rosen- und Lavendelduft. Sie beschließen, Marie zu vergessen und das Thema zu wechseln.

D amien verbringt Stunden auf seiner Bank. Nur hundert Meter liegen zwischen seinem Platz und dem Chien-Fou. Er hat eine Reihe weißer Gestalten auf die Lehne geklebt und ein von einem Pfeil durchbohrtes Herz.
    Er beobachtet die Leute. Dieser Platz ist nicht nur der größte der Stadt, er ist auch voller Leben. Die Leute treffen oder begegnen sich, man geht sich aus dem Weg, man trennt sich. Man sieht auch Hunde und ein paar Katzen.
    Damien behauptet, er könne erkennen, wer im Viertel lebt und wer von woandersher kommt.
    Er behauptet, er schlafe dort und der Wind sei sein Kopfkissen.

M arie betrachtet sich im Badezimmerspiegel. Ein Lipgloss ist dort vergessen worden, sie verteilt ein wenig davon auf ihren Lippen. Eine Cremetube, sie öffnet sie, riecht daran. Sie ist es nicht gewohnt, sich zu schminken. Sie verteilt etwas Puder auf ihren Wangen. In einem Zug hat sie einmal eine Handtasche geklaut. Darin befand sich eine Puderdose von Dior. Sie hat sie ihrer Mutter geschenkt. Ihre Mutter hat sie geohrfeigt, die Puderdose jedoch behalten.
    Marie geht aus dem Haus.
    Sie lässt das Foto von Isabelle auf dem Rand ihres Himmelbetts ausdrucken.
    Das nackte Fleisch, die Schatten und das weiche Material des Stoffs. Der Blick vor allem, die offenen Augen, der abwesende Blick. Das Foto ist perfekt. Sie will es im Eingangsbereich des Chien-Fou ausstellen.
    Odon ist dort, regelt Kartenprobleme mit Festivalbesuchern.
    Marie befestigt das Foto neben den anderen. Man könnte

Weitere Kostenlose Bücher