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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudie Gallay
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Bevor man in den Zug steigt, zögert man und bleibt auf dem Bahnsteig.
    Julie sagt, dass sich viel Geld in Odiles Stiefeln befunden habe, genug, um ein Leben lang Schulden zu haben.
    Sie flüstert ihr die Summe ins Ohr.
    »Dann ist sein Traum sinnlos«, sagt Marie.

E in Traum von drei Männern«, sagt Isabelle. »Ohne sie wärst du nicht hier.«
    Sie legt die Zeitschrift auf den Tisch.
    Auf der Titelseite René Char, Jean Vilar und Christian Zervos.
    »Mit diesen Männern hat alles angefangen.«
    Sie zeigt ihr den Artikel im Innern. Im Papstpalast gab es eine Picasso-Ausstellung, sie hatten die Idee, sie mit ein paar Theaterstücken zu ergänzen, und nannten es Semaine d’art dramatique .
    Isabelle legt ihre Hand auf Maries Gesicht.
    »Hättest du keine Lust, Theater zu spielen?«
    »Ich habe keine Stimme.«
    »An einer Stimme kann man arbeiten. Mathilde hat sehr erfolgreich an ihrer gearbeitet.«
    Marie verspannt sich, als sie den Namen Mathilde hört.
    Isabelle zieht ihre Hand zurück.
    Marie lässt den braunen Umschlag auf den Tisch gleiten.
    »Odon sagt, ich hätte nicht das Recht, es auszustellen, ohne es Ihnen zu zeigen.«
    Isabelle zieht die Augenbrauen hoch. Sie rückt ihre Brille zurecht und nimmt das Foto heraus, setzt sich.
    Es zeigt sie auf dem Himmelbett. Ist sie wirklich so alt? Sie schämt sich ihrer Hände. Morgens sieht sie im Spiegel immer nur Teile, Wangen, Lippen, Hals, Haar. Ist sie dieses Gesicht geworden?
    Sie sieht Marie über ihre Brille hinweg an.
    »Wen glaubst du damit zu verzaubern?«
    Marie senkt den Blick.
    Isabelle wendet ihren ab. Man sollte darüber lachen. Es würde sogar zum guten Ton gehören, die Gleichgültige zu spielen. Schmetterlinge sammeln Blütenstaub in den Balkonblumen, mehr als zehn, die alle gleich aussehen, sie schlagen mit ihren blassgelben Flügeln.
    »Die musst du aufnehmen!«
    Sie betrachtet erneut das Foto, diesen merkwürdigen Körper auf dem Bettrand. Sie hat nicht den geringsten Anlass, darüber zu lächeln! Werden die Tage, die ihr noch bleiben, erträglich sein? Wird sie den kommenden Tag lieben können? Und wenn ihr noch zehn oder zwanzig bleiben, wird sie sie ebenfalls lieben können? Und wenn es nur eine Stunde ist, sie trotzdem lieben …
    »Bin ich wirklich so?«
    »Sie sind schön«, sagt Marie.
    Isabelle überlegt, was sie sagen soll, und steckt das Foto in den Umschlag zurück.
    »In diesem Fall …«
    Sie richtet sich auf und schließt die Verschlusslasche des Umschlags.
    Die Hopi-Indianer sagen, dass Fotos die Seele derer bewahren, die sich aufnehmen lassen. Wem gehört das Foto dieses Gesichts? Marie?
    Kann ein Text lebendiger sein als sein Autor? Bedeutender?
    Marie sieht, wie das Licht in Isabelles Augen zurückkehrt. Ihr Bruder hatte Flammen in den seinen. Er hatte keine Angst vor dem Tod, und doch hat der Tod ihm eine Falle gestellt.
    Isabelle gibt ihr den Umschlag mit dem Foto zurück.
    »Es gehört dir, du kannst damit machen, was du willst.«
    Sie geht zur Tür, dreht sich um.
    »Aber ich bitte dich, halte dich gerade.«

J ulie kommt nach Hause. Sie ist allein. Am Morgen, bevor sie gegangen ist, hat sie vergessen, die Fensterläden zu schließen.
    Während des Tages ist die Hitze in die Wohnung gedrungen.
    Sie ist wie eine Mauer.
    Julie nimmt eine kalte Dusche.
    Damien will ein Kind von ihr. Er will noch andere ernste Dinge. Er hat mit ihr darüber gesprochen.
    Sie legt sich auf das Bett. Die Baumwolllaken sind zerknittert, vom Waschen dünn geworden. Sie würde gern schöne Laken kaufen, aus Perkal, ohne Blumen, aber in schönen Farben.
    Die Hitze ist sogar in die Matratze gedrungen.
    Sie schläft spät ein. Träumt von Bäumen, die brennen, von Eichhörnchen, die mit ihren Jungen fliehen.
    Als sie aufwacht, ist es fast Mittag.
    Sie nimmt einen Rock aus dem Wandschrank, eine indigoblaue Tunika, die siebte Farbe des Regenbogens, eine nicht ganz klare Mischung aus Blau und Violett.
    Sie verlässt die Wohnung.
    Sie kauft zwei Hamburger und Getränke. Kehrt zur Place des Châtaignes zurück und stellt die Tüte auf Damiens Knie. Er blickt hinein.
    »Heute Abend machen wir Crêpes auf dem Kahn, kommst du?«
    »Ich habe hier zu tun …«
    Er nimmt ihre Hand, drückt einen langen Kuss darauf, die Handfläche ist weich wie ein Nest.
    »Siehst du den jungen Mann da, der in die Bäckerei geht?«
    Sie dreht sich um.
    Irgendein x-beliebiger junger Mann, mit einem kleinen Kopf auf einem sehr langen Körper.
    Damien fährt fort.
    »Er kommt jeden Tag

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