Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
Frau lief etwas unschlüssig hinter ihr her, während sie sich im Haus umsah, deshalb musste Karen dann doch nachfragen: „Haben Sie selbst Interesse an dem Haus?“
„Oh nein, ich soll es für meine Chefin anschauen.“
„Ach so“, nickte Karen.
„Ich arbeite in einem Buchladen hier in der Gegend und unsere neue Chefin kommt von weiter weg, deshalb möchte sie gerne hier her ziehen und hat mich gebeten, dass ich für sie suche.“
„Sie wird sich das Haus aber schon noch selbst anschauen, oder?“
„Das weiß ich ehrlich gesagt nicht“, die junge Frau wirkte sehr unsicher und Karen wurde die ganze Sache immer suspekter, je länger die Hausbesichtigung dauerte.
„In welcher Buchhandlung arbeiten Sie denn, Frau äh?“
„Staller“, antwortete sie, „ich arbeite bei Martins Leseecke. Es ist ein eher kleiner Laden, ich weiß nicht, ob sie den kennen.“
„Nein, der sagt mir wirklich nichts“, meinte Karen und wurde das Gefühl nicht los, dass hier etwas nicht stimmte. Da sie keine Lust hatte, nach dem Flop mit Sarah auch noch auf irgendwelche Diebesbanden reinzufallen, sah sie demonstrativ zur Uhr. „Es tut mir leid, aber mir ist gerade eingefallen, dass ich noch einen Termin habe. Ich muss Sie also bitten, zu gehen.“
„Das macht nichts. Es war nett von Ihnen, dass es überhaupt so spontan geklappt hat“, sagte die Frau nun wieder etwas gelöster. „Haben Sie Bilder und Daten zu dem Haus im Internet oder muss man sich über einen Makler informieren?“
„Weder noch, also ich bin selbst Maklerin. Das Haus ist noch nicht im Internet eingestellt. Wenn Sie noch Fragen haben oder ihre Chefin das Haus selbst mal besichtigen will, dann rufen Sie mich doch vorher an.“ Karen reichte ihr eine Visitenkarte. Sie gab dieser zwielichtigen Person zwar ungern ihre Nummer, aber auf dem Schild am Fenster hätte sie die genauso ablesen können. Trotzdem war sie froh, als die Frau wieder aus ihrem Haus war. Sie ging sofort ins Internet und suchte nach dem Buchladen. Tatsächlich fand sie Martins Leseecke im Nachbarort. Sie rief unter der aufgeführten Telefonnummer an, aber da es schon nach achtzehn Uhr war, hatte der Laden nicht mehr geöffnet. An diesem Abend schloss Karen ihre Haustür vorsorglich von innen ab und ließ auch sämtliche Rollläden herunter. Am Sonntagabend wiederholte sie das Spiel. Am Montag versuchte sie es dann noch einmal bei dem Buchladen und ein Mann meldete sich am Telefon: „Martins Leseecke, Schubert am Apparat.“
„Guten Morgen, ich wollte fragen, ob eine Frau Staller bei Ihnen arbeitet?“
„Ja, die gibt es hier.“
„Ist das eine eher zierliche Frau mit Brille?“
„Ja, das ist richtig. Wofür wollen Sie das wissen?“, wunderte sich nun der Herr am anderen Ende der Leitung.
„Ich war letzte Woche bei Ihnen und hatte mich wegen einem Buch beraten lassen. Ich war mir nur nicht mehr sicher, wie ihre Kollegin hieß“, log Karen schnell.
„Wir haben nur eine Verkäuferin mit Brille. Von daher wird es Frau Staller gewesen sein. Kann ich ihr was ausrichten?“
„Nein danke, ich komme persönlich wieder vorbei.“
„Ist gut. Dann noch einen schönen Tag.“
„Danke, gleichfalls.“ Karen atmete tief durch, als sie wieder aufgelegt hatte. Scheinbar stimmte die Geschichte. Vielleicht hatte sie auch nur langsam Verfolgungswahn. Sie würde sich einfach überraschen lassen, ob sich die Dame noch einmal meldete.
Die nächsten Tage zogen sich wie ein Kaugummi. Da Karen nicht viele Kundentermine hatte, hatte sie um so mehr Zeit zum Nachdenken, was ihr gar nicht lieb war. Auch sollte sie sich endlich darum kümmern, ihr Haus ins Internet zu stellen. Aber jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte, sträubte sich alles in ihr. Im tiefsten Inneren wollte sie doch gar nicht ausziehen. Das ganze Gerede, von wegen das Haus wäre ihr zu groß, das war alles Schwachsinn. Karen wusste auch genau, was wirklich dahinter steckte. Sarah hatte ihr mit ihrem plötzlichen Verschwinden viel mehr weh getan, als sie sich eingestehen wollte und da sie ihre Wut und ihren Schmerz darüber nicht an ihr oder an jemand anderem auslassen konnte, suchte sie ein anderes Ventil. Auch wenn das bedeutete, dass sie sich selbst dafür bestrafte. Es war völlig bescheuert. Karen hätte am liebsten laut geschrieen und um sich geschlagen. Sie fühlte sich wie in einer Sackgasse und wollte einfach nur, dass es wieder weiter ging. Selbst wenn sie dafür diesen radikalen Weg einschlagen musste, den sie doch gar
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