Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
ein Licht auf.
„Sie haben uns die Motorradsachen geliehen.“Jetzt erkannte Sarah die Frau vor ihr wieder.
„Und Sie haben sich am nächsten Tag einfach aus dem Staub gemacht und haben ein Häufchen Elend zurück gelassen.“ Anita biss sich auf die Zunge. Genau das wollte sie doch nicht sagen.
„Ist Karen auch hier?“ Sarah blickte suchend zur Tür. Karen hatte es jedoch noch rechtzeitig geschafft, sich hinter dem Türrahmen zu verstecken. „Können Sie mir sagen, wie es ihr geht?“
„Können schon, aber ich glaube nicht, dass ich das sollte.“ Anita wollte sich gerade umdrehen und gehen, da hielt Sarah ihre Hand fest.
„Bitte, ich muss es wissen.“ Sarah sah sie flehend an.
„Sagen wir mal so, sie hat nicht gerade gejubelt, nachdem Sie weg waren.“
„Setzen Sie sich doch noch kurz zu mir.“ Sarah stand auf und zog einen zweiten Stuhl zum Tisch. Anita sah sich zunächst unsicher um. Da sie Karen nirgends sehen konnte, entschloss sie sich, noch kurz Platz zu nehmen. Aber nur, um der Dame gegenüber mal gehörig die Meinung zu sagen.
„Ich kann mir vorstellen, dass Karen ziemlich sauer auf mich ist. Es war wirklich nicht die feine Art, wie ich mich verhalten habe.“
„Das können Sie laut sagen und dass sie so plötzlich wieder auftauchen mit einem Urwald im Gepäck, das macht die Sache auch nicht besser.“
„Zumal ich ohnehin zu spät gekommen bin. Durch meine Feigheit habe ich alles kaputt gemacht.“
„Zu spät? Wie meinen Sie das?“ Anita wollte jetzt doch wissen, wovon die andere sprach.
„Ich hatte gehofft, dass ich es noch rechtzeitig schaffe, mich bei Karen zu entschuldigen und ihr alles zu erklären.“ Sarah stockte.
„Ihr was zu erklären?“, fragte Anita ungeduldig, „jetzt lassen Sie sich doch nicht alles aus der Nase ziehen.
„Dass ich gegangen bin, weil ich mich in sie verliebt habe.“
„Und den Blödsinn soll ich glauben?“, sagte Anita trocken.
„Doch, es stimmt. Ich weiß nicht, wie viel Ihnen Karen erzählt hat. Ob sie Ihnen auch gesagt hat, dass ich mich erst kurz vor dem Urlaub von meiner Freundin getrennt hatte. Eine Welt war für mich zusammengebrochen und ich musste einen freien Kopf bekommen. Glauben Sie mir, ich hatte während meinem Urlaub mit allem gerechnet, nur nicht mit einem Menschen wie Karen. Es hat mich umgehauen, wie herzlich sie mich aufgenommen hat, obwohl wir uns doch gar nicht kannten. Die kurze Zeit, die wir miteinander verbracht haben, hat gereicht, um mich zu verzaubern. Aber genau das war auch der Punkt, warum ich gegangen bin.“
„Das verstehe ich jetzt nicht.“
„Ich wusste nicht, wie ich meine Gefühle einordnen sollte. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich mich tatsächlich so kurz nach der Trennung von Christine wieder Hals über Kopf verliebt hatte. Ich habe mir eingeredet, dass es nur ein Abenteuer war, um über Christine hinweg zu kommen. Ich hatte einfach Angst, dass es sonst wieder weh tun würde, wenn ich mehr zulassen würde. Ihr genauso wie mir. Ich bin die ganze Nacht wach gelegen und habe versucht, Ordnung in mein Gefühlschaos zu bringen. Mit dem Ergebnis, dass ich am Ende der Nacht nicht nur fix und fertig war, sondern auch der festen Überzeugung, dass ich sowieso nicht gut genug für Karen wäre, falls sie von mir auch mehr gewollt hätte. Auch musste ich damit rechnen, dass ich nur ein Vergnügen für eine Nacht für sie gewesen war und weil ich genauso wenig eine Abweisung von ihr ertragen hätte, bin ich lieber abgehauen.“
„Und wie kam es dann zu dem Sinneswandel, wenn ich fragen darf?“ Anita wusste immer noch nicht, ob sie glauben sollte, was Sarah ihr da erzählte.
„Ich konnte sie nicht vergessen. Ich dachte, wenn ich wieder zu Hause bin, dann kann ich mich Ablenken und dann denke ich bald nicht mehr an sie. Aber das Gegenteil war der Fall. Es wurde immer schlimmer. Ich bin fast verrückt geworden, so sehr hat sie mir gefehlt. Ich hätte sie gerne angerufen und ihr alles erklärt, aber ich habe mich nicht getraut. Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin wieder zu ihr runter gefahren. Ich habe mir selbst quasi als Vorwand den Termin in dem Buchladen für die Lesung organisiert, damit ich auf jeden Fall hier her fahren musste, und nicht im letzten Moment noch einen Rückzieher mache. Vor dem Haus hat mich dann aber wieder der Mut verlassen und ich wollte gehen. Da habe ich dann das Schild in ihrem Fenster gesehen, dass das Haus zu verkaufen ist. Ich konnte es nicht
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