Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
solche Sachen.“
„Die würde ich gerne sehen“, grinste Anette.
„Aber nach dem Essen. Nicht dass doch noch der eine oder andere Regenwurm aus der Kiste kommt.“
Regenwürmer fanden sich in der Angelausrüstung keine mehr. Dafür hatte der Opa tatsächlich Tanjas alte Köder sorgfältig aufgehoben. Während Tanja sie in den Händen hielt, stiegen die Tränen in ihr hoch. Anette ließ sie weinen und streichelte ihr über den Rücken.
„Weißt Du, ich habe Opa Alfons wirklich sehr viel zu verdanken. Er war immer für mich da.“
„So wie er mir im Krankenhaus erzählt hat, konnte er sich auch immer auf Dich verlassen.“
Tanja sah Anette fragend an.
„Ja glaubst Du denn, ich kaufe die Katze im Sack?“, zwinkerte Anette sie an. „Ich habe mich bei Deinem Opa natürlich ausführlich über Dich informiert, bevor ich versucht habe, bei Dir zu landen“, lachte sie dann.
„Na warte, dass wirst Du bereuen.“ Tanja stürzte sich auf Anette, um sie durchzukitzeln. Hierbei flog der Angelkoffer um und die einzelnen Fächer öffneten sich. Mitten in ihrer Kitzelattacke hielt Tanja inne. „Was ist das denn?“ Sie zeigte auf den Angelkoffer, wo plötzlich ein paar 100-Euro Scheine zum Vorschein gekommen waren. Tanja öffnete den Koffer nun komplett und starrte mit offenem Mund auf die Geldbündel, die im untersten Fach des Koffers lagen. Anette griff hinein und hielt ein paar Hunderter in ihrer Hand. „Da ist noch was“, sagt sie und gab Tanja einen Brief, auf dem „Für meinen Sonnenschein“ stand.
„So hat er mich als Kind immer genannt“, erklärte Tanja. „Machst Du ihn bitte auf?“
„Soll ich ihn auch vorlesen?“ Tanja nickte. „Mein kleiner Sonnenschein“, begann Anette, „Du hattest es nicht wirklich leicht im Leben und trotzdem bist Du Dir immer treu geblieben und hast mich sehr stolz gemacht. Ich möchte, dass Du Dir mit diesem Geld einen Traum erfüllst. Egal, ob eine Wohnung oder eine Weltreise. Gib es aus und freue Dich darüber. Und sag bloß nichts Deiner Tante davon, sonst hetzt sie Dir nur ihre Anwälte auf den Hals. Ich liebe Dich über alles. Dein Opi.“
Anette ließ den Brief sinken und sah Tanja an. Die starrte immer noch fassungslos auf das viele Geld. „Meine Tante hat also doch nicht gesponnen.“
„Wie es aussieht, nicht.“
Eine Weile saßen sie schweigen da und Tanja kuschelte sich an Anette, die sie in die Arme nahm. Irgendwann begann Tanja, das Geld zu zählen. „Es sind fast fünfzigtausend Euro“, sagte sie ungläubig, als sie fertig war.
„Da hat Dein Opa wirklich einiges angespart.“
„Und was mache ich jetzt damit?“
„Das, was Dein Opa wollte. Dir einen Traum erfüllen.“
„Das sagt sich so leicht.“
„Wieso? Würde das zusammen mit Deiner Abfindung nicht reichen, um den Sportladen zu übernehmen?“
„Doch, ich denke mal, den Rest als Kredit aufnehmen, das würde ich stemmen können. Aber wie soll das gehen? Meine Tante würde doch sofort Lunte riechen und ich wäre die Hälfte des Geldes schneller wieder los, als ich das Wort `Pflichtteil´ sagen könnte.“
„Dann müssen wir das irgendwie anders machen.“
„Einen Lottogewinn vortäuschen? So etwas klappt nicht.“
„Jetzt sei doch mal nicht so negativ. Ich habe da vielleicht eine Idee. Du musst mich mal kurz entschuldigen.“ Anette griff zu ihrem Handy und ging in den Nebenraum. Ein paar Minuten später kam sie strahlend zurück. „Versprich mir, dass ich bei der Einweihung Deines neuen Sportladens dabei sein darf.“
„Versprochen.“ Tanja war wirklich gespannt, was Anette für eine Idee hatte.
„Meine Eltern werden Dir einen Kredit geben.“
„Hä? Aber das Geld habe ich doch schon.“
„Das weiß ich. Es wird auch nur auf dem Papier so sein. Damit Deine Tante keinen Ärger machen kann. Meine Eltern haben genug Geld. Da fällt so eine Summe nicht wirklich auf. Offiziell zahlst Du bei meinen Eltern in Raten den Kredit ab. Das Geld bekommst Du natürlich in bar wieder von mir zurück. Na, was meinst Du?“
„Das ist genial. Aber wieso machen Deine Eltern das für mich? Sie kennen mich doch gar nicht.“
„Irgendwie doch. Ich habe ihnen nämlich schon das ganze Wochenende von Dir erzählt. Einzige Bedingung ist, dass sie Dich vorher gerne persönlich kennen lernen möchten, um sich zu überzeugen, dass Du wirklich so wunderbar bist, wie ich ihnen erzählt habe. Denn sie wollen da verständlicherweise sicher sein, wenn ich sie schon zu so krummen Dingern
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