Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
verhängnisvollen Anziehung auf.
Eine Frau beispielsweise gab an, dass sie von einem Mann fasziniert war, weil er so ein »intensives Interesse« an ihr hatte. Später gingen ihr seine Besitz ergreifende Art und seine Eifersucht auf die Nerven.
Ein Mann war von der Schönheit einer Frau hingerissen, auf Anhieb konnte er zehn Eigenschaften ihres Körpers nennen, die er für außergewöhnlich attraktiv hielt (das Gesicht, die Beine, das Haar...). Er trennte sich schließlich, weil die Beziehung »nur aus körperlichen Aspekten« bestand. [145]
Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, heißt es, sie könnten in Erfüllung gehen. Doch wie lässt sich dieser seltsame Widerspruch erklären? Woher kommt es, wenn die anfängliche Faszination nur kurze Zeit später in Irritation umschlägt?
Um herauszufinden, was eine »fatal attraction« auszeichnet, was der Motor ist, der dieses Muster antreibt, verglich die Psychologin die Partnerschaften, die auf Grund einer verhängnisvollen
Anziehung in die Brüche gegangen waren, mit den restlichen Beziehungen. Gab es vielleicht etwas, das sich als besonders verhängnisvoll für ein Paar erweisen würde?
Offenbar gab es da was. Bei den »fatal attractions« tauchte, im Vergleich zu Beziehungen, die aus anderen Gründen gescheitert waren, bemerkenswert oft ein bestimmtes Wort auf. Es war das Wort »Unterschiede«.
Damit ist die Psychologin, ohne direkt danach zu suchen, einer alten Frage der Partnerschaftspsychologie auf die Spur gekommen, genau genommen sind es zwei Fragen: Ziehen Gegensätze sich an? Oder gesellt Gleich und Gleich sich gern? Felmlees Befund legt nahe: Gegensätze können sich – zunächst – anziehen.
Wie ist es bei Ihnen? Fasziniert es Sie, wenn jemand Eigenschaften hat, die Sie selbst nicht haben? Finden Sie es spannend, wenn ein Mann oder eine Frau einmalig ist, anders als die anderen, und damit auch anders als Sie?
Viele Menschen antworten auf diese Fragen mit »ja«. Nicht nur Diane Felmlee, auch weitere Wissenschaftler, etwa die Psychologin Elaine Hatfield, haben nachgewiesen, dass Gegensätze eine starke Anziehungskraft auf uns ausüben können. [146] Aber warum?
Die Beziehung als Therapie
Während Psychologen erforschen, wie sich frisch Verliebte von langjährigen Ehepaaren unterscheiden, verfolgen Biologen die Verwandlungen, die sich in unserem Kopf abspielen, wenn die Leidenschaft in Liebe übergeht.
Einen ersten Hinweis fand die Psychiaterin Donatella Marazziti aus Pisa. An einer Gruppe von zutiefst verliebten Studenten und Studentinnen hatte sie entdeckt, dass bei ihnen der Botenstoff Serotonin auf ein krankhaft niedriges Niveau abgesackt war. Auch bei Zwangspatienten befindet sich die Serotoninkonzentration im Keller.
Ein bis anderthalb Jahre nach dieser Untersuchung nahm die Psychiaterin sechs ihrer vormals liebeskranken Versuchspersonen
noch einmal unter die Lupe. Alle sechs waren inzwischen eine Bindung mit ihrem Schwarm eingegangen. Dabei hatte sich ihr Geisteszustand offenbar beruhigt. Die fixe Konzentration auf den Geliebten bzw. die Geliebte war zurückgegangen. Die Leidenschaft hatte sich gelegt.
Erneut machte die Psychiaterin einen Bluttest und warf einen Blick auf das Serotonin. Das Resultat: Nicht nur der Geisteszustand der Studenten hatte sich normalisiert, auch der Serotoninspiegel in ihrem Körper war auf Normalniveau angestiegen. [164]
Ein ganz ähnlicher Genesungsprozess lässt sich bei Zwangspatienten beobachten. Behandelt man diese mit Medikamenten, die das Serotonin im Kopf ankurbeln, steigt der Spiegel des Botenstoffes, die Folge: Die Neurose entschärft sich. [165] Man kann also sagen, dass sich die feste Beziehung für die Liebeskranken wie eine kleine Therapie ausgewirkt hatte.
Diese Rückkehr zur Normalität ergibt auch Sinn. Sobald sich eine Bindung gefestigt hat, ist es vernünftig, dass wir zur Besinnung kommen und unsere Aufmerksamkeit wieder auf die Alltagsgeschäfte lenken können, auf die Arbeit, auf die liegen gebliebene Steuererklärung oder unsere vernachlässigten Freunde.
Dennoch müsste es Liebesstoffe geben, die dafür sorgen, dass wir unseren Partner von nun an nicht etwa links liegen lassen. Tatsächlich sind Biologen solchen biochemischen Bindemitteln, die zwei Menschen dauerhaft zusammenhalten, in den letzten Jahren auf die Spur gekommen.
Moleküle der Monogamie
Haben Sie schon einmal vom perfekten Mann geträumt? Haben Sie ihn sich gewünscht, ihn herbeigesehnt? Wie stellen Sie ihn sich vor?
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