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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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knallroter Krawatte. Aber welcher von beiden war es? Die Ungewissheit wurde umso quälender, als wir uns bei dem einen bedanken und den anderen maßregeln mussten. Da bewährte sich wieder Amirs Instinkt. Er machte sich an den Zahnarzt heran und trat ihm ans Schienbein. Der Zahnarzt nahm das widerstandslos hin. Kein Zweifel, die edle Spende stammte vom Krawattenträger.
    Heftigen Unwillen rief bei uns allen das Geschenk eines Frankfurter Juden namens Jakob Sinsheimer hervor, das aus einem Holzschnitt seiner Geburtsstadt bestand. Was uns erbitterte, war nicht die Wertlosigkeit des Blattes, sondern die auf der Rückseite angebrachte Widmung: »Meinem lieben Kobi zur Bar-Mizwa von seinem Onkel Samuel.« Wir gossen ein wenig Himbeersaft über Herrn Sinsheimers Anzug und entschuldigten uns.
    Inzwischen begrüßte Amir die letzten Gäste. »He!«, rief er. »Wieviel?«
    Er hatte sich zu einem richtigen Monstrum ausgewachsen, seine blutunterlaufenen Augen lagen in den Höhlen, seine Krallenhände zitterten vor Gier, sein ganzer Anblick war so abscheulich, dass ich mich abwandte und in den Lagerraum flüchtete, wo ich die beste Ehefrau von allen in flagranti erwischte, wie sie sich mit Golda Meirs Lebenserinnerungen aus dem Staub machte.
    Allein geblieben, befeuchtete ich Daumen und Zeigefinger und begann die Schecks zu zählen. Guter Gott, welch eine Verschwendung! So viel Geld in einem so armen Land wie dem unsern! Der Gedanke, dass mein missratener Sohn über all diese Summen verfügen könnte, hatte etwas höchst Beunruhigendes. Ich ließ ihm ein paar niedrige Schecks und nahm die anderen an meine väterliche Brust.
    Nein, ich hatte kein schlechtes Gewissen. Es war nur Recht und billig, was ich tat. Hatte ich nicht in seine Erziehung eine Menge Geld investiert? Und wer hatte für diesen kostspieligen Festempfang gezahlt? Na also. Er soll arbeiten gehen und Geld verdienen. Schließlich ist er heute zum Mann geworden.

Reisen bildet
    Als mein Töchterlein Renana zwölf Jahre alt wurde, also nahezu an der Schwelle der weiblichen Reife stand, nahm ich sie zur Seite und fragte sie, mit welchem Geschenk ich sie an diesem außerordentlichen Geburtstag wohl am meisten erfreuen könnte. Natürlich war die tragbare Mini-Stereo-Apparatur nicht als Geschenk zu bezeichnen, weil sie ja heutzutage als unumgängliche Lebensnotwendigkeit betrachtet werden muss.
    »Ich«, sagte meine herangereifte Tochter, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, »ich will nach Paris.«
    Damit konnte kein Mensch rechnen. Nicht einmal ich.
    »Paris?« Ich wollte es bestätigt haben. »Wieso Paris?«
    »Was?«
    Sie sagt immerzu »Was?«, ehe sie eine Frage beantwortet. Sie scheint das für ihre persönliche Note zu halten, eine Art von Vorwahlnummer.
    »Ich habe dich gefragt«, wiederholte ich geduldig, »warum du nach Paris willst.«
    »Weil es im Ausland ist.«
    »Im Ausland ist vieles«, sagte ich. »Vergiss diesen Unsinn und denk dir ein vernünftiges Geschenk aus. Schließlich bist du kein Baby mehr.«
    Dieses Gespräch hatte ich völlig verdrängt, bis meine Tochter an ihrem Geburtstag an der Hand ihrer Mutter einem Flugzeug entstieg und Pariser Boden betrat. Ich ergriff ihre freie Hand und wir begaben uns zu dritt in unser Hotel, um uns in einem Eineinhalb-Zimmer-Apartment gemütlich einzurichten. Für das Pariser Geburtstagsfestival hatten wir ganze fünf Tage vorgesehen, also begann die beste Ehefrau von allen, mit meiner Unterstützung in unserem halben Zimmer die Koffer auszupacken, während Renana sich malerisch auf dem einzigen Recamier-Sofa des ganzen Zimmers drapierte und blasiert zur Decke starrte. »Uff«, schien ihr Blick zu sagen, »was jetzt?«
    Der Vorwurf in ihren Augen war unübersehbar. Wozu in drei Teufels Namen hatten wir sie in diese verlauste Stadt geschleppt?
    »Hör mir zu, mein Kind«, sagte ich zu meinem Kind, »wir sind nicht zu deiner persönlichen Unterhaltung da. Also such dir eine Beschäftigung, bis wir mit dem Auspacken fertig sind. Da drüben steht ein Fernsehapparat.«
    »Was?«
    »Fernsehapparat.«
    Renana schleppte sich zum TV-Gerät und drückte missmutig einige Knöpfe. Nach wenigen Sekunden waren auf dem Bildschirm die markanten Züge des Präsidenten Mitterrand zu sehen.
    »Der spricht ja Französisch.« Renana war angewidert.
    In der Schule hatte sie drei Jahre lang Französisch gelernt, meine Renana. Der Taxichauffeur am Flughafen entdeckte – vielleicht wegen ihrer roten Haare – eine gewisse Affinität zu

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