Die liebe Verwandtschaft
Wie gefällt Ihnen New York?«
»Sehr gut, danke.«
»Waren Sie schon im Theater?«
»Noch nicht, aber ich habe für übermorgen eine Karte zu einem erfolgreichen Musical, und was mein eigenes Stück anlangt …«
»Jakobovskys Speiseöl kocht von allein«, bemerkte Frau Traubman freundlich. »Für eine leicht verdauliche und dennoch nahrhafte Mahlzeit – für Sirup und Salat – für Gebäck und Gemüse – nur Jakobovskys Speiseöl! Was meinst du, Max?«
Das war keine rhetorische Frage. Sie richtete sich vielmehr an den mürrischen Glatzkopf von vorhin, der seine Zeitungslektüre mit sichtlichem Widerwillen unterbrach und sich ein wenig zum Mikrophon vorbeugte. Er war, wie ich später erfuhr, der politische Kommentator und Theaterkritiker des Senders, half aber auch bei den Werbespots der Fanny-Swing-Show mit.
»Jakobovskys Speiseöl ist das beste koschere Öl der Welt«, bestätigte er. »Nichts schmeckt besser als Jakobovsky!«
Er schmatzte hörbar mit den Lippen und vertiefte sich wieder in die Lektüre seiner Zeitung.
»Jakobovskys Speiseöl enthält kein Nitroglyzerin«, resümierte Fanny Swing und dann war wieder ich an der Reihe. »Sie schreiben Ihre Gedichte allein, Herr Kitschen?«
»Ja«, antwortete ich, »danke.«
»A schein git’n Tug«, ließ Fanny sich daraufhin vernehmen. »Mein Großvater hat immer jiddisch gesprochen, wenn er wollte, dass wir Kinder ihn verstehen. Er hat auch Gedichte geschrieben. Nicht jiddisch, sondern russisch. Gott hab ihn selig.«
Ich konnte geradezu spüren, wie mein Ruhm von Minute zu Minute wuchs. Dank meiner Teilnahme an dieser grandiosen Sendung würde er demnächst Alaska erreicht haben. Es war ja auch wirklich keine Kleinigkeit, in der Fanny-Swing-Show mitzuwirken. Manch einer würde sich das etwas kosten lassen und ich durfte es ganz umsonst tun. Tante Trude bezifferte den Höreranteil auf 55 Prozent im Schatten. So etwas will ausgenützt sein.
»Jiddisch und Russisch sind schöne Sprachen«, sagte ich. »Was mich betrifft, so schreibe ich Hebräisch.«
»Wie schön!«
»Ja, danke.«
»Ich für meine Person habe keine Sorgen mit dem Essen«, tröstete mich Frau Traubman. »Jakobovskys Speiseöl kocht von allein. Ob Fleisch- oder Teigwaren, ob Braten oder Beilagen – es gibt nichts Besseres als Jakobovskys Speiseöl. Nicht wahr, Liebling?«
»Ich koche nur selten«, antwortete ich, »aber …«
Fanny Swing machte eine nervöse Gebärde zum mürrischen Glatzkopf hin, der die Situation sofort erfasste.
»Jakobovskys Öl ist koscher bis zum letzten Tropfen. Für mich gibt’s nur mit Jakobovskys Öl zubereitete Speisen.«
»Schmackhaft und leicht verdaulich – kein Nitroglyzerin – wenn Öl, dann Jakobovsky!«, bekräftigte Fanny, ehe sie sich aufs Neue mir zuwandte.
»Herr Friedmann, wo werden Sie zu den Feiertagen singen?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden«, sagte ich wahrheitsgemäß.
»Wir alle kommen in Ihre Synagoge, um Sie zu hören.«
»Das freut mich.«
»Ich bin sicher, dass Sie großen Erfolg haben werden, Herr Friedmann.«
»Wie sollte ich nicht?«, fragte ich. »Mit Jakobovskys Speiseöl gibt’s keinen Fehlschlag.«
»Sehr richtig. Es kocht von allein.«
»Jakobovskys Speiseöl ist das beste«, ergänzte ich bereitwillig. »Hab ich nicht recht, Max?«
»Für mich gibt’s nur Jakobovsky«, improvisierte Max.
»Koscher, schmackhaft und leicht verdaulich.«
Ich schnalzte mit den Lippen ins Mikrophon.
Frau Traubman-Swing sah nach der Uhr.
»Vielen Dank, Herr Friedmann. Es war schön, Sie als Gast in unserem Studio zu haben und einmal aus wirklich kompetentem Mund etwas über den israelischen Synagogengesang zu hören. A git’n Tug und Schalom!«
»Schalom und Salat!«, erwiderte ich.
»Und Sirup!« Meine amerikanische Karriere war nicht mehr aufzuhalten.
Apollo-11-Mission
»Ephraim«, sagte meine Schwiegertochter, »dein Enkel ist sauer.«
Die Vorbereitungen für die Purimfeier befanden sich auf ihrem Höhepunkt. Der gesamte Kindergarten zog in einer ordentlichen Formation aus Piraten und Polizisten an unserem Haus vorbei, nur unser kleiner Rudi zog einen Fluntsch und sah zornig auf sein herrliches Kostüm, das seine Mami ihm in mühevoller Handarbeit angefertigt hatte: Hosen mit Fransen, Gummistiefel, ein breit krempiger Hut, der Gürtel mit der goldenen Schnalle und als Höhepunkt das verdammte Schießeisen. Die perfekte Ausrüstung eines waschechten Cowboys lag verschmäht in einer Ecke des Zimmers und unser
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