Die Liebe zu Rosen mit Dornen
dann wieder zurück zur Station. »Gut gemacht, Gal«, sagt eine Schwester. Ich bedanke mich. Ich habe sie noch nie gesehen. Wenn ich wieder ins Krankenhaus gehe, werde ich sie alle kennenlernen.
Mein Blick fällt auf die Tafel hinter ihr. GARNER 314 steht da. WALTERS 320.
»Mark Walters?«, frage ich unwillkürlich.
Sie nickt.
Ich bezweifle, dass sie mir erzählen wird, weshalb er hier ist, und ich will nicht, dass sie mich davon abhält, also schiebe ich meine Gerätschaften so schnell ich kann zu Zimmer 320.
»Miss Garner!«, ruft mir die Schwester nach. »Sie können sich jetzt ausruhen.«
»Eine Runde noch.« Ich bleibe vor dem Zimmer 320 stehen. Die Tür ist offen, die Vorhänge um beide Betten sind zugezogen.
Vorsichtig schlurfe ich hinein. »Mark?«, sage ich.
Eine Pause, dann ein Grunzen. »Wer ist da?«
»Gal. Wo sind Sie?«
»Erste Tür.« Er hustet.
Ich teile den Vorhang.
Er sieht schrecklich aus. Er ist vor lauter Flüssigkeit so aufgequollen, dass ich ihn kaum wiedererkenne. Wie ein Luftballon, auf den jemand mit Filzstift ein Gesicht gemalt hat. Nur seine Haare und der Schnauzbart verraten ihn. »ScheiÃe, Mark, was ist passiert?« Ich ziehe den Vorhang gar nicht erst hinter mir zu.
»Und ich soll auf meine Ausdrucksweise achten â¦Â« Er bringt ein kraftloses Lächeln zustande. »Leberinfektion.«
»Oh.« Ich setze mich.
»In ein paar Tagen bin ich wieder okay.« Er klopft auf die Bettkante. »Haben Sie Karten mitgebracht?«
»Ich bin auch hier im Krankenhaus.« Ich deute auf meinen Tropf.
»Hab ich gar nicht mitgekriegt. Bin momentan nicht besonders helle.« Mit drogentrüben Augen sieht er mich an. »Immerhin können Sie rumlaufen.«
»Stimmt.« Ich nicke. Im Gegensatz zu Ihnen, möchte ich sagen.
»Bringen Sie nächstes Mal Karten mit. Ich brauche nur eine Hirnhälfte, um Sie zu besiegen.« Er lacht.
»Mach ich.« Meine Mutter hat ein Kartenspiel in ihrer Handtasche. Hat sie immer, wenn sie ins Krankenhaus kommt. »Dann spielen wir.«
Aber er ist schon eingeschlafen.
Die Schwester streckt ihren Kopf herein. »Da sind Sie ja. Ihre Mutter sucht Sie.«
Ich stehe auf. »Wird er wieder gesund?«
Sie weicht meinem Blick aus. »Bestimmt.« Eine Nichtantwort, die Privatsphäre sichern soll. Ich verstehe schon.
»Helfen Sie mir bitte mit dem Tropf.« Wir treten auf den Flur hinaus, wo meine Mutter und Riley warten.
32
Bevor ich das Krankenhaus am nächsten Morgen verlasse, sehe ich noch mal nach Walters. Er schläft. Ich nehme mir vor, ihn in den nächsten Tagen anzurufen.
Am Wochenende werde ich davon geweckt, dass ich drauÃen jemanden graben höre. Mr Morton, mein Vater, Riley und Zoe haben Dads Pick-up rückwärts an meinen Vorgarten herangefahren. Er ist voller Erde. Eifrig sind sie damit beschäftigt, den vertrockneten Rasen abzutragen.
»Was soll das werden?« Ich winke Mr Morton zu.
»Wie gehtâs?« Er schützt seine Augen mit einer Hand und sieht zu mir auf. Er trägt ein Muscle Shirt, aus dem seine Brustbehaarung hervorlugt. Ich laufe rot an. Mein Körper verrät mich auf so vielfältige Weise.
»Der Meeresgarten natürlich.« Riley hört nicht auf zu graben. »Mann, Tante Gal, der Boden hier drauÃen ist echt nicht so toll!«
»Ich weiÃ. Den Garten hinterm Haus musste ich ganz neu anlegen. WeiÃt du noch, Dad?«
Dad â mit seinem groÃen Strohhut â hört auch nicht auf zu graben. »Ich weiÃ. Wir hatten diesen kleinen Bagger gemietet. Den könnten wir jetzt auch brauchen.«
»Wir schaffen das schon. So groà wird das Beet ja nicht. Zwei mal sechs Meter.« Mr Morton breitet die Arme aus. »Es sieht bestimmt toll aus. Die Leute werden vor Ihrem Haus anhalten, um Fotos zu machen.«
»Ich kann es kaum erwarten.« Ich ziehe meinen Bademantel fester um mich.
Mom streckt ihren Kopf zur Tür heraus. »Gal, wieso bist du aufgestanden?«
»Es geht mir gut, Mom. Deshalb durfte ich doch nach Hause.«
»Kommt rein zum Frühstück.« Sie wendet sich an die kleine Mannschaft. »Ich habe auch Kaffee gekocht. Macht mal Pause und esst was.«
Dad, Riley und Zoe winken ab. Aber Mr Morton lässt seine Schaufel stehen und kommt herein.
Ich bin mir meiner verwuschelten Haare peinlich bewusst. »Womit hat man
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