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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Dilloway
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»Ich glaub, ich ess das draußen.« Und schon ist sie weg.

13
    Ich kehre an meinen Tisch zurück.
    Rileys Stimmungsschwankungen machen mir Angst. Eben scheint sie noch ein ganz vernünftiger, halbwegs erwachsener Mensch zu sein, und plötzlich wird sie zur kreischenden Dreijährigen. Als Teenager und auch noch als Erwachsene war Becky im einen Moment lieb und nett und schon im nächsten bereit, dich abzustechen. Solange sie ihren Willen bekam, war alles okay.
    Einmal, kurz bevor ich meine neue Niere bekam, kurz bevor ich dreizehn wurde, sollte Becky auf Klassenfahrt nach Washington D. C. Aber dann kam meine Nierentransplantation dazwischen, die Rechnungen stapelten sich, und meine Mom musste Becky eröffnen, dass sie nicht mitfahren könne.
    Statt froh zu sein, dass ich noch lebte und weiter zum Triezen zur Verfügung stand, drehte sich Becky, die gerade dabei war, Teller wegzuräumen, um und ließ Moms große Platte fallen. Nicht irgendeine Platte. Die Platte, die die Mutter meiner Mutter am Hochzeitstag von ihrer Mutter gekriegt hatte und die mit Oma aus Italien hergekommen war, als sie auswanderte. Die Platte mit den gelben und blauen Blumen, die mir meine Mutter versprochen hatte, wenn ich einmal heiraten sollte.
    Ich saß am Küchentisch, in Decken eingewickelt, noch ganz benommen von dem Schnitt in meinem Rücken. »Becky!«, hörte ich meine Mutter sagen.
    Becky ging einfach raus.
    Â»Ist es schlimm, wenn ich sage, dass ich froh bin über die Erholungspause?«, flüsterte meine Mutter meinem Vater zu.
    Â»Sie geht bestimmt zu Annie.« Mein Vater nahm meine Mutter in die Arme. Annie war Beckys beste Freundin. »Sie wird schon wiederkommen.«
    Zwei Tage blieb sie weg und tauchte erst auf, als sie dazu bereit war. Meine Eltern haben nie ein Wort darüber verloren.
    Ich will nicht, dass mit Riley dasselbe passiert. Weshalb ich versucht habe, so mit ihr zu reden, wie ich es eben getan habe, damit sie weiß, wie sehr es mir leidtut, dass ich nicht da war. Es tut mir leid, dass ich nicht mit ihrer Mutter und ihrem Vater um das Sorgerecht gestritten habe, auch wenn ich es sicher nicht erhalten hätte.
    Eine tiefe Leere breitet sich in mir aus. So war mir noch nie zumute. Ich verspüre nicht den Drang, mich aufzubäumen, wie ich es tue, wenn ich mit meiner Ärztin oder meinem rebellierenden Körper umgehe. Ich fühle mich nicht mal so genervt wie sonst, wenn meine Schüler sich danebenbenehmen. Mich ergreift ein unerwartetes, überwältigendes Gefühl, gescheitert zu sein.
    Ich verschränke die Arme, überlege angestrengt, wie ich zu Riley durchdringen kann. Wenn die Methode meiner Mutter nicht besonders gut war und meine auch nichts bringt, was soll ich dann machen? Riley ist nicht ihre Mutter. Ich bin nicht meine Mutter. Es ist vertrackt.
    Wenn Rosenfreunde vorbeikommen und mir Fragen zu meiner Hulthemia stellen, antworte ich einsilbig. Ich meide jeden Blickkontakt. Irgendwann lassen sie mich in Ruhe.
    Schließlich fällt mir mein Handy ein. Ich wähle Rileys Nummer, die erste, die ich eingegeben habe. Keine Antwort. War klar. Ich lasse es noch mal klingeln, und noch mal, wähle immer wieder neu, sobald sich die Mailbox meldet.
    Fast verpasse ich die Ansage aus dem Lautsprecher, dass die Preisvergabe bevorsteht. Nur der Exodus der Teilnehmer zum Bühnenbereich sagt mir, dass irgendwas vor sich geht. Ich stecke das Handy weg und schließe mich der bescheidenen Versammlung an.
    Weil ich so klein bin, hat niemand etwas einzuwenden, als ich mich ganz nach vorn dränge. Neben mir stehen zwei Grundschüler, von denen einer größer ist als ich. Ich kann davon ausgehen, dass ich niemandem die Sicht versperre.
    Miss Lansing steht auf einer flachen Bühne hinter einem abgewetzten Holzpult vor einem blechernen Mikrofon, das jedes Mal eine schrille Rückkopplung erzeugt, wenn sie zu laut spricht, was oft vorkommt, da sie sich mit der Technik nicht auszukennen scheint. Aus meiner Perspektive kann ich die blaugrünen Adern sehen, die sich kreuz und quer über ihre Beine ziehen wie Straßen auf einer Landkarte. Sie zieht eine Grimasse, als sie mich ansieht, als könnte sie meine Gedanken lesen, und wippt auf ihren pinken Zehen.
    Â»Es ist mir eine Ehre, Ihnen als Jurorin zu dienen«, sagt sie und bringt den üblichen Sermon, wie toll alle sind, wie wundervoll die Rosen sind, wie schwierig es in allen

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