Die Liebe zu Rosen mit Dornen
kennengelernt habe. Sie ist immer noch so stark geschminkt wie damals. Dem Veranstaltungsort am Meer entsprechend trägt sie offene Sandalen mit knallrosa Nagellack. Sie beugt sich herüber und haucht mir einen Kuss auf die Wange. Ich verziehe ein wenig das Gesicht. »Wie geht es Ihnen, Galilee?«
»Auf so einer kleinen Show hätte ich Sie gar nicht vermutet.« Ich schüttle ihre Hand und stelle ihr Riley vor.
»Herzchen, wenn man mir das Hotel bezahlt, fahre ich sonst wohin.« Sie würdigt meine Nichte kaum eines Blickes, lässt die Rose nicht aus den Augen. »Duft?« Sie beugt sich vor und schnüffelt. Sie macht sich keine Notizen auf ihrem Block. Ihr Bleistift bleibt in der Tasche.
»Kaum, aber sie gehört zu den Ãfterblühenden.«
Miss Lansing blickt auf. Dann tut sie etwas Seltsames. Sie klopft mir auf die Schulter. »Ich freue mich für Sie, Gal.«
»Danke?« Ich bin völlig verwirrt.
»Sie sollen wissen, dass ich Sie in unseren Gebetskreis in der Kirche aufgenommen habe.« Ihr Lippenstift blutet in die feinen Fältchen um ihren Mund.
»Danke«, wiederhole ich. Byron muss ihr von meiner Niere erzählt haben. Von mir hat sie es bestimmt nicht.
Noch einmal klopft sie mir schwer und übertrieben vertraut auf die Schulter, dann geht sie weiter.
»Liegt es an mir, oder war da was komisch?«, frage ich Riley.
»Definitiv komisch.« Riley ist ganz meiner Meinung.
Jetzt können wir nur noch auf die Ergebnisse warten.
Wir machen einen Rundgang. Byron ist natürlich nicht da, und ich kenne niemanden näher, also muss ich auch niemanden grüÃen. So mag ich es. Ohne Verpflichtung.
Ich erkläre Riley die unterschiedlichen Rosen und raune ihr im Vorübergehen die besten Eigenschaften zu. »Was glaubst du, welche âºQueen of Showâ¹ wird? AuÃer meiner.« Ich erkläre ihr, dass es zwar Preise in jeder Kategorie gibt, die Queen aber aus allen Kategorien kommen kann. Es ist die beste Rose von allen.
Wir schlendern die Gänge auf und ab und sehen uns unabhängig voneinander die Rosen aus der Nähe an. Mir gefällt eine orangefarbene Zwergrose mit würzig-süÃem Duft. Jede Blüte scheint aus hundert Blättern zu bestehen.
SchlieÃlich bleibt Riley an einem Tisch im vierten Gang stehen. »Die hier.« Riley zeigt auf eine groÃe weiÃe Rose mit hellrosa Rändern und dunkelrosa Herz. Sie steht in einer hohen Vase, mit langem Stiel, etwas abseits der anderen Blumen des Ausstellers. Den halben Gang weit ist der Duft zu riechen, erstaunlich, wenn man bedenkt, wie viele Rosen es in diesem Raum gibt. Es handelt sich um eine Moonstone-Rose, ein hübscher Name und ein prächtiges Exemplar, auch wenn es keine neue Rose ist wie meine.
»Und wieso?« Ich frage sie, um herauszufinden, ob sie mitbekommen hat, was ich ihr erklärt habe, obwohl es schien, als gäbe sie sich alle Mühe, bloà nicht zuzuhören. Ich erwarte, dass sie mit den Achseln zuckt und sagt, sie weià es nicht.
Sie stutzt und neigt den Kopf, umkreist die Rose. Der Aussteller, ein Mann von Mitte sechzig, mustert sie besorgt, als wollte sie sich auf seine Blume stürzen und sie zerpflücken. Was immerhin eine Möglichkeit wäre, Wettbewerber auszuschalten.
Riley zählt die Eigenschaften an ihren Fingern ab. »Leuchtendes Grün. Erstklassiger Duft. Keine Spuren von Befall. Sie sieht fast aus wie eine Seidenblume, nur besser.« Sie wendet sich dem Mann zu. »Wie haben Sie das hinbekommen?«
»Geheimdünger.« Er zwinkert ihr zu. »Ich schreibe dir das Rezept auf.«
»Danke. Ich gebe es an meine Tante weiter. Sie züchtet Rosen.«
Moment mal. Der Mann will mir einfach so sein Geheimrezept verraten? Ich hoffe, das wird kein Sabotageversuch mit Arsen oder so was, um meine Pflanzen umzubringen.
»Sie brauchen Kaffeesatz und Luzerne«, sagt er und kritzelt die Zutaten auf die Rückseite einer Serviette. »Ich bin schon seit dreiÃig Jahren dabei, die Zusammensetzung zu perfektionieren.«
»Wow. Fast so lange, wie meine Tante alt ist.«
»DreiÃig ist doch gar nichts«, sage ich und finde, dass man mit dreiÃig noch gar nicht so alt ist.
»O doch. Das ist lange.« Riley nimmt die Serviette von dem Mann entgegen und nickt.
»Ich kann nicht fassen, dass Sie so freigebig sind«, platze ich heraus.
Er lacht, klickt auf seinen Kugelschreiber und
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