Die Liebe zur Zeit des Mahlstaedter Kindes
empfindlich wie Nadelkissen.
Dann ging das Licht wieder aus.
– So, ich rühr mich nicht mehr, sagte Greith. Macht, was ihr wollt.
– Vierzehn, sagte Kaiser laut. Hab ich vorhin dreizehn gesagt? Er wird vierzehn, nächsten Monat.
– Von mir aus können wir auch im Finstern weiterreden, sagte Gruber.
– Wie ihr wollt, sagte Greith.
– Komm, erlöse uns, sagte Gruber und schubste Daniel sanft.
Daniel bewegte beide Arme, wie ein Fluglotse, der ein über ihn hereinbrechendes Flugzeug vom Landen abhalten will. Es dauerte eine Weile, dann erbarmte sich das Licht neuerlich. Die Männer applaudierten. Greith sog die Nachtluft geräuschvoll durch die Nase ein, hielt sie dort eine Weile und atmete genüsslich aus.
– Herrlich, sagte er. Ist euch schon mal aufgefallen, dass der Sternenhimmel verschwindet, wenn das Licht im Garten angeht?
– Und so still, ergänzte Gruber und deutete auf dieleeren Balkone und die Fenster, die größtenteils erloschen waren. Alle schlafen.
– Sommernacht, sagte Greith und streichelte die Palme auf seinem Hemd.
– Ich glaube, ich werde jetzt auch schlafen gehen, sagte Daniel.
In der Wohnung schaltete Daniel das Licht in den Zimmern aus, die zum Hof blickten, sodass die Männer unten nicht sehen konnten, wann er ins Bett ging. Er vermied es, Geräusche zu machen, und saß lange bewegungslos im Dunkeln, bis er endlich schläfrig wurde.
Im Traum wurde er mit einem kilometerhohen Glockenturm konfrontiert, der ihm heisere, trockene Melodien vorspielte, von denen sich seine Fingerspitzen schwarz färbten.
10
Am nächsten Morgen glaubte Daniel den Garten leer, aber Greith, zerzaust wie ein Hund nach dem Regen, war immer noch da und brachte alles durcheinander. Die Reste des gestrigen Festes, Pappteller und Bierflaschen, hatte er auf einen Haufen geräumt, in den er anschließend mit voller Wucht getreten war. Daniel grüßte ihn vorsichtig. Greith erzählte ihm sofort, dass ihn die Männer, nachdem Daniel ins Bett gegangen war, fürchterlich ausgespottet hatten, weil er immer noch allein lebte, ohne Frau.
– Na ja, sagte Daniel.
– Auch ich bin ein Mensch, sagte Greith trotzig.
– Natürlich.
– Es mag einen ja wundern, rief Greith, aber auch mich kann man kränken.
– Ach, die haben das bestimmt nicht …
– Vor allem dieser Frischling, dieser Gerd, sagte Greith. Spielt sich auf, als wüsste er …
– Bestimmt waren alle nur ein bisschen –
– … wie viel Kinder wiegen, murmelte Greith, und sein Kinn lag fast auf seiner Brust.
Er hatte die eine Hand wieder auf sein T-Shirt gelegt. Sie blieb eine Weile dort, und die Finger bewegten sich unschlüssig hin und her, dann schoss die Hand plötzlich vor und nahm Daniel sanft bei der Schulter.
– Dinosaurier müssen gefüttert werden, sagte er. So wie ich, ich bin auch ein Dinosaurier, ein Relikt aus alten Zeiten. Aus uralten Feinschmeckerzeiten. So, jetzt wollen wir mal sehen … Ich hab doch Recht, oder? Es gibt eine Grenze für Sticheleien.
Er summte eine verwirrte, kleine Melodie, während Daniel auf die Waage stieg.
– Sicher ist dieser Gerd Kaiser gescheiter als ich, fuhr er fort, in einem gewissen Sinn, das bestreite ich ja gar nicht.
Daniel rührte sich nicht. Er war von Greith auf die metallene Standfläche der Waage gezogen worden, aber im Grunde hatte er den letzten Schritt selbst getan, aus eigenem Antrieb – nur um nicht zu stolpern, sagte er sich. Aber jetzt hielt Greith ihn dort oben fest, ja, er erhöhte Daniels Gewicht noch, indem er ihn mit seiner schweren Hand leicht nach unten presste. Er verfälscht das Ergebnis, dachte Daniel und korrigierte diesen Gedanken sofort wieder, weil er natürlich dumm und albern war. Was kümmerte ihn sein Gewicht – er wolltedoch nur runter von der Waage. Also versuchte er es und zuckte einmal vorsichtig mit den Schultern.
– Oh, sagte Greith und ließ ihn los. Entschuldige.
Der Zeiger sank erleichtert zurück und zeigte 68 Kilogramm an, sein normales Gewicht. Daniel war unendlich froh, die vertraute Zahl zu sehen. Fast hatte er schon ein völlig unmögliches Ergebnis erwartet, ein dreistelliges Monster, dem er vielleicht nicht gewachsen gewesen wäre. Er drehte sich um und wollte schon von der Waage steigen – das dringende Bedürfnis, zu duschen –, doch Greith versperrte ihm den Weg. Nicht absichtlich, wie Daniel feststellte, denn Greith achtete gar nicht auf ihn. Greith wühlte in seinen Hosentaschen, fand schließlich, was er gesucht hatte, und hielt
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