Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
Vom Netzwerk:
bist.«
    »Hier ist es zwar trockener, aber auch nicht viel wärmer«, erwiderte er. Er umarmte Babuschka, die sich kaum noch aufrecht halten konnte, kniff Marina in die Wange und drehte sich dann zu Tatiana um, die verlegen an der Tür stand und sich an der Messingklinke festhielt. Sie auch zu berühren brachte er nicht über sich, obwohl er sie mit seinen Blicken verschlang. Stattdessen winkte er ihr zu und trat dann ins Zimmer. Er zog seinen Mantel aus, legte das Gewehr ab und fragte nach seiner Seife. Die Mädchen liefen um ihn herum. Dascha brachte ihm ein Stück Brot, das er ohne zu kauen herunterschlang. »Morgen ist Revolutionstag, Alexander. Kannst du etwas zu essen besorgen, damit wir ein bisschen feiern können?«, fragte Tatiana.
    »Ich besorge etwas zu essen, wenn ich in die Kaserne gehe. Das bringe ich dann morgen mit, in Ordnung?«
    »Und jetzt? Hast du jetzt auch etwas dabei?«
    »Ich komme direkt von der Front, Dascha. Ich habe nichts dabei.«
    Tatiana trat auf ihn zu. »Alexander, möchtest du eine Tasse Tee? Ich mache dir welchen.« »Ja, bitte.«
    »Ich mache das schon!«, giftete Dascha und verschwand. Alexander zündete sich eine Zigarette an und bot sie Tatiana an. »Nimm einen Zug«, sagte er leise, »hier.« Verwirrt blickte Tatiana ihn an. »Du weißt doch, dass ich nicht rauche.«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Alexander, »aber es vermindert das Hungergefühl.« Er schwieg. »Warum siehst du mich denn so an?« Er lächelte leise. »Ich genieße es, wenn du mich ansiehst«, flüsterte er dann.
    Unwillkürlich strich Tatiana ihm über den Rücken. »Shura«, flüsterte sie, »du weißt gar nicht, wovon du redest. Ich verspüre den Hunger nicht mehr.«
    Babuschka und Marina, die hinter Alexander standen, beobachteten sie, aber das war Tatiana egal. Marina trat zu ihm und sagte: »Alexander, gibst du mir eine Zigarette? Ich habe immer Hunger.«
    Alexander reichte seine Zigarette Marina, die sie ergriff und zu Tatiana sagte: »Willst du nicht auch mal ziehen? Schließlich war sie gerade in seinem Mund, Tania.« Müde und nachdenklich blickte Alexander Marina an. »Marinka«, sagte er, »rauch die Zigarette und lass Tania in Ruhe.« Dann ergriff er das Nazi-Flugblatt und bemerkte: »Um die glorreiche Revolution zu feiern, versucht der Leningrader Parteichef Zhdanow, ein paar Löffel saure Sahne für die Kinder zu organisieren. Vielleicht könnte ich ...« Er brach ab, weil er das Flugblatt gelesen hatte. »Was ist das?«
    »Ach, nichts«, sagte Tatiana und trat näher an den Tisch heran. Marina hatte sich hingesetzt. Tatiana knöpfte ihren Mantel auf und zeigte Alexander das weiße Kleid mit den roten Rosen, das sie darunter trug.
    Alexander wurde blass. »Ist das dein Kleid?«, fragte er heiser. Da Tatiana vor ihm stand, konnte nur sie den Ausdruck in seinen Augen erkennen. Sie trat einen Schritt zurück und schüttelte unmerklich den Kopf, als wolle sie sagen, nein, hör auf, dieses Zimmer ist zu klein für uns, nein, hör auf. Laut erwiderte sie: »Ja, das ist mein Kleid.« Dascha kam zurück ins Zimmer und schob die Tür mit dem Fuß zu. »Alex, hier ist dein Tee. Er ist zwar dünn, aber immerhin warm ...« Sie brach ab. »Was ist los?« »Nichts.« Alexander sah wieder auf das Flugblatt. »Was ist das?«
    Dascha blickte Marina fragend an, aber sie zuckte nur mit den Schultern, als wolle sie sagen, das weiß ich doch nicht. Tatiana stand immer noch da. »Deshalb trage ich doch mein weißes Kleid«, sagte sie zu Alexander. »Damit sie nicht auf mich schießen.«
    Alexander sprang so rasch auf, dass er den heißen Tee verschüttete. Heftig schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Bist du verrückt?«, schrie er Tatiana an. »Hast du den Verstand verloren?« Dascha packte ihn am Ärmel. »Alexander, bist du wahnsinnig? Warum schreist du sie so an?« »Tania!«, schrie er wieder und trat auf sie zu. Tatiana wich nicht zurück.
    Dascha schob Alexander weg. »Setz dich hin. Was ist denn los mit dir, warum schreist du so?«
    Alexander ließ sich nieder und blickte Tatiana finster an. Sie griff hinter das Sofa, zog einen Putzlumpen hervor und begann, den verschütteten Tee aufzuwischen.
    »Tania«, sagte Dascha, »komm ihm nicht zu nahe. Sonst wird er ..,«
    »Was werde ich?«, fragte Alexander laut.
    »Vergiss es, Dasch«, erwiderte Tatiana leise. Dann ergriff sie die leere Teetasse und ging zur Tür.
    Alexander packte sie am Arm. »Tatiana, stell die Tasse weg und geh dich umziehen.« Ohne ihren

Weitere Kostenlose Bücher