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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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das Versprechen abgenommen hast, da hätte ich dir alles versprochen. Ich tue immer, was du von mir erwartest.«
    Alexander streichelte ihren Rücken. »Nein, du tust, was dir gefällt. Du sagst, ja, Shura, natürlich, Shura. Ich verspreche es dir, Shura, ich liebe dich, Shura - aber dann machst du, was du willst.«
    »Ich liebe dich, Shura«, sagte Tatiana und Tränen traten ihr in die Augen.

    Bevor sie am nächsten Morgen auf den Flur hinaustraten, umarmte Tatiana Alexander und sagte zu ihm: »Sei nett zu den beiden.«
    »Ich bin immer nett«, erwiderte Alexander. Stanislaw und Inga saßen im Flur. Stanislaw stand auf, streckte Alexander die Hand entgegen und entschuldigte sich für sein Benehmen. Er bot Alexander sogar eine Zigarette an. »Das Leben ist im Moment für uns alle hart. Aber es dauert ja nicht ewig. Du weißt ja, was die Partei sagt, Genosse Hauptmann ...« Stanislaw lächelte. »Nein. Was sagt die Partei denn, Genosse?« »Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Wir leben schon lange so und haben uns daran gewöhnt.«
    »Aber Stanislaw«, wandte Inga in klagendem Tonfall ein, »ich möchte aber nicht so leben! Wir hatten so eine schöne Wohnung. Ich möchte wieder dorthin zurück.« Alexander blickte Stanislaw kühl an. Tatiana warf rasch ein: »Shura, ich habe kascha. Möchtest du etwas, Liebster?« Alexander nickte. Der Ausdruck in seinen Augen gefiel ihr gar nicht.
    Als Tatiana mit zwei Schüsseln kascha und einer Tasse Kaffee für Alexander wieder in den Flur kam, erzählte Stanislaw Alexander gerade, dass er und Inga seit zwanzig Jahren verheiratet seien. Sie seien beide Ingenieure und langjährige Mitglieder der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Alexander verzog sich mit seinem Frühstück ins Zimmer. Er forderte Tatiana noch nicht einmal auf, mitzukommen.
    Sie aß ihr kascha bei Inga und Stanislaw, beantwortete allerdings Ingas neugierige Fragen über Alexander nicht. Dann wusch sie das Geschirr ab, machte die Küche sauber und trat zögernd wieder in ihr Zimmer.
    Alexander packte gerade ihre Sachen in ihren schwarzen Rucksack. Er warf Tatiana einen finsteren Blick zu und fragte: »Bist du deshalb wieder hierher zurückgekommen? Hat dir das gefehlt? Fremde, Fremde aus der Kommunistischen Partei, die jedes deiner Worte belauschen? Hat dir das alles gefehlt, Tania?« »Nein«, erwiderte Tatiana. »Du hast mir gefehlt.« »Hier ist kein Platz für mich«, erwiderte er. »Es ist ja kaum Platz für dich.«
    Sie sah ihm für eine Weile zu, dann fragte sie: »Was tust du da eigentlich?«
    »Ich packe.«
    »Du packst?«, wiederholte sie und schloss leise die Tür hinter sich. »Wohin gehen wir?«
    »Über den See. Ich kann dich leicht bis nach Sjastroj bringen und dann setze ich dich in einen Armeelaster nach Wologda. Dort kannst du den Zug nehmen. Wir müssen sofort aufbrechen. Es ist weit, und ich muss morgen Abend wieder in Moro-sowo sein.«
    Tatiana schüttelte heftig den Kopf.
    »Was ist los?«, fragte Alexander ungeduldig.
    »Ich fahre nirgendwohin.«
    »Doch.«
    »Nein. Das tue ich nicht.«
    Alexander hob die Stimme: »Doch, du fährst!«
    Leise erwiderte Tatiana: »Schrei mich nicht an.«
    Alexander ließ ihren Rucksack zu Boden fallen und trat auf sie zu. »Tatiana, ich werde gleich noch etwas ganz anderes tun.«
    Tatiana straffte die Schultern und blickte ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken. Leise sagte sie: »Ich habe keine Angst vor dir.«
    »Nein!«, stieß er vor. »Offensichtlich nicht. Aber du erschreckst mich zu Tode!«
    Er hob den Rucksack wieder auf und Tatiana musste plötzlich daran denken, wie Pascha sich am ersten Tag des Krieges vergeblich dagegen gewehrt hatte, weggeschickt zu werden, und gestorben war.
    »Alexander, hör auf. Ich habe gesagt, ich fahre nirgendwohin.« »Oh doch, Tania«, sagte er. Sein Gesicht war vor Wut ganz verzerrt. »Du fährst nach Wologda, und wenn ich dich selbst dorthin bringen muss.«
    »Gut«, erwiderte Tatiana. »Sobald du weg bist, komme ich zurück.«
    Alexander schleuderte den Rucksack so fest an die Wand, dass der Putz herunterfiel. Zitternd wich Tatiana ein wenig zurück. »Verdammt noch mall«, schrie Alexander außer sich vor Wut. »Kannst du denn nicht ein einziges Mal auf mich hören und tun, was ich dir sage!« Er packte sie an den Armen und drückte sie gegen die Wand.
    »Shura, wir sind hier nicht bei der Armee«, flüsterte Tatiana mit zitternder Stimme. »Du bleibst nicht hier!« »Doch«, erwiderte sie leise.
    Es klopfte an der

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