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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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gehen.«
    »Tania, ohne dich gehe ich nirgendwo hin«, erwiderte er heftig. »Hör auf. Du musst gehen.« Er schrie sie an: »Wenn du jetzt nicht still bist...« »Alexander!«, schrie sie zurück. »Wenn du jetzt nicht aufhörst, gehe ich in die Fünfte Sowjet und erhänge mich über der Badewanne, damit du ohne mich nach Amerika fliehen kannst!« Sie starrten einander stumm an, dann breitete er die Arme aus und sie warf sich hinein. Alexander hob Tatiana hoch, drückte sie an sich und ließ sie nicht mehr los. Schweigend standen sie auf der Fontanka-Brücke.
    Schließlich sagte Alexander: »Lass uns einen Handel abschließen, Tatiascha. Ich verspreche dir, dass ich mein Bestes tue, um am Leben zu bleiben, und du versprichst mir, dass du dich von Badewannen fern hältst.«
    »Versprochen.« Tatiana blickte ihn ernst an. »Aber ich muss trotzdem noch einmal betonen, dass ich völlig Recht habe.« »Nein, du hast überhaupt nicht Recht«, erwiderte Alexander. »Ich habe dir gesagt, dass manche Dinge große Opfer erfordern, aber das gehört einfach nicht dazu.« »Nein, Alexander, du hast gesagt, alle großen Dinge sind es wert, dass man große Opfer bringt. Glaubst du denn nicht, dass dein Leben es wert ist...«
    »Tania, warum reitest du ständig darauf herum? Versetz dich doch mal eine Sekunde lang in mein Leben und versuch dir vorzustellen, welche Art Leben ich mir in Amerika aufbauen könnte, wenn ich dich hier zurückließe ...« Er schüttelte den Kopf. »Der eherne Reiter würde mich zu Recht Tag und Nacht verfolgen!«
    »Ja, das wäre eben dein Preis für Licht anstatt Finsternis.« »Aber ich will ihn nicht bezahlen!«
    »Mein Schicksal ist doch so oder so besiegelt«, sagte Tatiana ohne Bitterkeit, »aber du hast jetzt noch die Chance, meine Hand zu küssen und mit Gott zu gehen, weil du für große Dinge ausersehen bist.« Sie holte tief Luft. »Du bist der beste aller Männer.«
    »Ganz genau«, erwiderte Alexander und drückte sie fest an sich. »Ich haue nach Amerika ab und lasse meine Frau hier. Ich bin einfach nicht mit Geld zu bezahlen.« »Du bist unmöglich.«
    »Ich bin unmöglich?«, flüsterte Alexander und gab sie frei. »Komm, lass uns weitergehen, bevor wir hier festfrieren.« Eng umschlungen gingen sie den Fontanka-Kanal zum Marsfeld entlang. Dort überquerten sie den Mojka-Kanal und betraten den Sommergarten.
    Rasch gingen sie an den kahlen Bäumen, den leeren Bänken vorbei, vorbei an der Statue des Saturn, der sein eigenes Kind verschlang. Tatiana dachte daran, wie sehr sie sich, als sie zum ersten Mal hier gesessen hatten, danach gesehnt hatte, dass Alexander sie berührte - und jetzt konnte sie ihn berühren und hatte doch jedes Mal das Gefühl, dass sie nicht verdiente, was ihr zuteil geworden war: ein Leben, in dem ein Mann wie Alexander sie liebte.
    Sie verließen den Park durch die vergoldeten Eisentore am Ufer der Newa und gingen schweigend flussaufwärts. Tatiana hielt Alexander zurück und sagte rau: »Ich kann noch nicht einmal mehr durch unsere Straßen mit dir gehen.« Sie bogen zum Taurischen Garten ab. Als sie an ihrer Bank an der Ulitsa Saltykow-Schtschedrin vorbeikamen, blieben sie stehen und setzten sich für einen Augenblick hin. Zuerst saß Tatiana neben Alexander, aber dann setzte sie sich auf seinen Schoß. Sie legte den Kopf an seine Brust und sagte: »So ist es besser.«
    »Ja«, erwiderte er, »so ist es besser.«
    »Warum können wir noch nicht einmal so leben wie Inga und Stanislaw? Sie sind schon seit zwanzig Jahren verheiratet und dürfen die ganze Zeit zusammen sein.« »Weil Inga und Stanislaw Parteispione sind«, erwiderte Alexander. »Weil Inga und Stanislaw ihre Seelen für eine Zweizimmerwohnung verkauft haben, und jetzt haben sie noch nicht einmal mehr die.« Er schwieg. »Du und ich, wir erwarten zu viel von einem Leben in Sowjetrussland.« »Ich erwarte nicht zu viel«, sagte Tatiana. »Ich will nur dich.« »Ja, mich und fließendes heißes Wasser und Elektrizität und ein kleines Haus in der Wüste, und eine Regierung, die nicht für diese >Kleinigkeiten< dein Leben fordert.« »Nein«, erwiderte Tatiana kopfschüttelnd. »Nur dich.« Alexander zog ihren Schal zurecht und sah sie prüfend an. »Und einen Staat, der nicht dein Leben verlangt für meines.« »Der Staat«, erwiderte sie seufzend, »muss etwas verlangen. Schließlich beschützt er uns vor Hitler.« »Ja«, sagte Alexander grimmig. »Aber wer beschützt uns beide vor dem Staat?«
    Tatiana

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