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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Vollbeschäftigung, Alexander.«
    »Ja«, erwiderte er und ging ganz dicht neben ihr her. »In der Sowjetunion oder in ... gibt es keine Arbeitslosigkeit - und zwar aus dem gleichen Grund.«
    Tatiana lächelte ihn an und hätte ihn am liebsten als Subversiven bezeichnet, aber sie tat es nicht.
    Während sie auf die Straßenbahn warteten, sagte Alexander: »Ich habe dir etwas mitgebracht.« Er reichte ihr ein Päckchen in braunem Packpapier. »Ich weiß ja, dass du am Montag Geburtstag hattest. Aber ich bin erst jetzt dazu gekommen ...« »Was ist es denn?« Überrascht ergriff Tatiana das Päckchen. Sie hatte einen Kloß im Hals.
    Leise erwiderte er: »Bei uns in Amerika gibt es einen Brauch. Wenn du etwas zum Geburtstag geschenkt bekommst, musst du es auspacken und dich bedanken.«
    Nervös blickte Tatiana auf das Geschenk. »Danke.« Sie hatte noch nie ein Geschenk bekommen. Und es war auch noch eingepackt!
    »Nein, zuerst aufmachen! Dann darfst du dich bedanken.«
    Sie lächelte. »Was muss ich tun? Das Papier abmachen?«
    »Ja. Du musst es aufreißen.«
    »Und dann?«
    »Dann wirfst du es weg.«
    »Das ganze Geschenk oder nur das Papier?«
    Langsam antwortete er: »Nur das Papier.«
    »Aber du hast es so hübsch eingepackt! Warum sollte ich es wegwerfen?«
    »Es ist doch nur Papier.«
    »Wenn es nur Papier ist, warum hast du das Geschenk dann darin eingewickelt?«
    »Würdest du jetzt bitte mein Geschenk öffnen?«, bat Alexander.
    Eifrig riss Tatiana das Papier ab. Drei Bücher kamen zum Vorschein - ein dickes Buch von Alexander Puschkin mit dem Titel Der eherne Reiter und andere Gedichte, und zwei kleinere Bücher, eins von einem Mann, dessen Namen sie noch nie gehört hatte. Sein Name war John Stuart Mill und das Buch hieß Über die Freiheit. Es war auf Englisch geschrieben. Das dritte Buch war ein englisch-russisches Wörterbuch.
    »Englisch- Russisch?«, wunderte sich Tatiana lächelnd. »Das nutzt mir noch weniger, als du vielleicht glaubst. Ich spreche kein Englisch. Ist es dein eigenes Wörterbuch?« »Ja«, sagte er. »Und ohne das Wörterbuch kannst du den Mill nicht lesen.«
    »Vielen Dank für all die Bücher«, sagte sie. »Der eherne Reiter hat meiner Mutter gehört«, erklärte Alexander. »Sie hat ihn mir ein paar Wochen, bevor sie sie abgeholt haben, geschenkt.«
    Tatiana wusste nicht, was sie sagen sollte. »Ich liebe Puschkin«, flüsterte sie.
    »Das dachte ich mir. Alle Russen lieben ihn.« »Hast du jemals Puschkin gelesen?«, fragte sie ihn leise. »Ja«, erwiderte Alexander. Er nahm ihr das Papier aus der Hand und warf es weg. »Der eherne Reiter ist mein Lieblingsgedicht.«
    »Meins auch!«, rief Tatiana aus und schaute Alexander erstaunt an. >Entsetzlich war es seinerzeit, noch kann sich mancher gut entsinnen ... Davon will ich, ihr Freunde mein, euch zu berichten nun beginnen, und mein Bericht wird traurig sein.< »Tania, du zitierst aus Puschkin wie eine echte Russin.« »Ich bin eine echte Russin.« Ihre Straßenbahn kam.
    Am Russischen Museum fragte Alexander: »Möchtest du ein Stück laufen?«
    Sie gingen zum Marsfeld.
    »Arbeitest du eigentlich jemals?«, fragte Tatiana Alexander. »Dimitri ist in Karelien - musst du nicht auch irgendetwas tun?«
    »Ja. Ich halte mich im Hintergrund«, erwiderte Alexander grinsend, »und bringe den übrigen Soldaten bei, wie man pokert.« »Pokert?«
    »Das ist ein amerikanisches Kartenspiel. Vielleicht bringe ich es dir eines Tages auch mal bei. Außerdem bin ich der Offizier, der für die Rekrutierung und Ausbildung der Freiwilligen zuständig ist. Ich habe Dienst von morgens sieben bis abends um sechs. Und jeden zweiten Abend von zehn bis Mitternacht halte ich Wache.« Er schwieg.
    Tatiana wusste genau, dass Dascha ihn dann immer besuchen kam.
    Alexander fuhr rasch fort: »Dafür habe ich an den Wochenenden frei. Ich weiß allerdings nicht, wie lange das noch so geht. Vermutlich nicht mehr lange. Ich bin hier in Leningrad stationiert, um die Stadt zu beschützen. Aber wenn wir nicht mehr genug Männer an der Front haben, werden sie mich auch dorthin schicken.«
    Und dann wärst du nicht mehr hier bei mir, dachte Tatiana. »Wohin gehen wir eigentlich?«
    »Zum Sommergarten. Aber warte.« Alexander blieb nicht weit entfernt von seiner Kaserne stehen. Auf der anderen Straßenseite, entlang dem Marsfeld, standen ein paar Bänke. »Setz dich dahin. Ich hole uns etwas zu essen.« »Zu essen?«
    »Ja, wegen deinem Geburtstag. Wir machen ein

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