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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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darauf klingelte im Zimmer 28 des Planungsstabs VI bei der Landeswasserbehörde das Telefon. Bubrow, der gerade über einer Berechnung saß, hob unwillig ab. Die Zentrale, ein Fräulein Hupf, meldete ein Gespräch mit einem Dr. Zimmermann. Bubrow kannte keinen Mann dieses Namens, aber er zuckte zusammen, als der Gesprächspartner ihn mit: »Guten Morgen, Franz-Josef!« begrüßte.
    Bubrow lehnte sich zurück. Es war fast, als spüre er aus Moskau einen kalten Wind.
    »Womit kann ich Ihnen helfen, Dr. Zimmermann?« fragte er. »Handelt es sich um Ihren Vorschlag A 5?«
    »Ja.«
    »Also Peter Hämmerling.« Was nun kam, wußte Bubrow im voraus.
    »Haben Sie unsere Anregung geprüft?« fragte Dr. Zimmermann.
    »Natürlich.«
    »Und Sie haben einen Verbesserungsvorschlag?«
    Bubrow nickte. Das war es. Verbesserung! Moskau war unzufrieden. Man vermißte die Details.
    »Wir stehen noch im Entwicklungsstadium«, sagte er gepreßt. »Große Projekte kann man nicht aus einer Wundertüte schütteln.«
    »Das hören wir nun schon sehr lange.« A 5, nur Zwischenträger und nichts weiter als eine Stimme Moskaus, wurde privat. »Mich geht es persönlich nichts an. Nur – ich mag Sie. Und es wäre schade, wenn alles, was so gut angelaufen ist, über kurz oder lang im Eimer endete. Denken Sie mal darüber nach.«
    »Ich denke nur noch daran, Dr. Zimmermann.«
    »Was kann ich meinem Vorstand sagen?«
    »Ich werde mich bemühen.«
    »Nichts Konkretes?«
    »Nein.«
    »Sehr schade …«
    »Wenn die Herren es besser wissen, sollen sie herkommen und es mir vormachen! Ich lerne gern.«
    Peter Hämmerling legte auf. Bubrow saß noch eine ganze Weile regungslos an seinem Tisch und starrte aus dem Fenster.
    Ich könnte es, dachte er. Ussatjuk schätzt die Lage ganz richtig ein. Ich könnte von Irene mehr erfahren. Sie würde das Labortagebuch mitbringen, und ich könnte es fotokopieren oder auf Mikrofilm aufnehmen. Ich könnte sie bitten, das Experiment zu wiederholen, und dann versuchen, eine Probe dieses satanischen Präparates auf die Seite zu schaffen und nach Moskau zu schicken. Der Weg ist unkompliziert: Von A 5 nach Brüssel zu Mijnher Harrelmans. Von Brüssel mit Kurier nach Moskau. Ich könnte so vieles … Aber ich will nicht mehr!
    Er erhob sich, räumte seinen Schreibtisch auf und meldete sich bei seinem Abteilungsleiter telefonisch ab; er habe rasende Kopfschmerzen, er merke jetzt, daß er sehr föhnempfindlich sei. Welcher Münchner hätte dafür kein Verständnis? Ein Föhngeschädigter ist immer entschuldigt. Wie stets fuhr Bubrow mit der S-Bahn hinaus nach Steinebach am Wörthsee, ging zu Fuß zur Wohnung – es waren nur knapp zehn Minuten – und kaufte unterwegs im Supermarkt zwei gute Flaschen Wein, eine Keksmischung und allerlei zum Knabbern.
    In der Wohnung schloß er sich ein und begann systematisch alle Schränke und Schubladen, überhaupt alles, was sich als Versteck eignete, zu durchsuchen. Irene war erst in drei Stunden zu erwarten, überdies hatte er den Innenriegel vor die Tür geschoben.
    Er fand nichts Wichtiges. In Irenes Schreibsekretär lagen ein paar Notizen, die sich mit ihren Forschungen beschäftigten, aber sie sagten nichts aus. Ein Stapel Briefe lag in einer anderen Schublade. Absender: Hanns Heroldt.
    Bubrow las den Brief, der zuoberst lag: eine einzige Klage. Weshalb Irene nicht mehr mit sich reden ließ. Und dann war viel von Liebe die Rede. Bubrow widerstand der Versuchung, noch mehr Briefe von Hanns Heroldt zu lesen, und legte den Stapel an den alten Platz zurück. Irene hatte von Heroldt nur beiläufig gesprochen, wie von einem flüchtigen Bekannten. Doch schon dieser eine Brief bewies, daß dieser Mann in ihrem Leben eine maßgebende Rolle gespielt haben mußte.
    Bubrow spürte einen gewissen Druck auf seiner Brust. Er ärgerte sich darüber, denn Eifersucht auf Vergangenes ist das Dümmste, was einem Menschen einfallen kann. Er schob die Lade zu und suchte mit dem Instinkt eines Jagdhundes weiter.
    Endlich fand er Irenes Tagebuch. Sie hatte es dort versteckt, wo keiner es suchen würde: in ihrem Bett, zwischen Matratze und Federrahmen auf dem Matratzenschoner. Ihre Logik war zwingend: Welcher Mann macht schon so gründlich die Betten, daß er die Matratzen hochhebt?
    Bubrow blätterte schnell in dem Buch. Die Aufzeichnungen begannen ein halbes Jahr vor Sotschi, beschäftigten sich gründlich mit Hanns Heroldt, der, so wie sie ihn schilderte, eine widerliche Type sein mußte – und wechselten

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