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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch von Amerika erzählt. Er ist oft drüben, beruflich, und hat eine Menge Bekannte dort. Ein Onkel von ihm leitet ein Projekt in Maine. Die Regulierung des Brassua Lake. Eine hochinteressante Sache.«
    Sie sah ihn an, aber er wich ihrem Blick aus. Mit Dr. Ewingk hatte sie über Boris' Probleme noch nicht gesprochen. Von dem heimlichen Experiment zu erzählen, war völlig unmöglich. So freundschaftlich, ja fast väterlich Dr. Ewingk sich Irene Walther verbunden fühlte – in diesem Falle hätte er sofort die einzig mögliche Konsequenz gezogen.
    Die Forschungen der ›Bio-Agrar‹ fielen in die höchste Geheimhaltungsstufe.
    »Glaubst du, daß man dich in die USA einwandern läßt?« fragte sie.
    »Warum nicht?«
    »Als Russe?«
    »Gerade als Russe. Wo lebt Solschenizyn heute? In Vermont! Und Sinjawski? Auch in Amerika! Früher war Frankreich das Gelobte Land für russische Auswanderer, heute ist es Amerika.«
    »Wir können nicht einfach sagen: Gut, wir wandern aus! Du willst Flüsse regulieren, und ich will Kranke heilen. Sie warten nicht auf uns in den USA, Boris.«
    »Vielleicht doch«, sagte er nachdenklich. »Irininka, hast du Vertrauen zu mir?«
    »Wie ein Grashalm zu den Sonnenstrahlen.« Sie griff über den Tisch und legte ihre Hand auf seine unruhig trommelnden Finger. »Aber du bist zu vertrauensselig, Boris. Wer ist dieser Waschmittelvertreter?«
    »Er heißt Ewald Reinberg.«
    »Also ein Deutscher?«
    »Ich nehme es an.«
    »Weiß er, wer du bist?«
    »Nein. Ich habe gesagt, ich hieße Bernd Alexander. Mein etwas hartes Deutsch käme daher, daß meine Eltern aus Riga stammten. Aber das interessierte ihn gar nicht. Er – er möchte dich kennenlernen.«
    »Mich? Warum?«
    »Ich habe von dir erzählt.«
    »Was hast du erzählt?« Ihr Herz begann plötzlich zu zucken.
    »Daß du Ärztin bist.«
    »Und weiter?«
    »Weiter nichts.«
    Sie atmete auf, aß stumm ihre Nachspeise und war froh, daß auch Bubrow sich um sein Eis mit Kiwis kümmerte. »Habt ihr euch verabredet?« fragte sie schließlich.
    »Nein. Aber ich habe seine Telefonnummer. Ich soll ihn einmal anrufen. Nach 18 Uhr.«
    »Willst du?«
    »Ich weiß nicht.« Er schob sein Dessertglas von sich. »Immerhin wäre es der erste Kontakt nach Amerika, wenn alles stimmt, was er mir erzählt hat.«
    »Weißt du, wie lang der Weg ist, bis wir die Erlaubnis zur Einwanderung bekommen? Ein Berg von Papier, Vorschriften, Verordnungen, Untersuchungen! Vor allem für dich. Du bist kein Solschenizyn, kein Mann, der als Dissident ausgewiesen wurde. Du bist kein politischer Flüchtling, du wirst nicht vom KGB verfolgt, du bist nur ein ganz lieber, dummer Mann, der um meinetwillen ein Flugzeug entführt hat, und den ich liebe wie nichts auf der Welt. Das reicht aber nicht aus, um die Auswanderung in die USA zu begründen.«
    Bei dem Wort KGB hatte Bubrow kurz aufgeblickt, aber sein Gesichtsausdruck blieb versonnen.
    »Mir wird schon etwas einfallen«, sagte er. »Ich muß nur sicher wissen, daß auch du nach Amerika willst.«
    »Ich will nicht.« Sie schüttelte den Kopf. Bubrow starrte sie betroffen an. Doch dann sprach sie weiter: »Aber ich gehe dahin, wo du hingehst. Wir zwei sind eins. Ich verlasse dich nie.«
    »Ich müßte der glücklichste Mensch unter dem Himmel sein!« sagte Bubrow dumpf. »Verdammt, und ich werde es auch sein!«
    Er dachte an Brüssel, an diesen Harrelmans vom Fruchtimport, und glaubte, jetzt zu wissen, was er zu tun hatte.
    Mit einer Boeing der SABENA traf Harrelmans in München ein und stieg in einem Luxushotel der Innenstadt ab. Er bekam ein schönes Zimmer im englischen Stil mit Blick auf den Stachus, das Karlstor und die Kaufingerstraße, ließ sich einen kleinen Imbiß aus Lachs mit Kaviar und Toast bringen, mixte mit Hilfe der Minibar in seinem Zimmer einen deftigen Cocktail und erfreute sich am Anblick des brodelnden Treibens zu seinen Füßen.
    Nach einer Stunde rief er beim Landeswasserbauamt an, gab sich als Mitarbeiter einer Reißbrettfirma zu erkennen und ließ sich mit Bubrow verbinden.
    »Ich habe Ihnen ein gutes Angebot zu machen«, sagte er ohne Einleitung. »Wo können wir das besprechen?«
    »Wer sind Sie?« fragte Bubrow zurück.
    »Ich vertrete eine Brüsseler Bürobedarfsfirma. Wir haben gehört, daß Sie ein besonderes Zeichenbrett suchen. Es kann geliefert werden.«
    Bubrow blähte die Nasenflügel und schloß die Augen bis zu einem Schlitz. Die Zentrale Mitteleuropa war gekommen. Moskau handelte. Ussatjuk hatte

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