Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
da«, sagte er. »Tony! Hören Sie mich? Ballen Sie die Faust – das heißt dann ja. Strecken Sie die Hand flach aus, das heißt nein! – Hören Sie mich?«
    Bubrows Hand schloß sich zu einer Faust. Irene hätte vor Erregung schreien können.
    Sie setzte sich auf die Bettkante, streichelte über das vollkommen verbundene Gesicht und legte die Hand auf seine bloße Brust.
    »Ich bin da …« sagte sie mit bemüht fester Stimme. »Liebling, es ist alles hervorragend gelungen, sagt Prof. Tucker. Hast du Schmerzen?«
    »Er wird etwa eine Woche nicht sprechen können«, sagte Jeff Tucker fröhlich. »Der Traum von Millionen Ehemännern: – eine Woche lang eine schweigsame Frau! – Tony, wenn große Schmerzen kommen – sie dürften eigentlich nicht auftreten –, schlagen Sie mit der Faust irgendwohin. Dr. Haddix oder Vanessa werden Sie dann versorgen. Wissen Sie, wie lange Sie mich aufgehalten haben? Über neun Stunden! Und jetzt ist Schluß. Jetzt gehe ich ein Bier trinken! Und rauche eine dicke Zigarre! Mögen Sie auch so gern Bier?«
    Die Faust schloß sich: Ja.
    »Dann mal los, Tony.« Tucker klatschte in die Hände. »Ich verspreche Ihnen hoch und heilig: Das erste Getränk, das Sie wieder über Ihre Lippen schütten können, wird ein Glas Pilsener sein. Danach geht's rasend aufwärts.«
    Er klopfte Irene auf die Schulter, blinzelte ihr schelmisch zu und verließ mit strammen, kleinen Schritten das Zimmer.
    Dr. Haddix blickte ihm nach.
    »Das ist schon keine Kondition mehr«, sagte er müde, »das ist zyklopenhaft! Er ist ein Moloch; alles um sich herum frißt er auf!« Er ging zu dem Medikamentenwagen, den Schwester Vanessa hereingerollt hatte, und zog eine Spritze auf. »Ihr Mann wird etwas Fieber bekommen. Kontrollieren Sie das, oder soll Vanessa es tun?«
    »Ich mache das schon, Dr. Haddix. Sie fallen ja von den Knochen. Legen Sie sich hin.«
    »Das werde ich. Beim Gedanken ans Bett schlafe ich schon ein.« Er ging noch einmal zu Bubrow und beugte sich über ihn. »Wie klappt es mit dem Atmen? Schwierigkeiten?«
    Die ausgestreckte Hand: Nein.
    »Diesen Tag werde ich nie vergessen«, sagte Haddix und ging zur Tür. »Zu schade, daß man über diese Mammutoperation nicht schreiben darf. Bis morgen, Mrs. Jefferson.«
    »Bis morgen, Dr. Haddix.«
    Gegen acht Uhr abends setzte das Fieber ein. Nicht hoch, nur 38,8, aber Bubrows Gesicht unter den dicken Binden mußte glühen. Irene gab ihm die fiebersenkende Injektion und hielt seine Hand fest. Er drückte sie, hob den Arm und führte ihre Hand an seine Brust. Am regelmäßigen Auf und Ab des Brustkorbes merkte sie, daß er eingeschlafen war.
    Sie tupfte den Schweiß von seinem Körper, kontrollierte die beiden Infusionsflaschen, aus denen langsam eine mit Antibiotika angereicherte Nährlösung tropfte, und hörte sein Herz ab. Es schlug regelmäßig und kräftig.
    Jetzt sind wir Mr. und Mrs. Jefferson, dachte sie und legte sich angezogen auf das andere Bett. Ein Übersetzer sowjetischer Zeitungen im Dienste der CIA, eine Ärztin in einem New Yorker Riesenhospital. Ein Landhaus im Grünen am Hudson.
    Oh, Boris Alexandrowitsch, was ist aus unseren Träumen und unserer Liebe in Sotschi geworden? Welch Schicksal ist über uns gekommen! Heimatlos, mit anderem Namen, anderem Gesicht.
    Nur eins ist uns geblieben, unbegreiflich groß und herzlich: unsere Liebe.
    Nach vier Tagen wurde der Verband zum erstenmal gewechselt.
    Als Bubrow, auf die kleine Vanessa gestützt, vom OP zurückkam, waren Nase, Ohren und Haare frei. Die Augen waren noch verbunden. Blind tappte er neben Vanessa her. Um den Mund lag eine Spannbinde, in die man Löcher für die Plastikröhrchen geschnitten hatte.
    »Ab heute darf er wieder schlucken!« hatte Jeff Tucker gesagt. »Das ist eine schöne Aufgabe für Sie, Mabel. Wir werden einen kleinen Trichter an das Röhrchen anschließen, und durch diesen Trichter gießen Sie ihm vorsichtig Suppe ein. Mein anderes Angebot gilt: Sobald er den Mund öffnen kann, bekommt er sein Bier!«
    Bubrow blieb im Zimmer stehen, weil auch Vanessa anhielt. Er bewegte den Kopf nach rechts und links, wie ein Tier, das Witterung aufnimmt.
    »Du hast blaue Ohren, eine Knollennase und eine Haut, als hättest du dich mit Schmirgelpapier gewaschen!« sagte Irene mit krampfhafter Fröhlichkeit.
    Sie nahm ihn an der Hand, führte ihn zu einem Sessel und drückte ihn hinein. Sie öffnete die Balkontür und ließ die frische Luft ins Zimmer, die von der Raritan Bay

Weitere Kostenlose Bücher