Die Liebesfalle
durchkreuzt hatte. Esther hatte eingestanden, dass Garrick Throckmorton Ellery praktisch in die Arme der kleinen Lady Hyacinth gezwungen hatte, eines Mädchens, dessen einzige Vorzüge in einem riesigen Vermögen und einem Titel lagen. Ein Mädchen, das Celeste als ungelenk und pickelig in Erinnerung hatte – und genauso verliebt in Ellery wie sie selbst.
Celeste hatte sie dafür gehasst.
Anfangs hatte Celeste geglaubt, ihr Traum von einer Heirat mit Ellery sei gescheitert, noch bevor er begonnen hatte. Doch dann hatte sie sich der Worte des Comte de Rosselin erinnert: »Celeste, ein Traum ist es nur wert, geträumt zu werden, wenn man auch dafür zu kämpfen bereit ist.«
Also würde sie kämpfen. Sie würde jedwede Waffe einsetzen, die ihr zur Verfügung stand. Diesmal würde ihr Traum nicht zerrinnen. Das würde sie nicht zulassen. Um der Zeit in Paris, des Comte de Rosselins und der letzten vier einsamen Jahre willen, in denen sie er-wachsen geworden war und gelernt hatte, die faszinierendste Frau des Kontinents zu werden. Ein gesetzter, trübseliger Gentleman wie Garrick Throckmorton würde sie jedenfalls nicht aufhalten.
Sie tanzte auf Zehenspitzen, um weiter an Ellerys Ohr zu reichen, und murmelte: »Ich hätte gerne etwas Champagner. Und ich möchte ihn im großen Ballsaal trinken, während das Mondlicht über das Blattgold glitzert und wir zu Musik tanzen, die aus der Ferne herüberklingt.«
Ellery lehnte sich verblüfft zurück. »Sie kleine Sirene! Haben Sie mich dort etwa auch beobachtet?«
Denn es war der große Ballsaal gewesen, wo Ellery all die anderen Mädchen verführt hatte. Der große Ballsaal, der heute am Abend der Gartenparty im Dunkeln lag. Dort hat Ellery mit seinen Mädchen getanzt und sie schließlich geküsst. Wie oft hatte Celeste sie durchs Fenster beobachtet und sich gewünscht, selber das Mädchen in seinen Armen zu sein!
»Der Ballsaal.« Am Rande der Tanzfläche löste sie sich aus seinen Armen und lief auf Füßen, die kaum noch den Boden berührten, zum Haus hinüber.
Lords und Ladies bewegten sich durch die erleuchteten Räumlichkeiten. Durch die Salons, die Flure und die Bibliothek. Sie tanzten, sie plauderten, sie aßen und tranken. Sie dufteten nach Parfüm und Puder, sie trugen Taft und Spitze – und sie lachten und weinten und bluteten genau wie sie. Sie kannte die meisten von ihnen, auch wenn
sie
die Gärtnerstochter nicht kannten. Als Kind hatte Celeste sie beobachtet, hatte sein wollen wie sie, um mit Ellery zusammen sein zu können. Ihr Vater hatte gesagt, es sei unmöglich. Er hatte gesagt, es gäbe die Aristokratie, den Mittelstand und die Armen und nie würden die Grenzen sich verwischen. Er hatte gesagt, sie werde sich ins Unglück stürzen und hatte Recht gehabt, denn das hatte sie getan. Doch in Paris hatte sich ihr Unglück in eine neue Perspektive verwandelt und daran konnte nicht einmal Vaters Widerspruch etwas ändern.
Die Leute sprachen über sie, tuschelten hinter ihren Fächern und versuchten, sie in ihrem Bekanntenkreis einzuordnen. Es kümmerte sie nicht. Ellerys Liebe war genug, sie all den Klatsch ertragen zu lassen.
Sie konnte Vaters nüchterne Stimme förmlich hören:
Er liebt dich immer noch
nicht.
Aber sie hatte ja noch gar nicht angefangen, richtig zu kämpfen.
Sie machte sich auf den Weg zum Ballsaal und bog um eine Ecke; die Kandelaber wurden weniger, die Abstände größer. Durch gezielten Einsatz von Licht versuchte die Familie die Gäste um die Veranda versammelt zu halten. Vor Celeste tat sich ein nur noch trüb erleuchteter Korridor auf.
Doch das konnte ihr egal sein. Sie kannte sich auf Blythe Hall bestens aus. Als Kind hatte sie jeden Winkel des aus dem achtzehnten Jahrhundert stammenden Hauses erforscht. Es war erst vor vierzig Jahren in den Besitz der Throckmortons übergegangen, doch für Celeste war es immer schon ihr Zuhause gewesen.
Sie hielt inne und schaute durch ein Fenster auf die Terrasse. Ellery stand noch draußen, gefangen in einer Nische. Er konnte ihr nicht folgen, weil Lord und Lady Longshaw ihm den Weg abschnitten und ein Mädchen… ein ziemlich ansehnliches Mädchen, groß gewachsen und hübsch, wenn auch ein wenig linkisch.
Celeste stützte die Hände gegen die Fensterscheibe.
Wer war das? Ihr Haar war schwarz und glänzte im Licht der Fackeln. Ihre Lippen waren geschwungen und warteten darauf, geküsst zu werden. Kein einziges Fleckchen verunzierte den hellen Teint. Und ihre Augen… ihre Augen waren
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