Die Liebeshandlung
ein bisschen depressiv bist. Manchmal machst du Sachen madig, bevor du irgendetwas über sie weißt.»
«Wohingegen du eine Optimistin bist, die noch nie von einer Heilmethode gehört hat, an die sie nicht glaubt.»
«Lies einfach den Artikel», sagte Madeleine.
Nach der Kreuzung mit der Route 3 machten sie halt, um zu tanken. Da er ahnte, dass Madeleine, um weitere Reibereien zu vermeiden, nachsichtig mit ihm sein würde, wenn er im Auto rauchte, kaufte Leonard sich ein Päckchen Backwoods. Wieder unterwegs, zündete er eine an und öffnete das Fenster einen Spaltbreit. Es war das einzig Gute, was an dem ganzen Tag bislang passiert war.
Als sie auf Cape Cod ankamen, hatte sich seine Laune einigermaßen gebessert. Im Bemühen, netter zu sein, langte er nach hinten auf den Rücksitz, nahm die Zeitschrift und warf im Licht des Armaturenbretts einen Blick darauf. Doch dann schrie er auf:
«Die
Scientific American
! Willst du mich verarschen?»
«Was ist denn damit?»
«Das ist doch keine Wissenschaft. Das ist Journalismus. Die Beiträge werden nicht mal von Experten begutachtet.»
«Ich verstehe nicht, was das ausmacht.»
«Natürlich nicht. Weil du keine Ahnung von Naturwissenschaften hast.»
«Ich wollte bloß helfen.»
«Weißt du, wie du helfen kannst? Fahr!», sagte Leonard wütend. Er öffnete das Fenster und schleuderte die Zeitschrift hinaus.
«Leonard!»
«Fahr!»
Auf dem restlichen Weg zurück nach Pilgrim Lake redeten sie kein Wort. Als sie vor ihrem Gebäude aus dem Auto stiegen, versuchte Leonard den Arm um Madeleine zu legen, aber sie schüttelte ihn ab und ging allein ins Apartment hinauf.
Er folgte ihr nicht. Da er den Tag über gefehlt hatte, musste er wieder ins Labor, und es war das Beste, wenn sie eine Weile Abstand hielten.
Er schlug den Uferweg durch die Dünen ein, vorbei am Skulpturengarten zum Genetiklabor. Es war jetzt dunkel, und der Gebäudekomplex glänzte silbrig unter dem Halbmond. Die Luft war frostig. Der Wind trug den Mäusekäfiggestank vom Tierhaus rechts von ihm herüber. Er freute sich beinahe, zur Arbeit zu gehen. Er musste seinen Kopf mit nichtemotionalen Dingen beschäftigen.
Das Labor war verwaist, als er ankam. Jaitly hatte ihm einen Klebezettel hinterlassen, auf dem kryptisch «Warnung vor dem Drachen» stand. Leonard stellte den Ghettoblaster an, holte sich, wegen des Koffeins, eine Pepsi aus dem Kühlschrank und machte sich ans Werk.
Er hatte etwa eine halbe Stunde gearbeitet, als zu seiner Überraschung die Tür aufging und Kilimnik eintrat. Finsteren Blickes steuerte er direkt auf Leonard zu.
«Worum hatte ich Sie gestern Abend gebeten?», sagte er mit schneidender Stimme.
«Sie baten mich, einige Gele laufen zu lassen.»
«Eine ziemlich einfache Aufgabe, oder?»
Leonard wollte sagen, dass sie noch einfacher gewesen wäre, wenn Kilimnik nicht so spät angerufen hätte, dachte aber, es sei klüger, den Mund zu halten.
«Sehen Sie sich die Nummern auf diesen hier an», sagte Kilimnik.
Er hielt ihm die Bilder hin. Gehorsam nahm Leonard sie in die Hand.
«Das sind dieselben Nummern wie auf den Serien, die Sie mir
vor zwei Tagen
gegeben haben», sagte Kilimnik. «Sie haben die Proben durcheinandergebracht! Was sind Sie, hirntot?»
«Es tut mir leid», sagte Leonard. «Ich bin gestern Abend gleich nach Ihrem Anruf rübergekommen.»
«Und haben schlampig gearbeitet», brüllte Kilimnik. «Wie soll ich ein Forschungsprojekt durchführen, wenn meine Laboranten nicht die einfachsten Vorschriften befolgen können?»
Leonard einen «Laboranten» zu nennen war als Beleidigung gemeint. Leonard nahm das zur Kenntnis.
«Es tut mir leid», sagte er noch einmal, nutzloserweise.
«Gehen Sie», sagte Kilimnik und entließ ihn mit einem Wink. «Genehmigen Sie sich einen Schönheitsschlaf. Ich möchte nicht, dass Sie heute Abend noch weiteren Mist bauen.»
Leonard hatte keine andere Wahl, als zu gehorchen. Sobald er aber das Labor verlassen hatte, war er so wütend, dass er beinahe kehrtmachte, um Kilimnik zur Rede zu stellen. Kilimnik hatte recht bezüglich der Verwechslung der Proben, aber die Wahrheit war, dass es keinen Unterschied machte. Es war eindeutig – zumindest für Leonard –, dass das Verschieben des H O-Gens zu dem anderen DN A-Strang die Asymmetrie zwischen Mutter- und Tochterzellen nicht verändern würde. Es gab tausend andere mögliche Ursachen für diese Asymmetrie. Am Ende des Experiments, in zwei bis sechs Monaten, würde Kilimnik
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