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Die Liebeshandlung

Die Liebeshandlung

Titel: Die Liebeshandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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Verwaltungsgebäude veranstaltet. Bewaffnet mit einer umfangreichen Liste von Forderungen   – Abschaffung der Zulassungsvoraussetzungen,Gründung eines Fachbereichs für afroamerikanische Studien, Verbannung der Anwerber für das Reserveoffizier-Ausbildungscorps vom Campus und Abzug von Stiftungsvermögen aus Unternehmen, die an Rüstungsgeschäften oder Erdölproduktion beteiligt waren   –, hatten sie auf den Orientbrücken in Altons Vorzimmer kampiert. Während er mit dem Studentenführer Ira Carmichael zusammentraf, einem ohne Frage brillanten Bürschchen im Army-Kampfanzug mit ostentativ offenem Hosenlatz, skandierten vor der Tür fünfzig langhaarige Studenten Slogans. Zum Teil um zu signalisieren, dass dergleichen nicht geduldet wurde, solange er die Verantwortung trug, zum Teil auch weil er Republikaner war und den Krieg in Vietnam unterstützte, ließ Alton die Studenten am Ende von der Polizei aus dem Gebäude schaffen. Das hatte die vorhersehbare Auswirkung, dass sich die Spannungen weiter verschärften. Bald brannte auf dem Collegerasen eine «Hiroshima-Hanna»-Puppe, deren kahler Kopf abscheulich zur Form eines Rauchpilzes vergrößert war. Unter Altons Bürofenster versammelte sich jeden Tag ein Schwarm von Demonstranten, die nach seinem Blut lechzten. Um sechs Uhr, wenn sich die Studenten zerstreuten (ihr Engagement für die Sache ging nicht so weit, dass sie dafür das Abendessen ausgelassen hätten), wagte Alton seinen abendlichen Ausbruch. Er überquerte den Rasen, wo die verkohlten Überreste seines Abbilds noch an einer Ulme baumelten, eilte zu seinem Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz und fuhr heimwärts nach Prettybrook, wo er dann seine immer noch lautstark gegen den Umzug nach New Jersey protestierenden Töchter antraf.
    Mit Alwyn und Madeleine war Alton bereit zu verhandeln. Alwyn bestach er mit Reitstunden im Prettybrook Country Club. Bald stolzierte sie in Jodhpurhosen und Reiterjackeherum, hatte eine beinahe sexuelle Zuneigung zu einer Fuchsstute namens Riviera Red entwickelt und erwähnte New London nie wieder. Madeleine wurde mit Einrichtungsdingen geködert. An einem Wochenende nahm Phyllida sie mit nach New York. Als sie am Sonntagabend zurückkamen, sagte sie zu Madeleine, in ihrem Zimmer warte eine Überraschung auf sie. Madeleine rannte die Treppe hinauf und fand die Wände ihres Zimmers mit Reproduktionen aus ihrem damaligen Lieblingsbuch, Ludwig Bemelmans’
Madeline,
bedeckt. Während sie in Manhattan gewesen war, hatte ein Tapezierer die alte Tapete heruntergerissen und durch diese neue ersetzt, die Phyllida in einer Tapetenmanufaktur in Trenton nach ihren Angaben hatte drucken lassen. In Madeleines Zimmer einzutreten war, wie in die Seiten von
Madeline
hineinzugehen. An der einen Wand war der asketische Speiseraum von Madelines Klosterschule abgebildet, an einer anderen der hallende Schlafsaal der Mädchen. Ringsum an den Wänden taten vielfache Madelines mutige Dinge: Eine schnitt eine Grimasse («Zum Tiger sagte sie im Zoo/​in aller Ruhe nur ‹Hoho!›»), eine andere balancierte waghalsig auf dem Geländer einer Brücke über die Seine, noch eine andere hob ihr Nachthemd hoch, um ihre Blinddarmnarbe vorzuzeigen. Die unergründlichen, verschnörkelten Grünflächen der Pariser Parks, das wiederkehrende Motiv von Fräulein Stefanie, «die rennt und rennt», während sie mit einer Hand ihr Brusttuch festhält und ihr Schatten bei der Vorahnung «Da stimmt was nicht» immer länger wird, und drüben an der Lampenfassung der einbeinige Soldat auf Krücken und über der Bildunterschrift «Und manchmal waren sie sehr traurig» – der durch die Illustrationen vermittelte Eindruck von Paris, einer Stadt, so ordentlich wie die Mädchen in «zwei schnurgeraden Reihn», so farbig wie Bemelmans’Skala von Pastellfarben, einer Welt der staatsbürgerlichen Institutionen und Standbilder von Kriegshelden und kosmopolitischen Bekannten wie dem Sohn des spanischen Botschafters (für die sechsjährige Maddy eine verwegene Figur), dem Bilderbuch-Paris, das nicht ohne Andeutungen auf Erwachsenenirrtümer oder -unglück war, die Wirklichkeit nicht beschönigte, sondern ihr vornehm ins Auge blickte, dem einzigartigen Sieg der Menschheit, den eine bedeutende Stadt darstellt, und die, obwohl riesengroß, die kleine Madeline nicht schreckte   –, irgendwie hatte sich all das auf Madeleine übertragen, als sie ein kleines Mädchen war. Und dann waren da noch ihr Vorname, der so ähnlich

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