Die Liebeshandlung
verstärkt, wie bei einerAnlage mit so weit aufgedrehter Lautstärke, dass der Ton verzerrt ist.
Als der Champagner kam, sagte Leonard dem Kellner, er möge ihn auf dem Balkon abstellen.
Madeleine ging hinaus, um mit ihm zu sprechen.
«Seit wann magst du Champagner?», fragte sie.
«Seit ich in Monte Carlo bin.» Leonard hob die Hand und zeigte mit dem Finger. «Siehst du das Gebäude da? Ich glaube, das ist das Casino. Ich weiß nicht mehr, in welchem James-Bond-Film es vorkommt. Vielleicht sollten wir es nach dem Abendessen mal ausprobieren.»
«Leonard?», sagte Madeleine sanft. «Schatz? Wenn ich dich jetzt etwas frage, versprichst du mir, dass du mir nicht böse bist?»
«Was denn?», sagte er und klang schon gereizt.
«Fühlst du dich gut?»
«Mir geht’s prima.»
«Nimmst du deine Tabletten?»
«Ja, ich nehme meine Tabletten. In der Tat» – er ging ins Zimmer, holte sein Lithium aus dem Koffer und kam zurück – «ist es gerade Zeit für meine Medizin.» Er warf sich eine Pille in den Mund und spülte sie mit Champagner hinunter. «Siehst du? Alles paletti.»
«Das gehört sonst gar nicht zu deinem Wortschatz: ‹Alles paletti›.»
«Offenbar doch.» Dabei lachte er.
«Vielleicht solltest du deinen Arzt anrufen. Nur, um dich mal bei ihm zu melden.»
«Wen? Perlmann?», spottete Leonard. «Der müsste
mich
anrufen. Ich könnte dem Kerl noch was beibringen.»
«Was meinst du damit?»
«Nichts», sagte Leonard, während er auf den fernenHafen voller Yachten blickte. «Bloß, dass ich ein paar Entdeckungen mache, die ein Kerl wie Perlmann sich nicht mal
ausdenken
könnte.»
Von da an wurde der Abend immer schlimmer. Nachdem Leonard die Flasche Champagner größtenteils allein geleert hatte, bestand er darauf, noch eine zu bestellen. Als Madeleine ihn daran hinderte, wurde er wütend und ging nach unten in die Bar. Er begann, den anderen Gästen, einer Gruppe Schweizer Banker und ihren Freundinnen, Drinks auszugeben. Als Madeleine eine Stunde später hinunterging, um ihn zu suchen, spielte er den Überglücklichen. Er umarmte und küsste sie theatralisch.
«Das hier ist meine wunderschöne Braut», sagte er. Er stellte die Banker vor. «Das sind Till und Heinrich. Und an die Namen dieser Mädels kann ich mich nicht erinnern, aber ihre hübschen Gesichter werde ich nie vergessen. Till und Heinrich kennen ein tolles Restaurant, in das sie uns mitnehmen. Das beste der Stadt, richtig, Till?»
«Es ist sehr gut», sagte der Schweizer. «Ein Tipp von Einheimischen.»
«Gut. Weil ich nämlich nirgends hinwill, wo irgendein amerikanischer Tourist ist, versteht ihr, was ich meine? Vielleicht sollten wir auch direkt ins Casino gehen. Kann man im Casino essen?» Es war schwer zu sagen, ob die Europäer merkten, wie seltsam er sich benahm, oder ob sie seine übertriebene Vertraulichkeit für einen amerikanischen Charakterzug hielten. Leonard schien sie zu amüsieren.
Genau in diesem Moment tat Madeleine etwas, was sie später bereute. Statt Leonard zu einem Arzt zu schleppen (wobei sie keine genaue Vorstellung davon hatte, wie das zu bewerkstelligen wäre), ging sie wieder hinauf ins Zimmer. Sie nahm Leonards Tabletten von dort, wo er sie hingelegthatte, und bat den Hoteltelefonisten um eine Auslandsverbindung mit Dr. Perlmann, dessen Nummer auf dem Etikett des Medikaments stand. Perlmann war nicht in seiner Praxis, doch als Madeleine sagte, es handle sich um einen Notfall, notierte die Sekretärin sich die Nummer des Hotels und versprach, er werde gleich zurückrufen.
Nachdem fünfzehn Minuten ohne Rückruf vergangen waren, ging Madeleine wieder hinunter in die Bar, aber Leonard und die Schweizer Banker waren nicht mehr da. Sie sah im Hotelrestaurant und im Patio nach, fand aber keine Spur von ihnen. Mit zunehmender Angst ging sie wieder aufs Zimmer, wo sie feststellte, dass Leonard da gewesen war, während sie ihn unten gesucht hatte. Sein Koffer stand offen, auf dem Boden lag Kleidung herum. Keine Nachricht von ihm. In diesem Moment klingelte das Telefon. Es war Perlmann.
Madeleine erzählte ihm in einem einzigen langen Wortschwall alles, was geschehen war.
«Gut, ich muss Sie bitten, sich zu beruhigen», sagte Perlmann. «Können Sie das für mich tun? Ich höre große Aufregung in Ihrer Stimme. Ich kann Ihnen helfen, aber Sie müssen sich beruhigen, okay?»
Madeleine nahm sich zusammen. «Okay», sagte sie.
«Haben Sie eine Ahnung, wohin Leonard gegangen sein könnte?»
Sie dachte kurz
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