Die Liebeshandlung
wir einen Moment reden?», sagte er.
«Klar! Kein Problem. Ich bin dann im Wohnzimmer.»
Als sie weg war, ging Leonard ans Fenster. «Wie viel kostet die?», fragte er.
«Mach dir darüber keine Gedanken.»
«Ich könnte mir so eine Wohnung niemals leisten. Ich mache mir Sorgen, wie ich mich deshalb fühlen werde.»
Das war ein vernünftiges Gespräch, das man ein- oder zweimal führen mochte. Aber sie hatten es ungefähr hundertmal geführt. Erst am Morgen hatte es eine Variante davon gegeben. Die traurige Wahrheit war, dass eine Wohnung, die Leonard sich leisten konnte, eine Wohnung wäre, in der zu leben Madeleine sich weigern würde.
«Schatz, mach dir keine Gedanken wegen der Miete. Bezahl, so viel du kannst. Ich will bloß, dass wir glücklich sind.»
«Ich sage ja, ich bin mir nicht sicher, ob ich hier glücklich sein könnte.»
«Wenn ich der Mann wäre, würden wir nicht mal drüber sprechen. Es wäre normal, dass der Mann mehr Miete bezahlt.»
«Die Tatsache, dass ich mich hier wie die Frau fühle, ist aber irgendwie das Problem.»
«Warum bist du dann zur Besichtigung mitgekommen?», sagte Madeleine, zunehmend frustriert. «Was hast du erwartet, dass wir machen würden? Wir können doch nicht für immer bei meinen Eltern wohnen. Wie fühlst du dich
damit
? Dass wir bei meinen Eltern wohnen?»
Leonards Schultern sackten herunter. «Ich weiß», sagte er und hörte sich wirklich bekümmert an. «Du hast ja recht. Tut mir leid. Es ist einfach hart für mich. Kannst du verstehen, dass es hart für mich ist?»
Das Beste schien, zustimmend zu nicken.
Leonard starrte eine Zeitlang, die Madeleine wie eine halbe Minute vorkam, aus dem Fenster. Schließlich holte er Luft und sagte: «Okay. Nehmen wir sie.»
Madeleine vergeudete keine Zeit. Sie sagte Kelly, sie nähmen die Wohnung, und bot an, einen Scheck über die Kaution auszustellen. Kelly hatte eine bessere Idee. Sie schlug vor, sie sollten schon mal den Mietvertrag unterschreiben, was ihnen eine weitere Fahrt in die Stadt ersparen würde. «Ihr könnt einen Kaffee trinken gehen, während ich den Vertrag aufsetze. Es dauert ungefähr fünfzehn Minuten.»
Dieser Plan war vernünftig, und so fuhren die drei mit dem Aufzug hinunter in die Halle und traten wieder auf die drückend heiße Straße hinaus.
Unterwegs zum Broadway verwies Kelly auf die Dienstleister der Gegend, die Reinigungen, den Schlosser und einen Diner an der Ecke, der eine Klimaanlage hatte.
«Ihr wartet dadrin, Leute», sagte Kelly und zeigte auf den Diner. «Ich bin in fünfzehn Minuten zurück. In höchstens einer halben Stunde.»
Madeleine und Leonard setzten sich in eine Nische am großen Fenster zur Straße. Der Diner hatte hellenische Wandmalereien und eine zwölfseitige Speisekarte. «Das wird unser Diner», sagte Madeleine und sah sich beifällig um. «Hierhin können wir dann jeden Morgen gehen.»
Der Kellner kam, um ihre Bestellung aufzunehmen.
«Wisst ihr schon, was ihr wollt, Freunde?»
«Zwei Kaffee, bitte», sagte Madeleine lächelnd. «Undmein Mann möchte gern einen Apfelkuchen mit einem Stück Cheddarkäse drauf.»
«Schon auf dem Weg», sagte der Kellner und ging.
Madeleine erwartete, Leonard würde amüsiert sein. Aber zu ihrer Überraschung füllten seine Augen sich mit Tränen.
«Was ist denn?»
Er schüttelte den Kopf und sah weg. «Das hatte ich ganz vergessen», sagte er mit belegter Stimme. «So lange scheint das her.»
Draußen auf dem Pflaster wurden die Schatten länger. Madeleine starrte hinaus auf den Verkehr am Broadway und bemühte sich, ein aufsteigendes Gefühl von Verzweiflung abzuwehren. Sie wusste nicht mehr, wie sie Leonard aufheitern sollte. Was sie auch versuchte, es blieb ergebnislos. Sie befürchtete, dass Leonard nie wieder glücklich sein würde, dass er die Fähigkeit dazu verloren hatte. In diesem Augenblick, da sie von der neuen Wohnung begeistert sein oder ihre neue Nachbarschaft hätten erkunden sollen, saßen sie sich in einer Nische auf PV C-Bänken gegenüber, wichen dem Blick des anderen aus und schwiegen. Und noch schlimmer: Madeleine wusste, dass Leonard sich darüber im Klaren war. Sein Leid wurde durch das Wissen, dass er es auch ihr zufügte, noch größer. Aber er konnte es nicht abstellen. Unterdessen legte sich jenseits des Panoramafensters der Sommerabend über den Boulevard. Männer waren, mit gelockerter Krawatte, das Jackett überm Arm, auf dem Heimweg von der Arbeit. Madeleine hatte den Überblick über die
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