Die Liebeslist
Sinnen und Trachten richtete sich auf diesen Schurken, der sie berauben und lächerlich machen wollte. „Ich lasse mich doch von dem da nicht enterben und mich von meinem eigenen Grund und Boden jagen!“
„Das werden wir ja sehen“, erwiderte Fitz Osbern. „Sobald Euch klar wird, dass Euer Zuhause in Salisbury seine guten Seiten hat, werdet Ihr Euch schon fügen. Ein Grenzkastell ist nichts für eine alleinstehende Frau. Also, seid vernünftig und reist nach Salisbury zurück. In einem Monat werdet Ihr mir dankbar sein, dass ich Euch vor einem Fehler bewahrt habe, den Ihr beinahe begangen hättet, und zwar aus lauter Stolz!“ Ein herablassendes Lächeln umspielte seine Lippen, was Rosamund nur noch mehr reizte.
„Niemals!“ Sie wollte sich seinen kräftigen Fingern entwinden, aber er ließ sie nicht los. „Ich setze mich vor das Burgtor, und wenn es noch so lange dauert. Wenn ich dabei erfriere, wird die Schuld an meinem Tod auf Eurer Seele lasten. Wollt Ihr dieses Wagnis auf Euch nehmen, Mylord?“ Herausfordernd blickte sie ihm in die Augen.
Sein Griff verstärkte sich. „Treibt es nicht auf die Spitze!“
„Und Ihr, Mylord, zwingt mich besser nicht zum Widerstand!“ Mit einem Ruck riss sie sich los, schwang sich vom Podium und rauschte erhobenen Hauptes die Treppe hinauf zur Kemenate, ohne sich dabei auch nur einmal umzudrehen. Die anderen Anwesenden starrten ihr mit offenem Mund hinterher, bis ihre Mutter nach einem Moment betretenen Schweigens ebenfalls aufstand, um sich mit einem gequälten Lächeln zurückzuziehen.
„Nehmt das nicht auf die leichte Schulter, Mylord.“ Mit stillem, ernstem Blick musterte sie Fitz Osbern. „Es wäre unklug, meine Tochter zu unterschätzen. Normalerweise lässt sie ihren Worten auch Taten folgen.“
„Das wird sie sich gewiss gut überlegen!“, meinte Fitz Osbern mit einem siegessicheren Grinsen.
„Darauf würde ich nicht setzen“, erwiderte Petronilla, schon zum Gehen gewandt. „Sie kann es sich nicht leisten, dass Ihr hier triumphiert.“
Mit diesen Worten und einem angedeuteten Nicken zum Abschied verließ sie den Saal.
„Ich finde, Lady Petronilla hat recht, Ger. Das Mädchen wird sich nicht so leicht beruhigen, so aufgebracht, wie die Kleine ist!“ Versonnen lächelnd und mit einem Hauch von Bewunderung sah Hugh der Countess nach, die soeben mit rauschenden Röcken um die Treppenbiegung verschwand. „Willst du – wie hat das Mädchen es ausgedrückt – das Wagnis tatsächlich eingehen?“
„Wagnis? Unfug!“ Gervase wandte sein Augenmerk wieder dem vergessenen Essen zu und spießte sein Stück Hammelbraten auf. „Jede Wette, dass es morgen regnet, und bei einem ordentlichen Guss spurt die Kleine bestimmt noch fixer als durch meine Drohungen. Gott sei Dank! Vermutlich würde die mir noch mehr Ärger machen als das ganze Ungeziefer hier in dieser Bude!“
Dem mochte Hugh de Mortimer nicht widersprechen. Nach seiner Erfahrung kamen die Weibsleute auf die tollsten Ideen, und diese Salisbury-Tochter, die hatte es vermutlich faustdick hinter den Ohren. Was die Witwe des Earl betraf … Nach ihrem Anraunzer auf dem Burghof, bei dem sie ihn offenbar noch mieser einstufte als eine von den Ratten, die gerade an der Wand entlang Richtung Tür huschten, wahrte sie unter den jetzigen Umständen bewundernswert die Fassung. Eins hätte er allerdings gern gewusst: Woher kam diese abgrundtiefe Trauer in ihren Augen? Argwöhnisch stocherte er in einem unappetitlichen, unidentifizierbaren Gemüse herum und nahm dann lieber mit dem Braten vorlieb. Na ja, eigentlich ging ihn das alles ja auch nichts an.
Es wurde eine unbequeme Nacht für alle, aber jeweils aus unterschiedlichen Gründen.
Hugh de Mortimer überließ seine Grübeleien über die Witwe des Earl einem Wunschtraum, der sich sowieso niemals erfüllen würde, wickelte sich in einer der leer stehenden Turmstuben in seinen Umhang und schlief den Schlaf der Gerechten.
Fitz Osbern, eigentlich durch und durch der kampferprobte Soldat, der überall und selbst unter den widrigsten Umständen schlafen konnte, wurde trotzdem durch hartnäckiges Grübeln wach gehalten. Normalerweise widersetzte sich niemand seinen Anweisungen. Keiner, und das schon, seit er als junger Mann die Führung der Monmouth-Lehen übernommen hatte. Lady Maude, seine Mutter, die sonst nie um ein Wort verlegen war, hatte das schnell begriffen, als sie meinte, sie könne den Sohn ebenso herumkommandieren wie ihren Herrn Gemahl. Nur
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