Die Liebeslist
das vermaledeite Mädchen, das hatte ihm die Stirn geboten. Stur wie ein Esel, und das, obwohl sie ein so zartes, zerbrechliches Persönchen war. Entgangen war ihm allerdings nicht diese unübersehbare Angst auf ihrem Gesicht und in den herrlich grünen Augen, als er sie anwies, zu Earl Gilbert zurückzukehren. Danach allerdings war sie gewaltig in Rage geraten und hatte ihn regelrecht zusammengestaucht. Lieber nicht drüber nachdenken!
Verflucht und zugenäht! Ärger als Zahnweh, das Frauenzimmer! Was mochte denn so schlimm sein an ihrem wohlbehüteten Dasein in Salisbury, dass sie dorthin nicht zurückwollte? Es war doch geradezu ein Hort des Friedens und der Behaglichkeit! Verärgert über sich selbst, zog Fitz Osbern die Decke über die Ohren und zwang sich zum Schlafen.
Petronilla war gleichfalls aufgewühlt, und das trotz der Selbstbeherrschung, die sie sich in langen Ehejahren mit rücksichtslosen, gefühlskalten Männern angeeignet hatte. Warum, in aller Welt, hatte sie sich bemüßigt gefühlt, diesem hergelaufenen Mortimer ihre Lage zu erklären? Nun, er hatte so teilnahmsvoll geschaut, dass sie sogar versucht gewesen war, ihm ein Lächeln zu schenken! Wie töricht, sich so geschmeichelt zu fühlen und zu erröten wie eine Jungfer! Hatte sie denn noch immer nicht genug von den Männern? Als Witwe mit Wohnrecht und eigenem Domizil, da konnte sie doch wohl zufrieden sein! Nun ja, ab morgen, so sagte sie sich, würde sie diesen Hugh de Mortimer sowieso nicht mehr wiedersehen. Das war zwar beruhigend, doch in den Schlaf vermochte sie dennoch nicht zu finden.
In der Kammer im Westturm – an sich das Gemach des Burgherrn und für diesen Zweck noch immer nicht sauber genug – wälzte sich zur selben Zeit Petronillas Tochter schlaflos auf dem Lager. Schließlich gab sie es auf. Rosamund war klar, dass sie vorsätzlich Öl ins Feuer gegossen hatte. Nun musste sie sich darauf einstellen, die Folgen ihrer unbedachten Ausbrüche zu tragen. Die Stunden vor Tagesanbruch mussten genutzt werden für die sorgfältige Planung jedes einzelnen Schrittes, sollte man sie, was zu befürchten war, vor die Tore ihrer eigenen Burg setzen. Also widmete sie sich dieser Aufgabe, allerdings erst, nachdem sie ihr Handgelenk befühlt hatte, denn dort spürte sie noch immer seinen festen, männlichen Griff, und wieder löste die Erinnerung an seine Berührung nie gekannte Empfindungen in ihr aus.
Mit geschlossenen Augen versuchte sie sich dagegen zu wehren und die heißen Wellen, die durch ihren Leib jagten, zu ignorieren.
Nein. Sie riss die Augen wieder auf. Vor diesem Kerl kuschen? Das konnte und durfte nicht sein. Und in ihren Träumen hatte er erst recht nichts zu suchen. Denn sie wusste nun genau, wer Gervase Fitz Osbern war: ihr Wilder Falke natürlich!
Der Mann, der sie vier Jahre zuvor verschmäht hatte, ohne ihr auch nur einen Blick zu widmen. Unter der verschmutzten Kleidung und den unrasierten Wangen war er derselbe, dessen markantes Gesicht ihr im Gedächtnis haften geblieben war. Allerdings hatte sie nach näherem Hinsehen den Eindruck gewonnen, dass ihre Erinnerung sie ein wenig trog. Fitz Osbern war offensichtlich nicht ganz die augenfällige Persönlichkeit, an die sie sich erinnerte und die Earl William seinerzeit unbedingt zu einer Allianz bewegen wollte. Ein Earl of Salisbury, der hätte sich nie und nimmer mit diesem Wegelagerer eingelassen. Möglich, dass Fitz Osbern harte Zeiten durchgemacht hatte und dadurch gezwungenermaßen zum Raubritter geworden war, der sich auf eigene Faust durchschlug. Sie seufzte. In dem Fall wäre es schade um ihn gewesen. Dann aber fiel ihr der Ärger, den sie gegenwärtig mit ihm hatte, wieder ein.
Da er schon damals in Salisbury und auch jetzt hier auf Clifford kein Interesse an ihr zu hegen schien, war es wohl kaum überraschend, dass er sie nicht einmal erkannt hatte.
4. KAPITEL
Rosamund, Petronilla und ihr Gefolge waren beizeiten auf, der Wagen im Nu bepackt. Rosamund war nicht so töricht anzunehmen, Fitz Osbern habe es nicht ernst gemeint. Ihr Plan war waghalsig, ein riskantes Unterfangen. War ihr leiblicher Vater nicht ein leidenschaftlicher Hasardeur gewesen? Bis ihm dieser Zug zum Verhängnis geworden war, als er bei einem Raubüberfall das beste Zuchtvieh eines benachbarten Markgrafen stahl und besagter Markgraf mit einem tödlichen Pfeilhagel konterte. Hier allerdings gab es keine Pfeile, die jemanden töten oder verletzen konnten. Schlimmstenfalls Wolkenbrüche und
Weitere Kostenlose Bücher