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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE O'BRIEN
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kalte Winde; mit sonstigen Widrigkeiten war nicht zu rechnen. Falls das Vorhaben glückte, winkte Rosamund ein Preis, der schwerer wog als Gold. Ihre Freiheit war kostbarer als jeder Edelstein.
    Es galt, Fitz Osbern zu beweisen, dass man eine Frau wie sie nicht unterschätzen durfte.
    „Zieht euch so warm wie möglich an“, riet sie sowohl ihrer Mutter als auch deren Zofe Edith. „Möglichst viele Schichten übereinander. Lasst die Decken unverpackt oben auf dem Wagen. Und …“ Sie bedachte die zwei mit Respekt einflößendem Blick. „Dass ich keine Klagen höre!“
    Fitz Osbern und de Mortimer sahen vom Wehrgang über dem Torhaus aus zu, wie die kleine Kavalkade die Burg verließ, begleitet wie versprochen von vier Bewaffneten, die für Geleitschutz bis Hereford sorgen sollten. Gervase hatte sich entschieden, dem Frühstück nicht beizuwohnen, und somit war es zu keinem abschließenden Gespräch mehr zwischen den Damen und Fitz Osbern gekommen. Es gab ja auch nichts mehr zu sagen; er hatte sich schließlich unmissverständlich ausgedrückt. Überflüssig, sich noch einmal den Schimpftiraden des Mädchens auszusetzen. Erleichtert verfolgte er, wie die Reisegruppe langsam die Tore unter ihm passierte.
    „So, das dringendste Problem wäre gelöst.“ Er drehte sich um und wandte sich zur Treppe, die hinunter in den Burghof führte. Über die Schulter warf er de Mortimer einen Blick zu. „Rückst du ebenfalls ab, Hugh? Ich kann dich zwar noch nicht standesgemäß bewirten und unterbringen, aber das Wenige, was ich zu bieten habe, steht dir zur Verfügung.“ Mit einer gequälten Grimasse wies er auf das heruntergekommene Anwesen.
    „Morgen vermutlich.“ Obwohl geneigt, die kleine Reisegruppe auch weiter im Auge zu behalten, wollte Hugh seinem Gefährten noch ein wenig Gesellschaft leisten.
    „Ich werde hier mal mit der Drainage anfangen.“ Ohne auf die Antwort seines Freundes reagieren, betrachtete Fitz Osbern den unter Wasser stehenden Hof. „Und danach nehme ich mir …“
    Die hallende Stimme eines Wachpostens über ihnen unterbrach ihn mitten im Satz. „Mylord! Ich glaube, das solltet Ihr Euch mal ansehen …!“
    Gervase kehrte auf den Wehrgang zurück und schaute zusammen mit de Mortimer stirnrunzelnd in die angewiesene Richtung. Knapp zweihundert Schritte vom Burgtor entfernt, mitten auf der flachen Tal-Aue zwischen Kastell, Fluss und Dorf, hatte der hoch bepackte Reisewagen angehalten. Decken wurden ausgeschüttelt, einige Bündel abgeladen und auf die Wiese gelegt. Die von Fitz Osbern gestellte berittene Eskorte saß ab, und nach einigem Hin und Her mit der auffälligsten weiblichen Gestalt dort drüben, die heftig mit den Armen fuchtelte und die Soldaten offensichtlich fortschickte, wendeten diese ihre Reittiere und trotteten, die Pferde am Zügel, zurück in Richtung Burgtor.
    „Beim Himmel …!“
    „Was habe ich gesagt?“, knurrte Hugh. „Das Mädchen hat Haare auf den Zähnen. Sieht so aus, als richten die sich zum Bleiben ein. Wollen da offenbar kampieren, will mir scheinen …“
    Er bemerkte nicht das vergnügte Funkeln in den Augen seines Freundes, so abgelenkt war Fitz Osbern von der Szene, die sich vor seinen Augen abspielte. Die drei Damen breiteten die Decken aus und ließen sich, in die Umhänge gehüllt, die Kapuzen über die Köpfe gezogen, anschließend darauf nieder, um der Dinge zu harren, die da kommen mochten.
    „Ach, alles Unfug!“, brummte Fitz Osbern. „Das werden die bald leid sein. Bis Mittag sind die weg, da wette ich meine Klinge drauf.“ Fassungslos schüttelte er den Kopf, während er sich an den Abstieg von dem Wehrgang machte.
    „Ich nicht!“, rief ihm Mortimer lachend hinterher.
    Der Regen setzte ein, anfangs ein feines Nieseln, das bald aber in dicke Tropfen überging.
    „Pass auf, das Wetter wird ihnen den Garaus machen, Hugh!“ Die Männer hatten der Versuchung nicht widerstehen können und ihren Tribünenplatz wieder eingenommen. Oben von der Brüstung aus verfolgten sie den Fortgang der Ereignisse. Die Damen saßen noch immer dort, wo sie schon in der Früh gehockt hatten, inzwischen allerdings mit den Decken über den Köpfen und dazu dicht zusammengedrängt, um sich gegenseitig zu wärmen. Durch den Regen hindurch konnte man das Grüppchen gerade noch erkennen.
    „Trotzdem – alle Achtung, oder?“
    „Weswegen?“ Fitz Osbern drosch mit der Faust gegen die Steinbrüstung. Ein Anflug von Besorgnis, ja sogar von Beschämung, regte sich in ihm.

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