Die Liebeslist
Jahren begegnet; bei der Krönung von König Henry. Sein viel zu früher Tod war gewiss ein schwerer Schlag für Euch.“
„Ja. Habt Dank. Es geschah plötzlich und unerwartet.“ Die Countess nahm die Beileidsbekundung gefasst und beinahe majestätisch entgegen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr bereits eine Tochter im heiratsfähigen Alter habt. Ihr seht noch so jung aus, Mylady. Da wart Ihr wohl länger mit Salisbury verheiratet, als ich dachte.“ Mortimer schenkte ihr ein Lächeln.
Zu ihrer Überraschung stellte Rosamund fest, dass ihre Mutter zartrosa anlief und züchtig die Augen niederschlug. Das hatte sie noch nie erlebt, dass Petronilla ihre Verlegenheit auf solch anmutige Weise offenbarte.
Petronilla fasste sich schnell wieder. „Rosamund ist keine gebürtige Salisbury“, erklärte sie. „Sie stammt vielmehr aus meiner ersten Ehe mit John de Bredwardine. Ich war bereits in jungen Jahren verheiratet, müsst Ihr wissen. Später, nach meiner Heirat mit dem Earl of Salisbury, nahm Rosamund den Namen meines zweiten Gemahls an. Mein Mann wollte es unbedingt.“
„Verstehe. Nun, herzliches Beileid, Mylady.“ De Mortimers Bekundung war zwar knapp, aber mitfühlend im Ton. „Wenn ich mich recht erinnere, hatte der Earl stets seinen eigenen Kopf.“
Petronilla lächelte zögerlich. „Das kann man wohl sagen. Ich …“
Rosamund konnte es nicht länger abwarten. Die Gelegenheit, ihren Anspruch auf die Burg unverzüglich zu bekunden, war günstig. Mit einem strengen Blick brachte sie ihre peinlich berührte Mutter zum Schweigen und gab dann Master Pennard, dem Burgvogt von Clifford Castle, per Handzeichen zu verstehen, er möge das Mittagsmahl beginnen. Krüge mit Ale wurden serviert, große Tabletts mit Speisen aufgetragen. Würdevoll und gewichtig brachte Pennard den Herrenpokal herein, ein mickriges Ding aus Steingut mit angeschlagenem Rand. Rosamund schaute gespannt hin. Wem würde der Verwalter den Pokal reichen? Unsicher ließ er den Blick von einem zum anderen wandern, bis er das Trinkgefäß schließlich taktvoll und mit einer angedeuteten Verneigung vor Rosamund hinstellte. Ohne eine Miene zu verziehen, neigte sie das Haupt angesichts dieses kleinen Sieges und wandte sich dann dem neben ihr sitzenden Ritter zu.
„Wir haben eine Menge zu bereden, Mylord“, sprach sie Fitz Osbern absichtlich übertrieben höflich an, der sich indes mit großem Appetit über das Essen hermachte. Er brach sich erst einmal einen Kanten Brot ab, ehe er sich Rosamund zuwandte.
„Besprechen? Aus meiner Sicht überhaupt nichts, Lady. Höchstens Eure sofortige Abreise. Ich habe befohlen, Eure Pferde und den Reisewagen abfahrbereit zu machen, und zwar bis morgen früh bei Tagesanbruch. Für heute ist es ja schon zu spät; in ein paar Stunden wird es dunkel. So Ihr morgen in aller Frühe aufbrecht, könnt Ihr es bei Tage bequem bis Hereford schaffen und von dort aus nach eigenem Belieben bis Salisbury weiterfahren.“
Rosamund fehlten die Worte. So kurzfristig? Und dann in diesem Befehlston, ohne jede Rücksicht auf ihre Notlage! Eine Unverschämtheit!
Sie beugte sich vor. „Offenbar liegt hier ein Missverständnis vor, Mylord. Das hier ist mein Erbe, das mir als Mitgift von Earl William hinterlassen wurde. Ich kann Euch die Besitzurkunden zeigen!“
„Aber ich habe es Euch doch erklärt! Salisbury hat sie meinem Vater gestohlen! Wenn es also schon um das Rechtliche geht, gehört die Burg mir!“
„Das heißt, Ihr wollt mich tatsächlich meines Eigentums verweisen?“ Rosamund hielt es nicht länger auf ihrem Sitz. Sie erhob sich und zwang den Ritter so, zu ihr aufzuschauen. Beider Blicke begegneten sich; sie maßen einander ohne einen Funken Verständnis. Fitz Osbern zuckte die Schultern und wandte sich gleichmütig dem dampfenden Hammelbraten zu, von dem er sich mit seinem Dolch eine Scheibe abschnitt.
„Allerdings. Die Unterbringungsmöglichkeiten hier sind begrenzt. Es gibt nur eine Kemenate. Wenn Ihr die bezieht, kommt mir das ungelegen.“
„Um den Hof herum gibt es fünf Türme! Alle mit Turmzimmern, alle bewohnbar! Ich weiß es, ich habe nämlich in einem die Nacht verbracht.“ Sie merkte, wie sie erbleichte, wie ihr das Herz pochte. Ob vor Zorn angesichts seines Gleichmuts oder vor Angst, er könne seine Drohungen in die Tat umsetzen und sie wegschicken, das vermochte sie nicht zu benennen.
„Ihr habt kein Recht, Euch hier aufzuhalten, Lady.“
„Ich gehe hier nicht weg.“
Jetzt ließ er
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