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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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traf Maria. So jung und hübsch, und ich habe sie mitgebracht.»
    Tibo lehnte sich auf den Ellenbogen vor. «Probleme?»
    «Zwischen mir und Maria? Nein, niemals. Aber kurz nach ihrer Ankunft reiste ihr Bruder Luigi ihr nach, und kurz darauf kam Beppo.» Cesare erzählte die ganze Geschichte, er begann beim brüderlichen Zwist, fuhr fort mit dem Streit über die Pizza, bis er an die entscheidende Stelle kam: «Es geht um Luigi. Er wohnt mit einem der Kellner zusammen. Heute Morgen kam Luigi – mein eigener Schwager   –, er kam zur Arbeit   … mein eigener Schwager   … Maria – sie liebt ihn so sehr.» Cesare schlug sich eine schlaffe Hand vor die Augen.
    «Reden Sie weiter», sagte Tibo. «Er kam zur Arbeit, und dann?»
    Mit einem Seufzer sagte Cesare: «Er war angezogen wie eine Frau. Er sagt, wir sollen ihn ‹Louisa› nennen.» Cesare hatte den Kopf zwischen die Hände gesteckt und war den Tränen nahe. «Bürgermeister Krovic», sagte er, «ich weiß nicht, was ich tun soll.»
    «Ich bin der Bürgermeister», sagte Tibo hilflos. «Ich bin nurder Bürgermeister, kein Arzt oder Priester. Was soll ich Ihrer Meinung nach tun – ihn verhaften lassen?»
    «Wäre das möglich?», fragte Cesare hoffnungsvoll.
    «Wollen Sie das? Will Maria das? Sind Sie deswegen zu mir gekommen?»
    Cesare schwieg. Er starrte angestrengt auf den Teppich zwischen seinen Schuhen. Er sagte: «Bürgermeister Krovic, ich bin zu Ihnen gekommen, weil Sie ein guter Mann sind und etwas aus Ihrem Leben gemacht haben. Sie kennen sich aus. Sagen Sie mir, was ich tun soll.»
    Tibo fühlte sich beschämt. Ein guter Mann – wie oft hatte er das gehört? Der gute Bürgermeister Krovic. Konnte es für einen Mann eine schrecklichere Bürde geben? Er war der gute Bürgermeister Krovic gewesen, als der Ampersand über die Ufer trat und er drei Tage und Nächte am Stück gearbeitet hatte. Er war ein guter Bürgermeister. Aber ein guter Mann? Ein guter Mann wäre zu seiner alten Tante Clara gefahren, um ihre Möbel vor der Flut zu retten.
    Der Bürgermeister hatte für alle Zeit gehabt, nur für diese alte Dame nicht, und eines Tages war sie daran gestorben. Sie war über den Verlust ihrer Habseligkeiten nicht hinweggekommen, und Tibo wusste, er hatte sie auf dem Gewissen. Mörder Krovic – so hätte man ihn nennen müssen! Und doch saß nun Cesare in seinem Büro, weil er etwas aus seinem Leben gemacht hatte und sich auskannte. Tibo hatte genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Er wusste, dass sein Leben leer und sinnlos war. Er allein war dafür verantwortlich, er hatte sich isoliert, und als Belohnung hielten die anderen ihn für «gut» und fragten ihn um Rat. Tibo war bestürzt. Er wusste, er war ein Betrüger, und er schlug die Hände vors Gesicht und weinte fast. Da saßen sie beisammen, Tibo undCesare, zwei enttäuschte Männer, beide voller Scham, beide traurig, beide stumm, bis Tibo schließlich sagte: «Herr Cesare, Sie haben mir eine große Auszeichnung damit erwiesen, mich ins Vertrauen zu ziehen.»
    Cesare wischte sich die Augen und trötete laut und krächzend in ein riesiges, rotes Taschentuch.
    Bürgermeister Krovic wartete, bis das Echo verhallt war, dann sagte er: «Als Bürgermeister kann ich Ihnen keinen Rat geben. Lassen Sie mich Ihnen als Freund helfen und Folgendes sagen. Ich weiß über das Leben nur eines. Ich habe gelernt, dass es in dieser Welt nicht so viel Liebe gibt, dass wir sie verschwenden dürften. Nicht einen einzigen Tropfen. Wenn wir der Liebe überhaupt begegnen, egal, wo, sollten wir sie beschützen und genießen, so gut wir können und so lange wir können, bis zum letzten Kuss, und ich an Ihrer Stelle   …»
    Es klopfte an der Tür, und Agathe steckte den Kopf herein. «Ich wollte Sie nur an die Sitzung des Planungsausschusses erinnern», sagte sie.
    Cesare schniefte laut. «Sie sind ein vielbeschäftigter Mann. Ich sollte jetzt gehen.»
    «Nein. Bleiben Sie», sagte Tibo. «Frau Stopak, bitte entschuldigen Sie mich beim Ausschuss. Stadtrat Brelo kann die Leitung übernehmen.»
    «Das wird ihn überglücklich machen», sagte Agathe und verschwand wieder.
    «Ich an Ihrer Stelle», fuhr Tibo fort, «würde ein Fest veranstalten, um meine neue Schwägerin willkommen zu heißen.»
    «Aber das wäre ein Skandal. Denken Sie nur – die Schande, die Qual.»
    «Denken Sie an seine Qualen oder an die Ihren? Wenn er sie erträgt, können Sie sie auch ertragen. Das Leben ist kurz.»
    Cesare schnaubte noch einmal

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