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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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vorbeigefahren und hatte ihm auf den Rücken geklopft, als er die dunklen Dockanlagen betrat, wo die Frauen warteten. Sie packten Tibo am Arm und ließen sich von einerLaterne zur nächsten von ihm mitschleifen, bis sie sich seinem Schweigen geschlagen geben und ihn zum Leuchtturm ziehen lassen mussten, der inzwischen sein Freund geworden war. Als Tibo den Leuchtturm erreicht hatte, warf sich der letzte Hauch des Sturms aus dem Goldenen Engel mit einem Seufzer vor seine Füße, zu schwach, um selbst den Sand zu bewegen. Tibo blieb die ganze Nacht am Leuchtturm stehen. Der Lichtpuls beruhigte ihn, das Plätschern der Wellen heilte ihn, die sprühende Gischt segnete ihn. Am nächsten Morgen war er wieder nüchtern.
    Tibos Uhr war stehen geblieben, weil er sie die ganze Nacht am Handgelenk getragen hatte, anstatt sie aufzuziehen und vorsichtig auf das Tischchen neben seinem Bett zu legen, aber als er die erste Fähre aus Dash am Leuchtturm vorbeituckern sah, wusste er, dass es wieder einmal halb acht war.
    Und eine Stunde später, als der braune Leinenvorhang hinter der Eingangstür von Kupfer & Kemenazic in die Höhe schnellte, stand Tibo schon davor, um ein sauberes Hemd, Socken und Unterwäsche zu kaufen. Anschließend trug er die Sachen in einer braunen Papiertüte zur Arbeit.

 
    TIBO HATTE KEINE AHNUNG, wie er ohne Agathe arbeiten sollte. Wenn Agathe nicht da war, würde niemand ihm die Briefe öffnen, niemand würde seine Termine aufschreiben, und niemand würde ihn an diese Termine erinnern. Er hatte schon einen ganzen Tag verloren, weil er mit hochgelegten Beinen am Schreibtisch gesessen und sich geweigert hatte, Agathe hereinzulassen und ihre Anweisungen entgegenzunehmen. Jetzt war sie nicht da. Ohne Agathe hatte er nichts zu tun.
    Nachdem er sich in der nach Bleiche riechenden Herrentoilette am Ende des Korridors gewaschen hatte, nachdem er seine Tüte ausgepackt, seine Unterwäsche gewechselt, ein Dutzend Nadeln aus dem neuen Hemd entfernt und sich ganz zweifellos davon überzeugt hatte, dass es nicht zu seiner Krawatte passte, setzte er sich an seinen Schreibtisch, um zu schlafen.
     
    In der Wohnung in der Kanalstraße war Agathe im selben Moment dabei aufzustehen. Sie war allein, selbstsicher und nackt bewegte sie sich durch den Raum, wobei sie das Gefühl nicht abschütteln konnte, etwas vergessen zu haben, etwas, das passiert war oder das sie erledigen sollte. Das Gefühl hing über ihr wie ein halberinnerter Traum, bis sie es mit einem Kopfschütteln vertrieb. Agathe bemerkte, dass die Haustür offen stand und die Gardine von der Stange gerutscht war undlinks neben dem Fenster lag, während die Gardinenstange von einem einzelnen Nagel baumelte. Agathe stieß die Vorhänge mit dem Fuß beiseite und trat an die Spüle, um sich zu waschen. Währenddessen schaute sie auf die Kanalstraße hinaus, so wie jeder in der Kanalstraße hereinschauen konnte.
    Und als Agathe sich wusch, kam Achilles mit hocherhobenem Schwanz, wiegendem Gang und einem selbstgefälligen «Junge, Junge, frag besser nicht»-Gesicht nach Hause, das von einer ausschweifenden Nacht voller Ratten und Zweikämpfe und Katzendamen sprach. Weil er Agathe so liebte, warf er sich ihr wie immer vor die Füße. Aber kaum hatte er angefangen, ihr um die Beine zu streichen, er hatte seinen gesenkten Kopf kaum an ihren Unterschenkel gedrückt, als seine zufriedene Müdigkeit davonstob und er mit einem Angstschrei zurückwich. Achilles fühlte sich gefangen, Agathe blockierte den Weg zur Tür, und er brach in Panik aus. Sein Schwanz stellte sich zu einer Flaschenbürste auf, und er hetzte davon, über den Tisch und über das Bett, tatsächlich rannte er dermaßen schnell, dass er sogar mit ausgefahrenen Krallen ein paar Schritte an der Wand entlang schaffte, bevor er zu Boden fiel und sich die Nase an der zuschwingenden Tür stieß.
    Achilles heulte auf wie eine Alarmsirene und versuchte ein paar verzweifelte Augenblicke lang, die Tür mit Kratzen und Scharren wieder zu öffnen. Aber als Agathe sich ihm näherte, jagte er in Richtung Gardine, sprang die baumelnde Stange an, zog sich hinauf und blieb fauchend und zischend wie ein Feuerrad unter der Decke sitzen.
    «Dummer Kater», schimpfte Agathe. «Ich bin’s! Vor mir brauchst du keine Angst zu haben.» Und dann schüttelte sie sich. Sie fing ganz unten an den Knöcheln an und arbeitetesich bis zum Hals hinauf, sodass ihre Unterschenkel in die eine, die Oberschenkel in die andere Richtung flogen,

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