Die Liebeslotterie
ihr Hintern in die eine, ihr Bauch in die andere, ihre Brüste in die eine, ihre Schultern in die andere. Überraschte Seifenwassertropfen lösten sich von ihrem Körper und fielen wie ein Funkenregen zu Boden.
Achilles krümmte sich, fauchte und stieß immer wieder ein erbostes «Mmrriauuu» aus.
«Sei still», sagte Agathe. «Das ist eine ganz normale Art, sich abzutrocknen.» Und dann wunderte sie sich: «Ob ich mich wohl anziehen muss, bevor ich zur Arbeit gehe?»
Sie entschied, dass es wohl sein müsse, und nahm ein blaues Kleid aus dem Eckschrank. Ihre Schuhe versteckten sich unter einem umgekippten Stuhl. Sie zog die Schuhe an, ließ den Stuhl liegen und ging zur Arbeit. Von seiner Warte unter der Decke konnte Achilles sie hinausgehen sehen. Als er sicher war, dass sie nicht zurückkäme, sprang er herunter, lief zur offenen Haustür und gab Pfotengeld.
Agathe hatte beschlossen, zu Fuß zur Arbeit zu laufen, was irgendwie aber viel mehr Zeit in Anspruch nahm als sonst. Plötzlich war ganz Dot so lebendig, so interessant und voller neuer Dinge, die es zu entdecken und zu erforschen gab. Immer wieder wechselte Agathe die Straßenseite, magisch angezogen von mysteriösen Flecken und Schlieren vor den Drei Kronen, fasziniert von den Würstchenketten vor Frau Oktars Delikatessenladen, hingerissen von den herrlichen Laternenmasten, die sie einen nach dem anderen aus nächster Nähe untersuchte. «Phantastisch! Unglaublich! Wie eiserne Orchideenstiele! Warum ist mir das nicht früher aufgefallen?»
Als Agathe endlich ihr Büro erreicht hatte, war sie viel zu spät. Was aber nichts machte, weil der Bürgermeister mit demOberkörper auf seinem Schreibtisch lag und schlief. Agathe setzte sich und betrachtete ihre Schreibmaschine. Nichts passierte.
Dann, um elf, wurde Tibo durchs offene Fenster von einem Sperrfeuer aus Glockengeläut geweckt. Er wankte aus seinem Arbeitszimmer, um sich einen Kaffee zu holen. Agathe saß an ihrem Schreibtisch, Tibo entdeckte sie, und er schluchzte los: «Oh Agathe. Oh du lieber Gott. Er hat dich geschlagen.»
Agathe winkte ab und sagte: «Sei nicht albern, Tibo. Niemand hat mich geschlagen.»
Aber Tibo kniete schon vor ihr, er hatte Tränen in den Augen und klammerte sich an ihren Beinen fest. Er hob eine Hand, um mit den Fingerspitzen vorsichtig ihr Gesicht zu berühren.
«Er war das. Dieser Schuft. Er hat dir das angetan. Oh, meine arme Agathe, es tut mir so leid. Es tut mir ja so leid.»
Agathe lächelte nachsichtig zu ihm hinunter, so, wie man es bei einem besonders begriffsstutzigen Kind tut. «Tibo, nun sei nicht albern. Niemand hat mir etwas angetan. Niemand hat mich verletzt.»
«Aber dein Gesicht. Dein armes Gesicht. Mein armer Liebling, sieh nur, was er getan hat. Der Bluterguss in deinem Gesicht! Oh, Agathe!»
Ganz sanft schob Agathe Tibos Hand weg, ergriff sie mit beiden Händen und sagte: «Tibo, versteh doch. Du musst jetzt ein ganz großer, starker Bürgermeister sein und es einsehen. Hektor hat mich nicht geschlagen. Wie könnte Hektor mich jemals schlagen? Warum sollte er?»
«Weil du ohne das Geld nach Hause gekommen bist, ohne die achtzehnhundert, dafür hat er dich geschlagen, und es ist alles meine Schuld.»
«Nein, Tibo, das ist albern. Ein Mann müsste schon sehr schlecht sein, um eine Frau zu schlagen, und ich war lange genug mit Hektor zusammen, um zu wissen, dass er kein schlechter Mann ist. Ich habe mein Leben auf den Kopf gestellt, um bei Hektor zu sein. Es gab dich und mich, und es gab Stopak. Wie hätte ich all das aufgeben können für einen schlechten Mann, für einen Mann, der mich schlecht behandelt und mich nicht liebt? Das ist doch lächerlich. Tibo, hör mich an. Das ist kein Veilchen. Meine Haut sieht jetzt so aus. Ich bin dabei, mich in einen Hund zu verwandeln.»
Tibo sank vor ihr zu Boden. «In einen Hund? Du verwandelst dich in einen Hund?»
«Ja. Ich weiß, es ist ein bisschen seltsam und verrückt, aber du brauchst keine Angst zu haben.»
«Wo ist er?»
«Wer? Hektor?»
«Wo ist er? Ich werde ihn umbringen.»
«Nun redest du aber wirklich Unsinn», sagte Agathe. «Zum Glück weiß ich nicht, wo er ist.»
«Er hat dich geschlagen, und dann ist er weggelaufen.»
Agathe seufzte ungeduldig. «Tibo, ich habe es dir doch erklärt. Niemand hat mich geschlagen. Ich verwandele mich in einen Hund – in einen Dalmatiner, glaube ich. Weißt du noch, dass ich immer davon geträumt habe, dort zu leben? In Dalmatien?»
«In einen
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