Die Liebesluege
Mut.
»Das Tor in die Zukunft?«, half ihr Professor Mori.
»Genau!«
»Das freut mich!« In diesem Augenblick offenbarte Professor den Teil ihres Wesens, den sie üblicherweise fest unter Kontrolle hatte. Sie lächelte Elena so warmherzig an, dass sie dieses spezielle Lächeln geradezu überwältigte.
FRÜHLING
Kapitel 7
Mittwoch, 20. Februar
Zwei ganze Tage waren Elena und Charly nun schon in Villa Rosa. Am dritten Tag, dem Mittwoch, strahlte nachmittags die Sonne, von den Dächern tropfte Schmelzwasser, in den Straßengräben glucksten kleine Bäche, der Schnee fiel von den Zweigen, auf denen sich die Vögel fast die Seele aus dem Leib zwitscherten, und unter den Magnolien zeigten sich die grünen, schmalen, spitz zulaufenden Blätter der Schneeglöckchen.
Frau Rode hatte ihnen den kürzesten Weg zum See beschrieben. »Wenn ihr aus dem Tor kommt, müsst ihr nur die Straße überqueren und ihr bis zur Ortsmitte folgen, dann stoßt ihr auf eine Staffel, die ungefähr in der Mitte von Montreux endet«, hatte sie gesagt.
Gleich nach dem Mittagessen machten sich Elena und Charly auf den Weg.
In der Mauer, die den Park von Villa Rosa umgab, befand sich neben dem großen schmiedeeisernen Tor mit den vergoldeten Lanzenspitzen eine Türe aus massivem Holz, die tagsüber nicht verschlossen war. Als Elena und Charly durch die Tür traten, sahen sie einen knallroten Porsche, der mit offenem Verdeck direkt davor parkte.
»Hallo!« Der Fahrer nahm die Schirmmütze - rot wie der Wagen - ab, strich die blonden Haare zurück und lachte
sie an. »Zwei Schönheiten auf einmal! Heut muss mein Glückstag sein!«
Elena schrak zusammen und machte sich klein. Charly jedoch lachte und rief: »Schicker Schlitten! Was hat die Karre denn so drauf?«
»Genug, um euch blitzschnell nach Montreux zu bringen!«
»Wir sind nicht lebensmüde!« Charly griff nach Elenas Arm.
»Ich würde euch wirklich gerne -«
Vergnügt zog Charly Elena weiter und rief über die Schulter zurück: »Zu Fremden steigen wir nicht ins Auto!«
»Bis wir in Montreux ankommen, sind wir alte Bekannte!« Der Mann gab nicht auf; bis zur Staffel fuhr er neben ihnen her, dann, als sie ein Stück weit die Stufen hinuntergesprungen waren, hörten sie, wie der Motor aufheulte und in der Ferne verklang.
Wieder beneidete Elena ihre neue Freundin um deren Schlagfertigkeit. Nie im Leben hätte sie sich mit einem völlig Fremden einen solchen Schlagabtausch liefern können!
»Was für ein herrlicher Vorfrühlingstag!« Charly hüpfte noch zwei, drei Stufen weiter, dann blieb sie stehen und streckte ihre Arme aus, als wolle sie die ganze Welt ans Herz drücken. »Ich möchte nur wissen, welche Worte Gordons Lieblingsdichter Byron für diesen Tag gefunden hätte!«
»Frag ihn doch!«
»Das werde ich, verlass dich drauf! Aber zuerst kümmere ich mich um dich, Elena!«
Mit Charlys Unterstützung geriet Elena in einen wahren Kaufrausch und bewies dabei einen sicheren, wenn auch
etwas ungewöhnlichen Geschmack - von den gängigen einfarbigen Poloshirts zum Beispiel wollte sie nichts wissen; zielsicher griff sie nach italienischen Fabrikaten mit farbenfrohen Mustern, nach superedlen Jeans (sie würde sie sofort kaufen, dann wüsste sie, wie viel sie abnehmen musste!) und nach ausgefallenen Schuhen.
Nur bei der Sportkleidung wollte sie knausern, aber da kam sie bei Charly an die falsche Adresse, denn die kannte sich aus und setzte sich gnadenlos durch.
Als sie dann auch noch todschicke Unterwäsche und einen Bademantel gekauft hatten, hatte Elena nichts mehr dagegen, sich bei dem Optiker, dessen Name auch auf der Liste der empfohlenen Geschäfte stand, über Kontaktlinsen zu informieren.
Genau genommen war der Besuch beim Optiker sogar das Highlight des Tages. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte nämlich ein roter Porsche. Ob es derselbe war, den sie vor Villa Rosa gesehen hatten, konnten sie zuerst nicht sagen, denn sie hatten sich das Kennzeichen nicht gemerkt. Als sie aber das elegante Geschäft betraten, unterhielt sich gerade der einzige Kunde, der eine Sonnenbrille mit nur einem Bügel in der Hand hielt, mit dem Optiker. Er drehte sich um, lachte überrascht und meinte: »Ich sagte es ja bereits - heut ist mein Glückstag! So schnell sieht man sich wieder!«
Charly flüsterte Elena zu, dass der Typ ausgesprochen sportlich aussähe und viel Zeit auf der Piste zugebracht haben müsse, denn einen solchen Kupferton der Haut erwerbe man sich nur beim
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