Die Liebesluege
Tor zu einer besseren Zukunft, weil sie die selbst gestalten konnte. SIE SELBST!!! Das Wort in Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen!
Aber zurück zu seiner ersten Bemerkung: Warum hatte Max »schade« gesagt? Sie fuhr mit der Hand über die glatten Haare.
»Lass das.« Max griff nach ihrer Hand.
»Warum?«.
»Willst du ein Kompliment hören? Nicht aus meinem Mund. Wenn du Schmeicheleinheiten brauchst, musst du dir einen anderen suchen.«
»Ich will keine Komplimente.« Elena zog ihre Hand weg. Max kniff die Augen zusammen. »Jetzt passt du ins Villa-Rosa-Bild, aber ehrlich gesagt -«
»Hab ich dir vorher besser gefallen?«
»Das nicht. Nein. Ehrlich gesagt«, wiederholte er, »hab ich gleich gesehen, dass du anders aussehen kannst. Du hast dich absichtlich hässlich gemacht, was?«
Elena riss die Augen auf. Doch bevor sie eine Antwort geben konnte, wurde ihr bewusst, dass es im Raum totenstill geworden war. Sie sah sich um: Charly stand zwischen Gordon und Poldy hinter dem Tresen; sie hielt eine Flasche Bier in der einen und einen Öffner in der anderen Hand und funkelte Swetlana wütend an.
»Gordy«, sagte die gerade. »Wie fein für dich, dass du so rasch Ersatz gefunden hast. Genügt die Neue deinen hohen
Ansprüchen, oder darfst du noch Entwicklungsarbeit leisten?«
Swetlana glitt auf einen Hocker und schlug die Beine übereinander. Sie trug einen ihrer langen geschlitzten Röcke; ihre schwarzbestrumpften Beine waren bis zum Oberschenkel zu sehen.
»Poldy, wo bleibt die Musik? Leg endlich’ne neue CD auf.« Gordons Gesicht ähnelte einer starren Maske.
»Aber weshalb denn?«, schnurrte Swetlana. »Ich unterhalte mich gerne mit euch.«
»Das Vergnügen ist einseitig!«, zischte Gordon, riss Charly die Flasche aus der Hand und schüttete Swetlana das Bier ins Gesicht. »Raus! Verschwinde!«
Einige buhten Gordon aus, die meisten klatschten, Valerie reichte ihrer Freundin ein Taschentuch. Gordy ähnelte einem wild gewordenen Stier, und Elena fragte sich, ob die Empörung echt oder nur Show war. Er rannte um den Tresen herum und stieß die Tür auf. »Worauf wartet ihr?«
Swetlana strich mit beiden Händen das Bier von ihrem schwarzen, tief ausgeschnittenen Oberteil und schlenderte träge lächelnd und so, als sei nichts geschehen, durch den Raum. An der Tür drehte sie sich um, deutete nach oben und sagte: »Tor zur Hölle, Gordon.«
Valerie schob sie weiter.
Obwohl Elena ganz hinten in der Ecke saß, sah sie, wie Poldys Hände zitterten, als er eine neue CD auflegte. Und die war in diesem Augenblick ein echter Fehlgriff. » When a Man Loves a Woman« …
»Was hat Swetlana gegen Charly?« Elena musste die Frage wiederholen, denn Max schien sie nicht gehört zu haben. »Bitte sag die Wahrheit; es ist nicht sehr angenehm, wenn man als Neue in ein Drama platzt und nicht weiß, was gespielt
wird.« Elena wunderte sich über sich selbst; wäre es nur um sie und nicht um Charly gegangen, hätte sie bestimmt kein Wort über die Lippen gebracht. Aber Charly war ihr Rettungsanker im fremden Gewässer, deshalb lag ihr Charlys Wohlergehen am Herzen.
»Ich vermute, es geht nicht um Charly. Swetlana hat etwas gegen jede, die Gordon nahe kommt. Und rein zufällig trifft es jetzt deine Freundin.«
»Weshalb denn? Was ist geschehen? Und warum macht ihr ein Geheimnis daraus?«
»Warum, warum? Die Sache ist passé .«
»Max!«
»Schon gut. Willst du noch einen Sonnenuntergang?«
»Der Tag hat nur einen, und wir hatten schon zwei. Lenk nicht ab, Max.«
»Es ist eine unerfreuliche Geschichte. Wir alle, damit meine ich uns Jungs, haben deswegen ein schlechtes Gewissen. Wir fühlen uns mitschuldig, weißt du.«
Elena schrak zusammen. »Mitschuldig?«
»Was ist? Was hast du?«
»Nichts.«
»In dem Zimmer neben eurem - es steht noch immer leer - hat Catia gewohnt. Catia war ein bisschen wie Charly, sehr sportlich, sehr lebendig, sehr hübsch, aber nicht eitel. Sie war Gordons Freundin«, fügte er hinzu. »Das Dumme war nur, dass Swetlana in Gordon verliebt war. Sie ist es immer noch. Seit der fünften Klasse hängt sie wie eine Klette an ihm. Ich glaube, wenn sie nicht so geklammert hätte, wäre die Sache zwischen Gordon und Catia nicht so eng geworden. Jedenfalls fing es so an, dass Swetlana Bemerkungen machte wie ›Ihr solltet aufpassen‹. Die beiden passten auf und nichts geschah, bis Swetlana
ihre Perlenkette vermisste und behauptete, Catia hätte sie geklaut. Sie bestand darauf, Catias Zimmer
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