Die Liebesluege
es um ihren Finger und hob ihn hoch. »Auch wenn es euch nicht interessiert, wir wollen wissen -«
»Leute, was ist los? Ist heute Abend die Versammlung der toten Hosen? Let’s toll!«, rief Poldy und drehte den
Lautsprecher auf. »Stand by me«, lockte Otis Redding mit verführerisch sanfter Stimme. »Stand by meee …«
»Sven! Unser Song!« Mia sprang auf. »Kommst du?«
In diesem Augenblick wurde es still im Raum. Swetlana stand an der Tür. Als alle Blicke auf sie gerichtet waren, streckte sie das linke Bein langsam vor und hob lächelnd den Rock, sodass der Schlitz auseinanderklaffte und alle ihren Oberschenkel mit dem spitzenbesetzten Strumpf sehen konnten.
Sie warf den Kopf zurück, ihre langen blonden Haare schwangen nach hinten, mit einer lässigen Bewegung ließ sie den Rock los und schritt, noch immer lächelnd, zur Bar.
Elena war verdammt froh, dass sich Max um einen Streit zwischen zwei Jungs kümmern musste. So konnte sie kurze Zeit später mit Charly in ihr Zimmer gehen, hörte ihrer Freundin aber kaum zu, als die jammerte, in der Angelegenheit des roten Seidenbands sei sie keinen Millimeter weitergekommen.
Mitten im Zimmer blieb Elena stehen. »Hier stinkt’s! Riechst du es auch?«
»O Gott!« Charly hielt die Luft an, hechtete zu den Fenstern und riss beide auf. »Ich möchte nur wissen, aus welcher Sprühdose der Gestank entwichen ist. Ist ja unerträglich!«
Elena schnüffelte. »Hier riecht es stärker.« Sie beugte sich über den Papierkorb. »Hast du die Tüte reingeworfen? Ich glaube, die stinkt.« Mit spitzen Fingern griff sie nach dem Plastikbeutel, der oben mit einem roten Seidenband verschnürt war. Darin befand sich ein gekrümmter, blutverkrusteter Finger. »Igitt! Ein Fake! Ein übler Scherzartikel!«
Charly griff danach. »Den Finger kenne ich. Als das Monster am Fenster des Pavillons stand, hat es mit ihm auf uns gedeutet.« Sie warf den Beutel in hohem Bogen aus dem Fenster. »Jemand will uns aus Villa Rosa ekeln. Aber eines sag ich dir, Elena! Das schafft niemand!«
Kapitel 17
Samstag, 16. März
Nach dem Frühstück am Samstagmorgen checkte Elena ihr Handy. Sie hatte drei anonyme Anrufe. Von wem waren die?
Wer wollte sie sprechen?
Ihre Eltern würden ihre Nummer nicht unterdrücken. Ihre Freundin aus Heidelberg? Die würde ihr eine SMS schicken. Wer kam sonst noch in Frage?
Sie starrte auf das Handy. Hatte sie einen Feind im Internat? Ich seh schon Gespenster , schalt sie sich, aber so abwegig war der Gedanke eigentlich nicht: Zuerst lag der dreckige Lappen in Charlys Bett, dann hing das rote Band von der Decke, und am Mittwoch fischten sie den Beutel mit dem stinkenden Scherzartikel aus dem Papierkorb. Und jetzt hatte sie drei anonyme Anrufe erhalten.
Sie stand auf und stellte sich ans Fenster.
Drunten im Hof unterhielt sich Professor Mori mit Herrn Appenzell, dem Hausmeister. Einige Jungs gingen hinüber zu ihrem Haus, Mia und Sven saßen auf den Stufen vorm Eingang, und Swetlana schlenderte im schicken Reitdress Richtung Tor …
Die anonymen Anrufe … Elena schüttelte den Kopf und nahm sich vor, nicht länger darüber nachzugrübeln, sondern sich zu überlegen, was sie an dem freien Tag tun könnte. Mit Charly nach Montreux hinuntergehen? Dazu hatte
sie eigentlich keine Lust. Stefan Soreau wollte sie um keinen Preis der Welt begegnen, einkaufen musste sie nichts. Sie würde sich an die Hausaufgaben machen, und um zehn hatte sie sich mit Max verabredet.
Charly holte ihre witzige Tasche aus dem Schrank. »Ich soll dir also bestimmt nichts mitbringen, Elena? Gut, ich bin dann bis zum Mittagessen wieder hier.«
Charly genoss den wunderschönen Morgen. Verglichen mit Zermatt war am See so viel mehr Frühling, dachte sie, als sie die steile Staffel hinuntersprang. Sie freute sich auf den Sommer. Wasserski! Segeln! Tennis! Lauter herrliche Aussichten! Ob sie wie Swetlana Reitstunden nehmen sollte? Lust dazu hatte sie, aber ob ihre Eltern die zusätzliche Ausgabe bewilligen würden, war fraglich.
Mal sehen …
Wie immer, wenn sie in Montreux war, kaufte sie sich zuerst ein großes Eis und schlenderte die Hauptstraße entlang. Sie brauchte unbedingt einen neuen Sportbadeanzug und eine Schwimmbrille, denn die alte hatte so zerkratzte Gläser, dass sie unter Wasser nicht mehr klar sehen konnte.
An diesem Morgen hatte sie Glück. Nach einer guten halben Stunde verließ sie fröhlich und zufrieden das Geschäft mit einem grünen Badeanzug und einer
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